Historical Platin Band 04
Und ich muss Kendric von Betha berichten.“
„Was – das ist der Vater der Kinder?“
„So ist es.“
Meradyce drängte sich an den wartenden Kriegern vorbei. Als Kendric sie sah, drückte seine Miene höchstes Erstaunen aus, und dann lief sein Blick über ihren Körper.
Schließlich lächelte er kalt und nichtssagend. „Meradyce“, grüßte er höflich. „Wie erfreulich, dich zu sehen. Du hast offenbar einen Weg gefunden, um deine Häscher zu besänftigen.“ Bevor sie etwas erwidern konnte, sprach er weiter, und jetzt war seine Tonlage alles andere als höflich. „Sage diesem Barbarenschwein, ich will meine Kinder wiederhaben.“
Meradyce hätte Kendric am liebsten vor seinen versammelten Soldaten wegen seiner Worte und der Art, wie er sie ansah, zurechtgewiesen. Sie ließ es jedoch, weil Adelar sich möglicherweise in der Nähe befand und lauschte. Sie drehte sich zu Svend um. „Dieses ist Kendric, Adelars Vater“, erklärte sie ruhig. „Er ist gekommen, um seine Kinder zu holen.“
Svend war offensichtlich überrascht. „Das ist der Verräter?“, fragte er verächtlich.
„Ja.“ Sie drehte sich wieder zu Kendric um und holte tief Luft. „Ich bedauere aufrichtig, Euch mitteilen zu müssen, dass Betha nicht mehr lebt.“
Kendric schien eher argwöhnisch als betrübt zu sein. „Wo ist Adelar?“
„Ihm geht es gut. Betha wurde krank. Ich tat mein Bestes, um sie zu heilen …“
„Gewiss doch.“ Kendric blickte sie so spöttisch an, dass ihr Zorn aufflammte. „Sofern du dich einmal von den Männern losreißen konntest.“
„Vater! Vater!“ Adelar drängte sich an den Wikingern vorbei.
„Mein Sohn!“
Adelar rannte zu ihm. „Ich wusste ja, dass du uns holen kommen würdest! Ich wusste es! Bring mich heim!“
Triumphierend blickte der Sachsenthan die Wikinger an; Betha war anscheinend schon vergessen. „Ich danke euch nicht. Ich habe meinen Sohn wieder. Geh zum Schiff, Adelar“, befahl er.
Der Junge eilte zum Anleger hinunter, blieb jedoch noch einmal stehen und warf einen Blick zu Meradyce zurück. Und zu Endredi.
„Und jetzt?“, fragte Meradyce.
„Jetzt!“, rief Kendric, und plötzlich bewegten sich seine Mannen mit gezogenen Schwertern voran.
Die Wikinger nahmen den Kampf sofort auf, und ringsum schlugen die Waffen aufeinander. Die Frauen begannen zu kreischen.
Adelar hatte das Schiff erreicht.
Meradyce rannte hinzu. „Bleibe da!“, rief sie.
Ein Mann stieß einen Schmerzensschrei aus. Jemand anders rief Odin an. Meradyce fuhr herum. Mehrere sächsische Soldaten hatten die Wikinger eingekreist. Zahlenmäßig waren die Angreifer um das Dreifache überlegen, doch die Wikinger kämpften wie die Besessenen. Ein Sachse nach dem anderen fiel den furchtbaren Hieben zum Opfer.
Meradyce stand vom Entsetzen gelähmt da. Noch nie zuvor hatte sie eine Schlacht miterlebt, noch nie war sie Zeuge eines so grausamen Blutvergießens und Sterbens gewesen.
Plötzlich sah sie Svend, der sich wie ein Tier vor Kendric duckte. Dieser umkreiste ihn, und die Miene des Thans drückte eine so erschreckende Erregung aus, dass Meradyce kaum noch zu glauben vermochte, dass dieser Mann Adelars Vater war.
Sie blickte Svend an, und nie hätte sie es für möglich gehalten, Einars Vater einmal ängstlich zu sehen, doch jetzt war Svend vor Furcht erstarrt, und Meradyce erkannte auch sofort, warum: Svend war waffenlos; falls Kendric ihn lebendig gefangen nahm, würde er erhängt werden oder ein ähnlich schändliches Schicksal erleiden, und der Eintritt ins Walhall würde ihm verwehrt sein.
In diesem Augenblick dachte Meradyce nicht nach. Sie entschied nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen. Sie gehörte zu Einar – und zu seinem Volk.
Einen Schritt entfernt lag ein erschlagener Soldat. Meradyce wand ihm sein Schwert aus der blutigen Hand, doch ehe sie damit Svend erreichen konnte, erschien Olva plötzlich auf dem Kampfplatz. Sie warf sich auf Kendric und stieß ihn zurück. Der Sachse hob sein Schwert und schlug zu. Aufschreiend stürzte Olva zu Boden. Sie presste sich die Hand auf die Seite, an der sich ein großer roter Fleck ausbreitete.
„Svend!“, schrie Meradyce und warf dem Häuptling das Schwert zu.
In Svends Augen leuchtete wilder Triumph auf, als er die Waffe in der Luft auffing und den Kampf wieder aufnahm. Er sprang Kendric an, verfehlte jedoch sein Ziel – anders als der Sachsenthan, und Meradyce musste entsetzt mitansehen, wie Svend langsam zu Boden glitt. Der
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