Historical Saison Band 06
als er auf sie zutrat. Sie wich nicht von der Stelle.
Er wandte sich ab und fuhr fort: „Nach der letzten Nacht habe ich nicht vor, dich so bald wieder zu bedrängen. Aber ich verlange, dass du in meinem Bett schläfst.“
Sie schluckte schwer. Er begehrte sie also nicht einmal mehr. Sie hatte gedacht, nichts würde sie mehr beschämen als die unerwartete Enthüllung ihrer wahren Identität. Aber Scham, so lernte sie jetzt, kannte keine Grenzen und konnte immer noch tiefer dringen. Zweifellos vertraute er ihr nicht genug, um ihr ein eigenes Schlafzimmer zuzugestehen. Und wenn er sich dazu überwinden konnte, sie zu berühren, wollte er nur seine eheliche Pflicht erfüllen und einen Erben zeugen. Und wahrscheinlich noch einen oder zwei zusätzlich in Reserve.
Welchen anderen Grund konnte er sonst haben, sie zurückzuwollen? Wenn ihm noch irgendetwas an ihr gelegen gewesen wäre, hätte er sie vor vier Jahren aufgesucht. Sie musste es ihm sagen, und zwar sofort.
Sie holte tief Luft. Der Atem schmerzte in ihrer Kehle, und sie hob das Kinn. Doch die falschen Worte kamen aus ihrem Mund. „Wie du wünschst. Vielleicht kannst du mich jetzt mit deiner Haushälterin bekannt machen.“
Die richtigen Worte, mit denen die Wahrheit zur Sprache gebracht worden wäre, blieben dort, wo sie seit vier Jahren waren. Eingefroren und in ihrem trostlosen Herzen eingeschlossen.
Als Georgie die Haushälterin, die Köchin, der Butler, die Dienstmädchen und die Diener präsentiert wurden, die ihr Erstaunen kaum verbergen konnten, bemühte sie sich, eine würdige Figur zu machen. Der einzige Diener, der nicht im Mindesten erstaunt wirkte, war Timms. Aber sie hatte schon bei ihrer Ankunft gespürt, dass er sie wiedererkannt hatte.
Anthony trat gegenüber den Bediensteten derartig ruhig und gefasst auf, als ob verirrte Ehefrauen jederzeit einfach aus der Wand träten und als ob dieser Vorgang eine Selbstverständlichkeit darstellte. Selbst einen Heiligen hätte diese Art zur Raserei getrieben. Anscheinend nahm er gar keine Notiz von den verstohlenen Blicken, die um ihn herum ausgetauscht wurden.
Mrs Waller, die Haushälterin, händigte ihr höflich, aber reserviert die Schlüssel aus. Unsicher drehte sich Georgie zu Anthony um. Er schüttelte ganz leicht den Kopf.
Mit einer gewissen Erleichterung sagte sie: „Nein, Mrs Waller. Behalten Sie die Schlüssel. Ich werde danach fragen, wenn ich sie benötige. Außerdem kann auch ein weiteres Bund für mich angefertigt werden.“
„Dann lasse ich dich jetzt allein“, erklärte Anthony kurz angebunden. „Mrs Waller wird dir alles zeigen.“
Georgie unterdrückte einen Protest und nickte. Er hatte von Anfang an eine Vernunftehe gewollt. Darin war er sehr ehrlich mit ihr gewesen. Aber in Brüssel hatte sie, damals gerade siebzehn, noch zu träumen gewagt und mehr in seine Freundlichkeit und seine zärtliche Leidenschaft hineininterpretiert. Sie hatte die Situation falsch eingeschätzt. Und wenn sie sich damals nicht so dumm verhalten hätte, wäre vielleicht tatsächlich mehr möglich gewesen.
Sie musste sich glücklich schätzen, dass sie nicht auf der Straße endete.
3. KAPITEL
Mrs Waller zeigte ihr tatsächlich alles und ließ sie über nichts im Unklaren – einschließlich dessen, was das Personal über die jüngste skandalöse Entwicklung dachte. Als die Zeit nahte, in der sie sich für das Dinner umziehen musste, war Georgie erschöpft. Sie sehnte sich nach nichts anderem als einer Tasse heißen Tee in einer ruhigen Ecke.
Mrs Waller antwortete auf diese Bitte mit einem kühlen, aber respektvollen: „Natürlich, Madam. Kommt sofort.“
Als sich Georgie in Anthonys Schlafzimmer begab, fand sie ihr einziges Abendkleid bereits im Ankleidezimmer vor und zog sich so rasch wie möglich um. Wenn sie sich beeilte, konnte sie in aller Ruhe dasitzen und an ihrem Tee nippen, bis es so weit war. Doch sie hatte kaum die letzten Bänder gebunden, da hörte sie, wie sich die Schlafzimmertür öffnete und sich Anthony mit seinen leicht humpelnden Schritten näherte. Sie überlegte, wie er sich die Verletzung zugezogen hatte. Sie wusste mit Bestimmtheit, dass er in Waterloo nicht verwundet worden war.
Er kam in das Ankleidezimmer, wobei er bereits sein Hemd aufgeknöpft und es aus der Hose gezogen hatte. Er starrte sie an.
Sie erwiderte seinen Blick und war sich bewusst, dass der Anblick seines muskulösen Oberkörpers sie erröten ließ. Sofort kam ihr die Erinnerung, wie er sich gegen
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