Historical Platin Band 04
doch die geben nicht auf.“
„Wie meinst du das, ‚wie sie immer ist‘?“
„Du weißt schon – artig und höflich. Doch das ist auch alles. Ich glaube nicht, dass sie jemals heiraten will.“ Adelar blickte Einar von der Seite an. „Du bist nicht verheiratet.“
„Stimmt.“
„Weshalb nicht?“
„Weil ich nicht verheiratet sein will.“
„Das will Meradyce wahrscheinlich auch nicht.“
Einar schloss die Augen. Adelar schien es, als hätte etwas an seiner Angelleine gezupft. Er holte sie ein. Nichts. Er ließ sie wieder ins Wasser fallen. „Betha meint, Meradyce wollte einmal heiraten.“
„Wer war der Mann?“
Adelar schüttelte den Kopf. „Weiß ich nicht genau. Ich glaube, er war ein Priester oder hat im Kloster gearbeitet. Betha glaubt, er ist gestorben. Betha ist nur ein kleines Mädchen. Wahrscheinlich hat sie es sich nur ausgedacht.“
Einar riss einen langen Grashalm aus und schlang einen Knoten hinein. „Was hält dein Vater von Meradyce?“
„Er mag sie gern. Jeder mag sie gern. Nur ein paar Frauen nicht, doch die sind bloß eifersüchtig.“
„Mag sie deinen Vater?“
Der Junge musste offensichtlich schwer nachdenken. „Ja, ich nehme es an. Natürlich respektiert sie ihn wie jedermann in der Siedlung auch.“ Plötzlich blickte Adelar seinen Gefährten argwöhnisch an. „Weshalb fragst du mich das alles?“
Diesmal zuckte Einar nur die Schultern, doch Adelar sprang auf. „Mein Vater hat schon eine Ehefrau!“
„Setz dich wieder.“
Adelar starrte den Wikinger böse an, weil er plötzlich Angst bekam, als er sich an die schlimmen Vorwürfe und die bitteren Worte seiner Eltern erinnerte. „Mein Vater liebt meine Mutter! Sehr!“, rief er, weil er es unbedingt selbst glauben wollte.
„Du sollst dich hinsetzen.“
Widerstrebend gehorchte der Junge.
„Wenn dein Vater tatsächlich so ist, wie du ihn beschrieben hast, dann wäre es doch ganz natürlich, zu vermuten, dass Meradyce nicht verheiratet ist, weil sie sich nach jemandem sehnt, den sie nicht haben kann. Deinen Vater zum Beispiel.“
Einar sagte die Wahrheit, und Adelar spürte das. „Sie war schon so, als sie in unser Dorf kam. Was sie empfindet, kann nichts mit meinem Vater zu tun haben.“
„Sie hat nicht immer bei euch gelebt?“
„Nein. Sie war ein paarmal mit ihren Eltern bei uns. Als sie starben, blieb sie ganz in unserem Dorf. Und falls sie wirklich jemanden geliebt hat, dann war das schon vorher“, erklärte Adelar mit Bestimmtheit.
Einar schaute zum Himmel hoch. „Es wird langsam spät. Wir angeln noch ein wenig, und dann gehen wir.“
Adelar ließ seine Leine wieder in den Teich fallen. „Magst du Meradyce?“, fragte er unvermittelt.
„Ich achte sie.“
„Dann sage den anderen Männern, sie sollen sie in Ruhe lassen.“
Einar schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Dazu bin ich nicht berechtigt.“
„Du sollst sie doch beschützen, nicht wahr?“
„Nun nicht mehr. Sie steht jetzt unter Svends Obhut.“ Nach einer kleinen Pause fragte er: „Fürchtet sie sich vor diesen Männern?“
Adelar schnaubte verächtlich. „Selbstverständlich nicht. Meradyce fürchtet sich nie. Sie hat sich schließlich auch nicht vor dir gefürchtet, oder?“
Einar behielt seine Ansicht zu diesem Punkt für sich.
„Es wäre nur leichter für sie“, erklärte Adelar.
„Ich darf mich nicht einmischen. Man würde glauben, ich selbst erhebe Anspruch auf sie.“
„Ach so.“
Plötzlich zog es wirklich kräftig an der Angelleine. „Ich habe einen!“, rief Adelar und sprang auf. Und dann rutschte er auf dem nassen Gras aus und plumpste in den Teich. Einar packte ihn rasch an seiner Tunika.
„Ich habe ihn!“, schrie der Junge, während Einar ihn tropfnass aus dem Wasser zog. Für einen so kleinen Teich war es tatsächlich ein großer Fisch, den Adelar da am Haken hatte.
„Lass uns heimkehren und ihn ausnehmen – und dich in trockene Kleidung stecken.“
„Mir ist ja nichts passiert. Schau dir doch nur diesen Fisch an!“
Auf dem ganzen Weg zurück ins Dorf prahlte Adelar mit seinem Anglerglück und beschrieb immer und immer wieder sein Gefühl, als der Fisch angebissen hatte.
Einar hörte nicht zu. Er versuchte zu verstehen, weshalb er sich eigentlich so darüber freute, dass Meradyce nicht nach dem verräterischen Sachsenthan schmachtete, und weshalb es ihn mit solcher Hoffnung erfüllte, dass der Mann, den sie geliebt hatte, ein der Kirche verpflichteter Priester war, der – noch besser
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