Historical Platin Band 04
verjagte, und legte zufrieden den Kopf auf ihre Füße, sobald sie ihn bei sich duldete.
Sie rang sich dazu durch, eine Gelassenheit an den Tag zu legen, die sie nicht empfand, Scherze mit einem schwachen Lächeln zu erwidern und die von ihr geforderte Haltung zu wahren. Das seelische Leid, das an ihr zehrte, konnte indes durch keine Ablenkung gemindert werden.
Beruhigend war nur, dass Dame Isabeau sich betrug, als sei nichts vorgefallen. Sie benahm sich so wie vor der unseligen Nacht, trug den Kopf hoch, schäkerte mit den Männern und hielt sich häufig in der Spinnstube auf, wo sie lachend und guter Dinge am Rocken saß und spann. Mellisynt ahnte jedoch, dass die Heiterkeit der Demoiselle aufgesetzt war, da deren Blick sich oft trübte und nachdenklich wirkte.
Etwas mehr denn eine Woche war verflossen, als nach der Abendspeise plötzlich die Ankunft eines Boten Ihrer Gnaden der Herzogin gemeldet wurde. Mellisynt blieb wie der Gatte im Gewölbe vor der Halle stehen und harrte des Erscheinens des Kuriers. Einen Moment später hastete er die Stiege herauf, beugte das Knie und überreichte die Depesche.
Richard nahm die Lederhülle entgegen, brach das Siegel und zog das Pergament heraus. Er entrollte und las es und teilte der Gemahlin dann mit: „Ihre Hoheit sendet Euch Grüße, Madame, und fordert Euch auf, unverzüglich zu ihr zu kommen. Die Stunde der Niederkunft steht bevor.“
„So es Euch genehm ist, Sire, breche ich morgen auf“, erwiderte Mellisynt ruhig.
„Das könnt Ihr halten, wie Ihr wollt“, sagte er achselzuckend.
Von Neugier geplagt, erkundigte sie sich: „Hat Ihre Gnaden sich zu Dame Isabeau und dem Edlen von Beauchamps geäußert, Sieur?“
„In der Tat“, antwortete er grimmig. „Er befindet sich im Auftrag des Grandseigneur am Hofe Williams des Löwen, der sich schon einmal mit dem König von Frankreich und Prinz Henry gegen dessen Vater verbündet hat. Vermutlich hat er die Anweisung, Rückhalt bei ihm zu suchen und ihn zu bitten, die Übergriffe auf englisches Gebiet zu verstärken, damit Monsieur Geoffroir seine Absichten in Frankreich leichter verwirklichen kann.“
„Wie schrecklich für Dame Isabeau!“, murmelte Mellisynt betroffen. „Er hätte längst hier sein sollen, um sie heimzuführen.“
„Ich bin überzeugt, dass Ihre Gnaden sein Vorhaben hintertrieben hat“, sagte Richard trocken. „Sie ist nicht glücklich, wenn sie sich nicht einmischen kann. Und hat sie sich etwas in den Sinn gesetzt, befleißigt sie sich jedes ihren Zwecken dienlichen Mittels. Wie dem auch sei, sie hat verfügt, dass Mademoiselle de Brissac sich Euch anschließen muss.“
„Heißt das, Ihre Gnaden steht dem Verspruch nicht ablehnend gegenüber?“, fragte Mellisynt überrascht.
„Ich nehme es an, da sie sonst wohl nicht darauf bestanden hätte, dass die Demoiselle Euch begleitet. Wahrscheinlich werden Dame Isabeau und Monsieur de Beauchamps nach dessen Rückkehr zusammengegeben werden. Ich hoffe, Madame, dass Ihr eine sichere Reise habt. Jedenfalls sorge ich dafür, dass ein Söldnertrupp Euch eskortiert.“
„Ihr wurdet nicht nach Richmond bestellt?“
„Nein, aber ich finde mich dort ein, wenn der Spross des Hauses Plantagenet d’Anjou getauft wird. Es sei denn, ich bekomme vorher die Kunde, der Sire de Beauchamps werde Dame Isabeau heiraten. Dann treffe ich eher ein. Bis dahin werde ich mich um die Dinge kümmern, die hier vonnöten sind. Gehabt Euch wohl, Madame“, fügte Richard gleichmütig hinzu und ließ sie stehen.
Verbittert sah sie ihn die Stiege hinaufgehen. Am liebsten hätte sie ihm hinterhergerufen, sie brauche seine Aufmerksamkeit mehr denn alle die Burg betreffenden Belange.
„Ihr seht sehr abgespannt aus, Madame d’Edgemoor“, stellte Constance fest, nachdem sie der Gemahlin des Statthalters, die ihr die Reverenz erwies, erlaubt hatte, sich aufzurichten.
„Ich habe noch immer eine Abneigung gegen das Reiten, Eure Hoheit“, erwiderte Mellisynt seufzend. „Mit Verlaub, Madame, wie fühlt Ihr Euch?“
„Leidend“, gab Constance mit flüchtigem Lächeln zu und schaute dann die noch ehrerbietig vor ihr kniende Mademoiselle de Brissac an. „Es sei Euch gewährt, Demoiselle, Euch zu erheben“, äußerte sie huldvoll.
Erleichtert stand Isabeau auf.
„Ich war erstaunt und erfreut zugleich zu hören, Dame Isabeau, dass einer der fähigsten Heerführer meines Gebieters Gefallen an Euch genommen hat. So Ihr versteht, ihm ein gutes Weib zu sein, wird er sich
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