Historical Platin Band 04
erreichte sie erleichtert das Ehegemach, schickte die sie verwundert anschauende Kammermagd hinaus und warf sich schluchzend auf das Bett.
14. KAPITEL
Die Sonne stand bereits tief unter dem Scheitelpunkt, als Mellisynt die Augen öffnete. Matt erhob sie sich, griff nach dem am Gürtel hängenden Handspiegel und blickte hinein. Dunkle Schatten lagen unter den vom vielen Weinen geröteten Augen. Niedergeschlagen ließ sie den Spiegel fallen und grübelte darüber nach, ob sie sich in die Frauengemächer begeben solle.
Der Sinn stand ihr jedoch nicht danach, mit Menschen zusammen zu sein. Lustlos ging sie zum Fenster, schaute auf den immer noch dunstverhangenen Hof, betrachtete eine Weile lang die patrouillierenden Schildwächter auf den Wehrgängen und wandte sich dann seufzend um. Das jähe Klopfen an der Tür erschreckte sie. Flüchtig erwog sie, nicht zu antworten, sagte sich dann indes, Robine werde dennoch hereinkommen. „Wer da?“, rief sie laut.
„Ich bin es, Madame, Robine. Mademoiselle de Brissac wünscht Euch zu sprechen.“
Mellisynt war nicht in der Stimmung, die Demoiselle zu empfangen. „Schick sie fort!“ gebot sie, schritt zum die Heilige Dreieinigkeit zeigenden Bildnis und kniete auf dem davor stehenden Betstuhl nieder. Verärgert drehte sie sich einen Herzschlag später um, da ungeachtet ihrer Anweisung jemand die Kammer betrat. „Ich will Euch nicht sehen, Dame Isabeau!“, sagte sie scharf.
„Ich bitte um Vergebung, Madame“, erwiderte Isabeau, während sie die Pforte schloss, „doch ich habe ein Anliegen, das ich Euch vortragen muss. Habt die Güte, mich anzuhören!“
„Was wollt Ihr von mir?“, fragte Mellisynt schroff und erhob sich. „Nach Eurem Betragen sehe ich keinen Anlass, Euch noch ein gutes Wort zu gönnen.“
„Euch gegenüber, Madame, bin ich mir keiner Schuld bewusst“, sagte Isabeau unbehaglich. „Das, was gestern Nacht geschehen ist, hat nichts mit Euch zu tun.“
„Wollt Ihr mich im Angesicht des Allmächtigen belügen?“, herrschte Mellisynt sie an.
„Nein, Madame, und weil ich Euch die Wahrheit berichten möchte, bin ich bei Euch eingedrungen. Es ist nicht an dem, was Ihr von mir denkt. Ich bin nicht, wie Ihr offenbar glaubt, in der verflossenen Nacht bei Eurem Gemahl gewesen.“
„Nein?“, warf Mellisynt erstaunt ein.
Isabeau schüttelte den Kopf. „Es trifft zu, dass ich den Wunsch hatte, mit ihm zu sprechen, weil ich …“ Sie hielt inne, da ihr die Lächerlichkeit ihrer Absicht, sich aus reiner Eitelkeit, zu ungebührlicher Zeit, an einem aller Sittsamkeit widersprechenden Ort, vom Burgherrn schmeicheln zu lassen, erneut zu Bewusstsein kam. „Ich kann Euch nur sagen, Madame“, fuhr sie elend fort, „dass Monsieur de Beauchamps mich vor einer Torheit bewahrt hat.“
„Monsieur de Beauchamps?“, wiederholte Mellisynt verständnislos.
„Er ist mir … begegnet und hat mich … nun, dann ist etwas geschehen, wogegen ich mich nicht sträuben wollte. Ich habe ihm nicht widerstehen können.“
Mellisynt stockte der Herzschlag. Unversehens wurde sie sich gewahr, dass die gegen den Gatten erhobenen Bezichtigungen falsch waren.
„Ich kann mir nicht erklären, warum ich schwach geworden bin“, fuhr Isabeau kleinlaut fort. „Wann immer der Baron und ich uns begegnet sind, hat er sich über mich lustig gemacht, mich verspottet und gehänselt. Ich hatte eine große Abneigung gegen ihn, doch gestern Nacht … er hat mich geküsst … ich war wie gelähmt, und dann … es kam über mich, Madame. Ich bin der Versuchung erlegen.“
Die Erkenntnis, dass sie dem Gemahl unrecht getan hatte, versetzte Mellisynt einen Stich ins Herz. Kaum fähig, die Haltung zu wahren, erwiderte sie so ruhig wie möglich: „Ich danke Euch, Demoiselle, dass Ihr die Courage hattet, Euch mir anzuvertrauen und das Missverständnis zu beheben. Das ehrt Euch, wiewohl ich – und Ihr werdet mir die Freimütigkeit verzeihen – Euer gestriges Verhalten nicht billigen kann. Nun fasst Euch und baut darauf, dass der Sire de Beauchamps gewiss weiß, was er Eurem und seinem guten Leumund schuldig ist.“
„Ja, Madame“, sagte Isabeau und rang sich ein mattes Lächeln ab. „Er ist bereits nach Richmond unterwegs, um vom Herzog die Erlaubnis zu erbitten, mich freien zu dürfen.“
„Seht Ihr? Das bestätigt die Meinung, die ich von ihm habe“, äußerte Mellisynt ernst, ging zu Mademoiselle de Brissac und legte ihr besänftigend den Arm um
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