Historical Saison Band 08
er hier?“
Da sie viele Stunden mit Tom Clegg verbracht hatte, um sein Bein und sogar sein Leben zu retten, bestand die Gefahr, dass er sie trotz ihrer Verkleidung erkannte. Würde er zu ihr kommen? Obwohl sie es befürchtete, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen und bat Rudge, den hochgewachsenen Mann mit dem verfilzten langen schwarzen Haar, der am selben Tisch saß, etwas genauer zu mustern. Obwohl der Diener dadurch womöglich die Aufmerksamkeit auf sich und seinen „Begleiter“ lenken würde …
„Möglicherweise war dieser Kerl ebenfalls in Spanien. Aber ich erinnere mich nicht an ihn. Auch nicht an den Dritten.“ Rudge leerte seinen Bierkrug. „Verschwinden wir, Miss. Sieht so aus, als würde Clegg rüberkommen – und sich vergewissern, ob ich’s wirklich bin.“
Widerspruchslos folgte Beth dem Diener aus der Taverne. Ehe sie davonritten, schaute sie zurück und sah die Silhouette eines Mannes in der Tür stehen. Ob es Tom Clegg war, konnte sie nicht feststellen.
„Ist es gut oder schlecht, dass wir Clegg entdeckt haben?“, fragte sie Rudge. „Was hat er mit diesem schwarzhaarigen Mann zu tun? Und wenn er sein Freund ist, würde Clegg uns trotzdem verraten, warum der Anschlag auf Sir Philip verübt wurde?“
„Ob der groß gewachsene hagere Kerl der Mann ist, der im Wald gesehen wurde, wissen wir noch nicht, Miss Beth. Und schon gar nicht, ob er den Sattelgurt halb durchtrennt hat.“
„Ja, das ist wahr. Vielleicht würde Mr Napier ihn erkennen. Doch ich bezweifle es. Und es wäre schwierig, ihn dazu zu überreden, diese anrüchige Spelunke aufzusuchen. Außerdem würde ein Gentleman wie er sofort Verdacht erregen, so wie er aussieht.“ Doch Beth gab sich nicht so leicht geschlagen. „Falls es der gesuchte Mann ist und die Beschreibung auf ihn passt, wissen wir zumindest, welche Taverne er besucht. Also müsste es uns gelingen, mehr über ihn zu erfahren.“
Sogar in der Dunkelheit bemerkte sie die sorgenvolle Miene ihres Dieners. „Wollen Sie etwa noch mal da reingehen, Miss? Das ist reiner Wahnsinn! Früher oder später wird Clegg Sie erkennen!“
„Das muss ich riskieren, wenn ich die Wahrheit herausfinden will.“
8. KAPITEL
Obwohl Philip eigentlich zu vernünftig war, um den Rat des tüchtigen Dorfarztes zu ignorieren, wollte er seine Zeit nicht vergeuden. Und so befasste er sich am nächsten Tag wieder mit der Verwaltung des Landsitzes.
Abgesehen von seinem rechten Fußknöchel, der schmerzte, geschwollen war und ihn zwang, einen weichen Pantoffel zu tragen, fühlte er sich recht gut. Und er ließ sich auch nicht von der Tatsache irritieren, dass man einen Anschlag auf ihn verübt hatte.
Natürlich wusste er, wie viele Ressentiments die Bevölkerung derzeit gegen Personen seines Standes hegte. Angesichts der allgemeinen Notlage konnte er es nachvollziehen. Doch er war überzeugt, dass der Täter aus einem unbesonnenen Antrieb heraus gehandelt hatte – nicht planmäßig und aus Hass gegen ihn persönlich. Seiner Ansicht nach hatten er und Beth sich einfach nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort aufgehalten. Zum Glück war es dem Schurken nicht gelungen, die Riemen beider Sättel zu durchtrennen.
Als die Tür der Bibliothek geöffnet wurde, schaute er von seinen Papieren auf und sah den Butler eintreten. Ein Blick genügte, um das Unbehagen des gewissenhaften Dienstboten zu erkennen. „Was gibt’s, Stebbings?“
„Da ist eine Person, die mit Ihnen reden möchte, Sir, wenn es Ihnen genehm wäre.“ Dieser Erklärung folgte ein verächtliches Schnaufen, das unmissverständlich bekundete, dass der Besucher einer niederen Gesellschaftsschicht angehörte.
„Hat die Person einen Namen?“
„Nun, es handelt sich um Miss Ashworths Diener, Sir …“ Offenbar fiel es dem Butler schwer, die richtigen Worte zu finden. „Da Sie zu Fuß keine größeren Entfernungen zurücklegen können, fühlte ich mich bemüßigt, dem Mann Zutritt zum Haus zu gewähren. Er versicherte mir, er hätte etwas Wichtiges mit Ihnen zu besprechen.“
Daran zweifelte Philip keine Sekunde lang. Amos Rudge mochte ein ungewöhnlicher Diener sein, und er war äußerst unverschämt, aber keineswegs kriecherisch. Niemals würde er eine Unterredung mit dem Baronet anstreben, um sich selbst Vorteile zu verschaffen.
Sein Anliegen musste Beth betreffen. Deshalb zögerte Philip nicht und wies Stebbings an, den Besucher hereinzuführen. „Kommen Sie, setzen Sie sich“, forderte er Rudge auf, der bei
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