Historical Platin Band 04
Bett brachte. Sie brachte kein Mitgefühl für die Mistress auf, da sie durch deren Sippschaft beide Söhne verloren hatte. Moibeal hatte ihr berichtet, die Gefangene habe vor Schreck aufgeschrien, als sie morgens zu ihr in die Kammer gekommen war. Wäre sie an Stelle von Liam MacKendricks Schwester gewesen, hätte sie auch keine Ruhe gefunden. „Der Herr hat angeordnet, dass Ihr mir heute hier zur Hand geht“, sagte sie streng.
Seana senkte den Kopf, um die Aufregung zu verhehlen. Im Backhaus hörte man viel, aus dem sie vielleicht entnahm, wie sie fliehen konnte. Sie zuckte mit den Schultern und tat, was die Meierin sie hieß. Die ihr übertragenen Aufgaben unterschieden sich nicht sehr von denen, die sie im Stift hatte ausführen müssen. Gewiss, die verlockenden Gerüche ließen ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen, doch sie mied es, auf die Speisen zu blicken, die unter der Aufsicht der Hausmeierin von den Mägden für die Rückkehr der Waidgesellschaft zubereitet wurden. Sie stärkte sich erst, nachdem das Essen für das Gesinde ins Mushaus gebracht worden war, und machte sich dann gleich wieder daran, den Teig für die zu backenden Brote anzusetzen.
Plötzlich hatte sie den Eindruck, angestarrt zu werden, drehte sich um und sah den Mann in der offenen Pforte stehen, der in der Nacht ihrer Gefangennahme die Schwägerin fortgeführt hatte. Er war feingliedrig gewachsen, hatte ein ebenmäßig geschnittenes Gesicht und volles dunkelbraunes Haar, auf dem er ein samtenes, schräg aufgesetztes Barett trug. Er war in eine bis knapp unter das Gesäß reichende, mit goldenen Knöpfen verschlossene Schecke mit eng anliegenden Beinlingen und Kranichschuhen gekleidet. Der kostbar gesteinte Gürtel saß tief auf den Hüften. Daran hing ein Schirmschwert, dessen Heft mit Glasplättchen und Amethysten verziert war. An seinen Fingern funkelten Ringe mit Bergkristallen, Almandinen und Saphiren. Vergebens trachtete Seana, sich seines Namens zu erinnern. Sein durchdringender Blick erzeugte ihr Unbehagen, und nach einem Moment wandte sie die Augen von ihm ab.
Er betrat das Backhaus und sagte: „Mistress Bridget verlangt nach dir, Peigi!“
Da Cesair ihm folgte, fand Peigi nichts dabei, die beiden mit der Gefangenen allein zu lassen. „Wo ist sie, Master Niall?“, erkundigte sie sich.
„In der Kemenate.“
Peigi nickte und befolgte das Geheiß der Herrin.
An der Wange der Kammermagd fiel Seana eine blau verfärbte Prellung auf. Da sie zurzeit nichts Besseres war als eine Bedienstete, wischte sie sich die Hände am der Schürze ab und erkundigte sich nach Cesairs Begehr.
„Ich möchte die frischen Honigkuchen holen“, antwortete Cesair und warf einen Blick über die Schulter zu Master Niall zurück.
Er nickte. Seana konnte sich den Grund nicht erklären. Es störte sie, dass er sich ihr genähert hatte. „Sie stehen dort an der Esse“, antwortete sie. „Es ist das mit dem Linnen bedeckte Brett. Warte, ich hole es dir.“ Sie nahm es und übergab es der Kammermagd. Dabei stieß sie mit dem Daumen gegen einen der zuvorderst liegenden, mit Honig übergossenen Wecken und leckte den Finger ab.
„Du Schlampe!“, schrie Niall sie an, schlug zu und streckte sie nieder.
Verstört schaute sie zwischen ihm und Cesair hin und her. Sie begriff nicht, was sie Unrechtes getan haben sollte.
Cesair rannte aus der Küche.
Unvermittelt mit Master Niall allein, bekam Seana es mit der Angst. Sie betastete die Wange und fühlte Blut.
„Das ist nur ein Vorgeschmack dessen, was Mistress Bridget Cesair angetan hat. Niemand wird für dich eintreten.“ Kalt betrachtete Niall das auf den Fliesen liegende Weib, beugte sich dann vor und riss sie am Zopf auf die Füße.
„Was soll das?“, rief Peigi beim Betreten des Backhauses bestürzt aus. „Was hat sie getan?“
Widerwillig ließ er das Haar der Gefangenen los und behauptete dreist: „Cesairs Angaben zufolge hat sie einen Honigkuchen gestohlen. Ja, so war es. Kaum hattest du den Raum verlassen, griff sie nach den Wecken, die Cesair Mistress Bridget bringen sollte. Sie beachtete unsere Warnungen nicht. Ich versuchte, sie davon abzuhalten, den Morsel zu stehlen. Dabei ist sie gestolpert und hingefallen. Sie muss sich die Wange an einem meiner Ringe geritzt haben. So war es doch, nicht wahr?“, fügte er hinzu und sah drohend Seana MacKendrick an.
Sie wusste, niemand würde ihr glauben, wenn sie berichtete, wie der Vorfall in Wirklichkeit vonstattengegangen war. Sie ließ
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