Historical Platin Band 04
den Kopf hängen.
„Antworte mir!“, befahl Niall.
„Habt die Güte, Master Niall, das Backhaus zu verlassen“, bat Peigi. „Es steht nur dem Herrn zu, über die Strafe zu befinden, die seine Gefangene bekommen muss.“ Sobald Niall MacGlendon nicht mehr anwesend war, wandte sie sich an Seana und sagte: „Ich werde dem Laird nach seiner Rückkehr Bericht erstatten müssen.“
Seana schluckte, nickte matt und erwiderte: „Ja, das ist mir klar.“
Peigi traute Master Niall nicht, doch Cesair würde ihr die Wahrheit erzählen. Sie hatte sie aufgezogen und ihr die Stelle als Kammermagd der Herrin vermittelt. Dem Laird würde der Vorfall nicht genehm sein. „Wascht Euch das Blut ab“, sagte sie ruhig, „und fangt dann an, den Teig auszurollen.“
Micheil wartete, bis er davon ausgehen konnte, dass jeder sich zur Ruhe begeben hatte. Geduldig hatte er die Forderungen ertragen, die diebische Gefangene noch am selben Abend zu bestrafen. Er dämpfte die Wut mit dem Gelöbnis, dass ihre für den Morgen vorgesehene Züchtigung eine ebensolche Belustigung sein würde wie die Beizjagd. Er wusste jedoch, dass man überall über ihn tuschelte, in der Halle ebenso wie in den anderen Räumlichkeiten der Veste. Er hatte auch die Blicke bemerkt, die ihm an der Credenz zugeworfen worden waren, Fionas wütende, Nialls verstohlene, James’ trostlose und Davids mutige. Der jüngste Bruder war der Einzige, der sich seinem Zorn zu stellen wagte.
Er starrte auf die Fächerdecke und sagte sich, seine Stellung als Clanführer und seine Ehre verlangten, Seana auf dieselbe Weise zu bestrafen wie jeden gewöhnlichen Dieb. Indes störte es ihn, dass die Frau des Haushofmeisters den Diebstahl nicht hatte bekunden können. Auf Cesairs Zeugnis gab er nicht viel. Hingegen musste er Niall glauben, der, wie James und David ihn gewarnt hatten, die Augen gut offen hielt. Andererseits konnte er nicht achtlos abtun, dass Peigi ihm geschworen hatte, sie habe Mistress Seana zweimal gefragt, ob Master Nialls Behauptung der Wahrheit entspreche, und weder eine bejahende noch verneinende Antwort erhalten. Er dachte daran, wie Seana auf der Kirmes sich nach den Wecken gesehnt, sie dann, nachdem sie von ihm erstanden worden waren, heißhungrig verzehrt und ihm zum Dank einen Kuss gegeben hatte. Unwillkürlich überlegte er, ob der Vetter von ihr auch einen Kuss oder sogar noch mehr verlangt haben mochte. Niall konnte jedoch ebenso wenig wie seine Clanmitglieder wissen, dass sie gern naschte. Keiner von ihnen hatte die Kirchmess besucht.
Langsam ging Micheil zur Tür, da er fand, nun habe er lange genug ausgeharrt. Er verließ das Gemach und hatte flüchtig den Eindruck, eine Gestalt sich hinter der Halbsäule verbergen zu sehen, schrieb ihn jedoch einer Täuschung zu. Vor Seanas Kammer angekommen, stieß er den davor liegenden, laut schnarchenden Cormac mit der Fußspitze in die Seite und herrschte ihn an: „Ist das die Art, wie du auf Posten stehst?“
Hastig sprang Cormac auf und bat verlegen um Vergebung.
Mit achtloser Geste tat Micheil die Entschuldigungen ab, entriegelte die Pforte und öffnete sie.
In der Annahme, der Laird werde kommen, war Seana auf sein Erscheinen vorbereitet.
Er machte die Tür zu und sah, dass Seana ihn ängstlich anstarrte.
„Willst du deine Lust befriedigen?“, flüsterte sie. „Bist du deswegen mitten in der Nacht so verstohlen heraufgekommen?“
„Hüte deine Zunge“, antwortete er unwirsch. Er hatte nicht die Absicht gehabt, Seana beizuliegen, doch nun erwachte sein Verlangen.
„Meine Zunge ist die einzige Waffe, mit der ich dich noch treffen kann“, erwiderte sie scharf, „es sei denn, du lässt sie mir herausschneiden. Lässt man mich denn nie in Frieden?“
„Du wirst beschuldigt, etwas aus der Küche gestohlen zu haben. Es wird von mir erwartet, dass ich dich deinem Vergehen gemäß bestrafe.“
„Heilige Jungfrau Maria! Dann bist du hier, um mich zu quälen.“ Stolz und straff lehnte Micheil an der Wand, ganz der Herr auf Halberry Castle und Anführer der MacGlendons. Seana blickte zum Feuer, das tief heruntergebrannt war. Die Scheite glühten nur noch. Sie fühlte sich versucht, Micheil die Wahrheit zu erzählen. So er ihr jedoch nicht glaubte und sein Vetter erfuhr, dass sie seiner Wiedergabe des Vorfalls widersprochen hatte, würde Master Niall sie, wenn er sie wieder allein antraf, noch grausamer behandeln. Sein Blick war kalt und boshaft gewesen. In Erinnerung daran beschloss sie zu
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