Historical Platin Band 04
Schwerthieb hatte seine Halsschlagader durchtrennt und ihm seine Waffe aus der Hand geschlagen.
Ull löste sich aus dem Kampfgetümmel und warf sich mit geschwungener Streitaxt Kendric entgegen. Der Wikinger trieb den Sachsen mitten in die brodelnde Schlacht zurück.
Meradyce rannte zu Olva und kniete sich neben sie, doch die alte Frau kroch zu der Stelle, an der Svends Schwert auf dem Boden lag. Sie packte es, kroch damit weiter zu Svend und drückte ihm die Waffe in die leere Hand.
„Olva!“, flüsterte der Häuptling, und Einars Mutter starb vor seinen Augen.
Meradyce bewegte sich dicht zu Svend heran und hob seinen Kopf an, während ihm das Leben mit seinem Blut entströmte.
„Asa … Vedis … meine Kinder …“
„Ich werde für sie sorgen“, schwor Meradyce.
Er nickte schwach und hielt sein Schwert fest. Er lächelte. „Die Walküren kommen, um mich zu holen.“ Und dann war auch er tot.
Mit tränenblinden Augen erhob sich Meradyce. Sie erkannte, dass alles zu spät war. Die Schlacht war entschieden. Alle Krieger der Wikinger waren tot oder verwundet.
Niemand beobachtete Meradyce. Sie könnte jetzt fortlaufen. Adelar befand sich in Sicherheit. Sie könnte sich verstecken. Sie könnte auf Einars Rückkunft warten. Einar.
Sie rannte los. Sie warf noch einen Blick über die Schulter zurück und blieb unvermittelt stehen. Kendric hatte Endredi entdeckt. Grob stieß er sie zum Schiff. Hinter ihr sah Meradyce andere Frauen und Kinder, die wie Schlachtvieh zum Schiff getrieben wurden, während die sächsischen Soldaten ihre verwundeten Feinde töteten.
Meradyce nahm dem toten Svend das Schwert aus der Hand. Er brauchte es jetzt nicht mehr. Sie brauchte es.
Sie starrte die kalte, bluttriefende Waffe an. Was konnte ein Schwert ausrichten? Kendric oder einer seiner Mannen würde sie umbringen, ohne lange zu überlegen.
Meradyce legte das Schwert neben Svends Leiche nieder.
Kendric sah Meradyce herankommen und lächelte kalt. Ihr langes, herrliches Haar war verschwunden, sie war dünn und blass, und sie hatte gewiss ein Wikingerbalg im Bauch. Trotzdem war sie noch immer die schönste Frau, die er jemals gesehen hatte.
Doch sie hatte dem Häuptling geholfen, und Kendric bezweifelte nicht, dass sie sich diesem oder einem seiner Männer freiwillig hingegeben hatte. Er wusste, dass es keinem Mann gelingen würde, sie ohne ihr Einverständnis zu nehmen. Eine Frau wie Meradyce würde sich eher selbst umbringen.
Und ihm, Kendric, hatte sie sich verweigert!
„Kendric, nehmt mich mit“, bat sie.
„Mit Vergnügen“, sagte er.
Ja, er würde sie nehmen. Eines Tages … Er sah, dass sie sich um die Kleine sorgte, die er festhielt. Was bedeutete dieses Wikingermädchen ihr? Nun, das würde er noch herausfinden – wenn er mit dem Mädchen fertig war.
„Du bist so schön wie immer“, sagte Kendric und lächelte bedauernd. Unterdessen stieß er Endredi zu den Frauen, die auf dem Schiff zusammengetrieben worden waren.
Meradyce erwiderte nichts. Sie hatte die Verachtung in seinem Blick erkannt. Es kümmerte sie nicht, was er von ihr dachte, solange sie nur Endredi und den anderen zu helfen vermochte.
„Die Schwangerschaft scheint dir zu bekommen, obwohl es mir leidtut, dass wir nicht eher herkommen konnten, um dir zu … helfen.“
„Jetzt seid Ihr ja da“, sagte sie ruhig. „Ihr habt Euren Sohn zurückerhalten. Ihr habt Eure Rache gehabt. Es ist doch sicher nicht notwendig, dass Ihr alle diese Frauen und Kinder mitnehmt.“ Als er sie finster ansah, sprach sie rasch weiter. „Sie werden Euch auf der langen Überfahrt nur Schwierigkeiten machen.“
„Schon möglich, doch das braucht nicht deine Sorge zu sein. Wenn sie in die Sklaverei verkauft sind, werden sie einen Teil der Kosten für dieses Schiff und für den Wiederaufbau unserer Siedlung wieder hereinbringen.“
„Wie habt Ihr das Wikingerdorf gefunden?“
„Das spielt keine Rolle.“ Er ließ den Blick prüfend über ihren Körper gleiten. „Befindet sich das Ungeheuer, das dir das angetan hat, unter den Toten?“
„Ja“, log Meradyce.
„Gut. Komm.“ Kendric nahm sie bei der Hand, und Meradyce ließ sich von ihm aufs Schiff führen.
Einar saß lässig in seinem Sattel. Gewöhnlich pflegten die Männer auf dem Heimweg von einer Handelsreise in einem der kleineren Dörfer zu übernachten, doch diesmal wollte er so schnell wie möglich zurückkehren.
Der unausgesetzte Regen hatte ihren Aufbruch verzögert und die Straßen so
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