Historical Saison Band 06
von ihm dargebotenen Arm mit ihrem Hörrohr zur Seite.
„Meinetwegen kannst du dich erdreisten, mir zu sagen, was ich tun soll, wenn ich im Leichentuch liege, aber keine Sekunde vorher, William. Cassie!“ Sie drehte sich zu ihrer Großnichte um. „Sag deiner Zofe – Ebdon heißt sie doch, oder? – sie soll das Gepäck von Mrs Lyndhurst in Anthonys Schlafzimmer bringen. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass ein Mann mit seiner Willenskraft ihr gern zeigen wird, wo alles hinkommt.“
Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit widersprach Cassie nicht, gehorchte und warf Georgie nur noch einen fassungslosen Blick zu. Townend folgte ihr mit einem unverständlichen Gemurmel und einem verständlichen Grinsen auf den Lippen.
Großtante Harriet knüpfte sich als Nächstes Anthony vor. „Was dich betrifft – Gott allein weiß, weshalb du so lange gebraucht hast! Ich lasse das Mädchen jetzt schon seit Tagen vor deiner Nase auf und ab spazieren und warte, dass du endlich zu Verstand kommst! Große Güte! Ich dachte schon, ich müsste sie mit Laudanum narkotisieren und Timms und Ufton bitten, sie in dein Bett zu legen!“
Von dieser unerwarteten Attacke schwer getroffen, tröstete sich Anthony mit dem Gedanken, seiner Großtante zumindest nichts mehr erklären zu müssen. Die schlaue alte Hexe hatte es die ganze Zeit gewusst! Was bedeutete … Er drehte sich zu Georgie um, die Tante Harriet wie gelähmt anstarrte.
„S…sie wussten es? Deshalb wollten Sie unbedingt, dass wir hierherreisen? Und deshalb haben Sie darauf bestanden, dass ich Sie begleite!“ Ungläubigkeit lag in ihrer Stimme.
Anthony erschrak. Dann … dann hatte Georgie es gar nicht geplant! Vermutlich hatte sie überhaupt nicht kommen wollen.
Harriet gab ein Schnauben von sich. „Gewusst? Du meine Güte, Kindchen! Natürlich habe ich es gewusst. Deine Patentante war eine meiner engsten Freundinnen. Sie und ich haben das alles von langer Hand geplant!“ Sie holte tief Luft. „Ich hätte allerdings nie gedacht, dass es so viel Zeit in Anspruch nehmen würde! Vier Jahre! Ich bitte dich!“ Sie warf Georgie einen beinahe liebevollen Blick zu. „Nicht, dass du keine gute Gesellschafterin gewesen wärest. Du warst sogar die beste, die ich jemals hatte. Aber jetzt bist du endlich wieder da, wo du hingehörst, und wirst das Leben meines vertrottelten Großneffen in neue Bahnen lenken.“
Sie drehte sich zu Anthony um und pikste ihm den rechten Zeigefinger in die Brust. „Und pass bloß auf, dass sie bei dir bleibt! Ich habe mich jetzt lange genug eingemischt. Das reicht für ein ganzes Leben. Und was den Rest von euch betrifft – hinaus!“ Indem sie ihr Höhrrohr energisch durch die Luft schwang, sodass es beinahe Williams Ohr abtrennte, trieb sie die anderen vor sich her auf den Gang hinaus und schloss hinter sich die Tür.
Georgie versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, und schaffte es trotz der demütigenden Bloßstellung, ihrem Gatten erhobenen Hauptes in die Augen zu sehen. Nun gab es keine Möglichkeit mehr, sich einfach leise aus dem Staub zu machen, ohne dass jemand davon Kenntnis nahm. „Du wolltest mir keine andere Wahl mehr lassen, oder?“, fragte sie.
Er wurde rot. „Verdammt, Georgie! Ich wusste nicht, dass sie vor der Tür standen. Meinst du vielleicht, ich wollte, dass sie uns hier entdecken?“ Er fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. „Verflixt und zugenäht! Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so in Verlegenheit gebracht worden. Glücklicherweise war es nur die Familie!“
„Was wollen wir jetzt tun?“, flüsterte sie.
Er machte einen wild entschlossenen Eindruck. „Wir werden uns wieder neu in unserer Ehe einrichten, genau das werden wir tun. Es tut mir leid, wenn es dir anders lieber wäre, Georgie, aber ich habe nicht vor, nun auch noch den Skandal durchzustehen, den eine Scheidung mit sich bringt. Insbesondere, da ich einen Erben benötige. Verzeih, wenn ich das so ohne Umschweife zur Sprache bringe.“
Ihre Kehle schmerzte vor unterdrückten Tränen. Er ahnte nicht, welchen Kummer seine Worte ihr zufügten. Eine Vernunftehe, um eines Erben willen. Und das mit dem Mann, den sie liebte … Sie musste es ihm sagen. Sie musste ihm sagen, was sie niemals jemandem erzählt hatte. Anschließend würde er sich von ihr abwenden.
„I…ich verstehe. Dann willst du, dass ich meine Pflicht erfülle. Du erwartest …“
„Nein!“ Die Härte in seiner Stimme erschreckte sie. Zornig funkelten seine Augen,
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