Historical Platin Band 04
schon wie ein Geschenk. „Keine Angst, ich bereite dir eine Extraportion zu mit ganz wenig Fisch darin.“
Meradyce bedankte sich mit einem herzlichen Lächeln bei Endredi, doch das junge Mädchen nickte nur und kehrte an seine Arbeit zurück.
Meradyce seufzte leise. Von Olva hatte sie erfahren, dass Endredis Mutter tatsächlich im Kindbett gestorben war. Mehr hatte Olva ihr allerdings nicht erzählt, und der schmerzliche Gesichtsausdruck der Frau hatte sie davon abgehalten, weitere Fragen zu stellen.
Nichtsdestotrotz meinte sie zu ahnen, weshalb Einar seine Tochter ignorierte: Er gab ihr die Schuld am Tod seiner Frau. Er musste die Mutter des Mädchens sehr geliebt haben.
Wieder seufzte Meradyce schwer, was Betha veranlasste, zu ihr zu kommen.
„Bist du krank?“, fragte sie leise und ernst.
„Nein, mein Schatz. Ich bin nur ein wenig müde.“ Betha nickte und umarmte Meradyce liebevoll.
In Haithabu betrat Einar eine Schenke und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Wie erwartet, befand sich der Sachse namens Selwyn hier. Hinter seinem Tisch in einer dunklen Ecke war er kaum zu sehen. Wie gewöhnlich hatte er einen Krug Bier in der einen Hand und eine Schankmagd im anderen Arm.
Die anderen Kunden, Männer aus sämtlichen Ländern der bekannten Welt, schauten von ihren Krügen oder ihrem Würfelspiel auf und starrten den riesenhaften Wikinger an, der den ganzen Türrahmen ausfüllte. Seine Axt hielt er locker in einer Hand, und ein gewaltiges Schwert hing an seinem Gürtel. Seine Arme und Schultern schienen ungewöhnlich mächtig zu sein, und seine Augen waren schwarz umrandet.
Eilig schauten die Leute wieder in ihr Bier und auf ihre Würfel; niemand wollte den goldhaarigen Krieger unabsichtlich durch seinen Blick beleidigen.
Einar ging zu Selwyn, setzte sich und legte seine Streitaxt vor sich auf den Tisch. Die Schankmagd machte ein erschrockenes Gesicht, lächelte dann jedoch, als sie merkte, dass Einar sie anschaute.
„Ah, Einar!“, grüßte Selwyn mit einem Lächeln, bei dem seine wenigen ihm noch verbliebenen Zähne sichtbar wurden. Er schob das Mädchen fort. „Bis später, mein Kind. Ich habe erst andere Geschäfte zu erledigen.“
Die Schankmagd grinste beiden Männern unverschämt zu und ging dann mit betont schwingenden Hüften davon.
Selwyn schaute ihr lüstern hinterher und blickte dann Einar an. Er mochte den großen blonden Wikinger gut leiden – jedenfalls so gut ein Sachse einen Wikinger nur leiden mochte. Einar hatte schließlich Selwyns persönlichen Wohlstand beträchtlich vermehrt, und außerdem war Einar einer der Wikinger, deren Wort man vertrauen durfte.
„Nun, mein Freund, was kann ich für dich tun, he?“
„Ich möchte, dass du dem Sachsenthan Kendric eine Botschaft überbringst.“
„Dem Than? Du meinst den Herrn der Siedlung, welche von einer Bande nichtsnutziger Wikinger überfallen, ausgeraubt und dann niedergebrannt wurde, nachdem auch noch seine Kinder entführt wurden?“
Einar lächelte. Über seine eigenen geheimen Kanäle musste Selwyn die Sache mit den Kindern herausbekommen haben. „Jawohl, denselben.“
Selwyn beugte sich vor. „Ich nehme an, wir sprechen von Lösegeld, ja?“
„So ist es.“
Selwyn machte ein bekümmertes Gesicht. „Es ist zu riskant, zu dieser Jahreszeit eine so lange Segelreise zu unternehmen. Der Winter …“
Geduldig wartete Einar, bis Selwyn seine ganzen Einwände vorgebracht hatte. Wenn der Mann erst einmal wusste, um welche Beträge es sich hier handelte, würde er zweifellos wenn nötig auch zu Kendric schwimmen, um den erheblichen Anteil für seine Vermittlertätigkeit einstreichen zu können.
Als Selwyn endlich zu der Überzeugung gelangte, Einar habe nun genug gehört, um die mit der Erfüllung dieses Auftrags verbundenen kolossalen Schwierigkeiten richtig würdigen zu können, wurde er ernsthaft geschäftlich. „Genau über welche Lösegeldsumme unterhalten wir uns?“
„Tausend Silberstücke für den Knaben, fünfzig für das kleine Mädchen.“
Selwyn konnte seine Verblüffung kaum verhehlen. „Und für die Frau?“, erkundigte er sich dann.
„Nichts.“
„Nichts?“ Der Sachse ließ sich gegen die Wand sinken. „Ich glaube, da machst du einen großen Fehler, mein Freund. Kendric würde für sie jede Menge …“ Er sprach nicht weiter, als er sah, dass Einar die Hand wie zufällig auf den Schaft seiner Streitaxt legte. „Die Frau lebt also?“
„Ja.“
„Sehr gut, sehr gut. Kendric würde
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