Historical Saison Band 06
dass jemand davon erfuhr, dass er durch den Wald spazierte. Warum nicht?
Anthony zwang sich zu lächeln und murmelte: „Ich hoffe, dass soll kein Seitenhieb auf meinen Weinkeller sein, Cousin.“
„Du liebe Güte, nein!“, beteuerte William. „Deine Weine sind ausgezeichnet. Um deinen Keller kann man dich nur beneiden. Den hätte ich auch gern.“
Aufhorchend hob Anthony die Augenbrauen, und William schien zu begreifen, dass er seine Worte hätte besser wählen sollen.
„Äh … ich meine, deine Weinauswahl ist großartig, einfach ausgezeichnet“, fügte er rasch hinzu.
Endlich betraten sie die Bibliothek, und Anthony schloss hinter ihnen die Tür.
Penibel auf seine Wortwahl achtend sagte er: „Ich muss dich darum bitten, dir etwas so genau wie möglich in Erinnerung zu rufen …“
„Um was geht es denn, Cousin?“
„Um den Ball der Duchess of Richmond vor vier Jahren.“ Bildete er es sich nur ein oder wirkte Williams Lächeln auf einmal gequält?
„Oh, was das betrifft, das war ein verwirrender Abend, nicht wahr? Große Güte! Ich habe immer daran denken müssen, ob ich dich jemals wiedersehe! Und …“
„Als du Georgiana gesehen hast …“, unterbrach ihn Anthony, „… hat sie dich da ebenfalls bemerkt?“
William blinzelte. „Ah, ja. Ich bin ihr am frühen Abend kurz begegnet. Wir haben einander begrüßt und so. Da hat sie mich vermutlich gesehen, wenn du das meinst?“
„Es geht um später“, hakte Anthony schonungslos nach. „Nachdem die Mobilmachung ausgerufen worden war, als du sie mit Finch-Scott gesehen hast. Hat sie da gewusst, dass du sie gesehen hast? Hat sie etwas zu dir gesagt?“
„Oh, ob sie etwas gesagt hat? Nun, also wirklich, Cousin! Das ist jetzt vier Jahre her! Wie soll ich mich da bis ins Einzelne daran erinnern, ob sie irgendetwas geäußert hat? Bei Gott, jeder hat sich an diesem Abend die Kehle heiser geredet!“ Er lockerte mit den Fingern seinen hochgeschlossenen Kragen.
Anthony schaffte es, seine Wut zurückzuhalten. „William, du hast angedeutet, dass sie und Finch-Scott flirtender Weise hinaus in den Garten gegangen wären.“
„Nun ja, du hast sie doch entdeckt. Hat sie ihn da nicht gerade geküsst?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wann ich jemals schockierter gewesen bin. Außer natürlich, als sie dann auch noch wegrannte, Cousin. Ich habe so mit dir gelitten. Wahrhaftig, das war ein schwerer Schlag. Und all das böse Getratsche hinterher.“ Scheinbar traurig schüttelte er den Kopf. „Das war übel von ihr. Wirklich ganz übel! Es ist sehr großzügig von dir, sie unter diesen Umständen wieder bei dir aufzunehmen …“
Anthony drehte sich um und ging ans Fenster. „Du hast sie, glaube ich, am nächsten Tag aufgesucht.“
„Aufgesucht?“
„Meine Frau, meine ich.“
„Oh, habe ich das getan?“ Er schien angestrengt nachzudenken. „Ja, jetzt wo du es erwähnst. Ich wollte sie nur beruhigen, nachdem du am Vorabend verständlicherweise ziemlich außer dir warst. Ich habe dich selten so in Rage erlebt!“
„Hast du sie denn beruhigen können?“ Es fiel ihm schwer, sich zu beherrschen und die Hände ruhig zu halten.
„Nun, ich habe es natürlich versucht, aber du weißt ja, wie Frauen sind. Du musst dir vorstellen, dass sie reichlich verschnupft reagierte. Aber dennoch, einfach wegzulaufen, nur weil …“
Anthony schnitt ihm das Wort ab. „Verstehe, ich glaube, dass klärt die Angelegenheit. Ich danke dir, William.“
„Oh, es war mir ein Vergnügen. Es freut mich, wenn ich dir behilflich sein konnte.“
Anthony knirschte mit den Zähnen. „Du redest doch mit niemandem über unser Gespräch, oder?“
„Selbstverständlich nicht! Das würde mir im Traum nicht einfallen! Äh, wenn das alles ist, begebe ich mich jetzt mal in Richtung Frühstückstisch, alter Junge. Begleitest du mich?“
„Ich komme ein wenig später nach.“ Dann, wenn er sich wieder ganz unter Kontrolle und den Drang besiegt hatte, William eigenhändig zu erwürgen und ihn für vier verlorene Jahre zur Rechenschaft zu ziehen. Wenn er ihn direkt beschuldigte, ohne eindeutige Beweise in Händen zu halten, konnte das die Familie auseinanderreißen. William würde dann nichts mehr davon abhalten, Marcus dem nächsten Gerichtsbüttel auszuhändigen. Es war besser, ihn zunächst in dem Glauben zu lassen, jetzt sei alles geklärt.
Er schloss die Augen, als sich die Bibliothekstür hinter William schloss. John hatte ganz richtig gelegen. Und er
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