Historical Saison Band 06
stieß einen wilden Fluch aus, denn er kannte die Antwort. Der in Ungnade gefallene Diener Grant. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte er am liebsten hämisch gegrinst. Sofern er mit seinem Verdacht richtig lag, war es kein Wunder, dass William erpresst wurde. Grant war wahrhaftig niemand, der sich um seinen Lohn bringen ließ.
Er trommelte mit den Fingern auf der Fensterbank und senkte das Fernrohr. Wenn sich Grant nach wie vor in der Nähe aufhielt, musste ihn jemand gesehen haben. Anthony entschied, heute herumzufahren und einigen Leuten eine genaue Personenbeschreibung zu geben, verbunden mit der Aussicht auf eine Belohnung für Auskünfte über Grants Verbleib. Er ballte die Hände. Grant würde man schon zum Reden bringen.
Die Tür öffnete sich, und Timms trat ein. „Guten Morgen, Major. Ich habe die Herrin gesehen und dachte mir daher, dass Sie bereits aufgestanden sind.“
Anthony warf ihm einen unfreundlichen Blick zu und legte das Fernrohr wieder auf den Tisch. Der Diener räumte das Zimmer auf und sammelte die abgelegte Kleidung vom Boden auf, als hätte er die bedrohlich schlechte Laune seines Herrn gar nicht bemerkt. Währenddessen rasierte Anthony sich und versuchte nicht darüber nachzudenken, auf welche Weise er seine widerstrebende Ehefrau verführen könnte.
„Sir, ich wollte Sie fragen, ob es möglich wäre, mir in dieser Woche einen Vormittag oder Nachmittag freizugeben?“
Anthony fiel beinahe das Rasiermesser aus der Hand. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann Timms ihn das letzte Mal um eine freie Stunde gebeten hatte. Abgesehen vom üblichen halben Tag, der den Bediensteten zustand, hatte es nie eine solche Anfrage gegeben.
„Nun, das geht zweifellos. Wenn Sie möchten, könnte ich Ihnen auch einen ganzen Tag freigeben. Heute?“
Timms strahlte. „Vielen Dank, Sir.“
„Es ist mir ein Vergnügen“, erwiderte Anthony trocken.
„Dann ist … dann kommen Sie jetzt gut mit allem allein zurecht, Sir?“
Anthony fuhr sorgfältig mit dem Rasiermesser am Kinn entlang. „Ich verspreche Ihnen, mich nicht beim Rasieren zu schneiden, wenn Sie das meinen.“
„Nein, Sir. Es steht mir gewiss nicht zu, das zu sagen, aber ich bin schon sehr lange in Ihren Diensten und … nun, für Sie war es in letzter Zeit schwierig, oder?“
Anthony legte das Rasiermesser beiseite und drehte sich zu ihm um. „Was?“
Timms wich nicht von der Stelle. „Es hat Ihnen nicht gut getan, dass die Herrin verschwand, so wie es nun einmal gelaufen ist. Aber jetzt ist sie ja wieder zurück und gesund und munter. Nun kann es weitergehen, und Sie können gemeinsam ein neues Leben beginnen.“
„Haben Sie darüber mit Lord Mardon gesprochen?“, fragte Anthony misstrauisch.
„Nein, Sir. Das nicht, aber er würde Ihnen wahrscheinlich denselben Rat geben, so glücklich wie er mit seiner Frau ist. Es ist richtig schön, die beiden zusammen zu sehen. Genauso verhält es sich bei Miss Cassie und ihrem jungen Viscount.“
„Sie haben unseren verliebten Mr Sinclair vergessen“, bemerkte Anthony mit einem schiefen Lächeln. Große Güte! Er hatte sich nie vorgestellt, dass Timms so viel Sinn für Romantik besaß!
„Natürlich, Sir. Und eines Tages werden Sie und die Herrin Ihre Differenzen beilegen. Das Leben ist kurz, Sir. Waterloo hat es gezeigt. Verschwenden Sie bloß nicht noch mehr Zeit. Das ist alles, was ich sagen wollte.“
„Demnächst versuchst du bestimmt noch, eine gute Partie für Mr William zu arrangieren“, murmelte Anthony, während er sich den Schaum vom Gesicht wusch.
„Diesem Nichtsnutz!“, entfuhr es Timms.
Anthony spritzte Wasser auf den Boden, als er von der Schüssel hochfuhr.
„Es ist doch wahr. Sie werden noch an meine Worte denken“, knurrte Timms. „Er ist ganz schön durchtrieben. Kam genau an dem Tag zur Herrin, nachdem Sie in die Schlacht gezogen waren.“
„Wirklich, er war da?“ Warum hatte William in den letzten vier Jahren niemals erwähnt, dass er Georgie noch begegnet war?
„Oh, ja. Die Herrin war schon traurig genug, bevor er kam, aber da hätten Sie sie erst hinterher sehen sollen! Die Ärmste konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten, so heftig zitterte sie.“
„Was, zum Teufel, hat er ihr denn erzählt?“ Eine Woge des Zorns erfasste Anthony.
Timms schaute ihn empört an. „Er schickte mich fort und wies mich an, meine Arbeit doppelt so schnell wie sonst zu erledigen. Und seine Stimme war so verflucht aalglatt und leise.
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