Historical Saison Band 08
Beth!“
„Natürlich werden Sie nicht mich dorthin begleiten, sondern Ihren Neffen Martin.“
Eine halbe Ewigkeit blinzelte er sprachlos, bevor er hervorbrachte: „Wie Sie wissen, habe ich keinen Neffen.“
„Kommen Sie, Ihnen kann doch nicht entfallen sein, dass Martin vor Kurzem im West Country eingetroffen ist“, spöttelte Beth und amüsierte sich köstlich auf Kosten ihres verstörten Dieners. „Und dass Sie heute Abend mit ihm verabredet sind. Wenn Sie vom Pfarrhaus zurückkommen, erwarte ich Sie mit den gesattelten Pferden.“
Kurz darauf informierte Beth ihre Gesellschafterin, sie müsse auf das Dinner im Pfarrhaus verzichten. Die Mitteilung überraschte Ann ebenso wie zuvor den bedauernswerten Rudge.
„Ja, ich finde es auch ärgerlich“, seufzte Beth und fragte sich, wann sie solche heimtückischen Winkelzüge erlernt hatte. „Nur ganz selten leide ich an so grässlichen Kopfschmerzen. Doch als ich heute Morgen erwachte, merkte ich sofort, dass mir ein Migräneanfall droht.“
„Beim Frühstück hast du nichts davon erwähnt“, wandte Ann skeptisch ein.
Unbeirrt zuckte Beth die Achseln. „Nun, du weißt ja – wenn ich mich unwohl fühle, mache ich kein Aufhebens darum. Ich dachte, der Ritt nach Markham würde mir guttun und ich könnte mich an der frischen Luft erholen. Unglücklicherweise musste ich diese Hoffnung begraben. Am besten gehe ich früh ins Bett. Ein erholsamer Schlaf wird mir zweifellos helfen.“
„Wie schade …“ Ann sah ein, dass ihre Freundin sich nicht anders besinnen würde. „Die Chadwicks werden enttäuscht sein. Und ich hatte mich so auf den Abend gefreut. Immerhin wurde ich das erste Mal ins Pfarrhaus zum Dinner eingeladen.“
Nur mühsam verbarg Beth ihre Bestürzung. „Natürlich wirst du trotzdem hingehen.“ Abwehrend hob sie die Hand, ehe Ann protestieren konnte. „Wenn du hierbleibst, kannst du nichts für mich tun. Und es gibt keinen Grund, warum du das Dinner nicht genießen solltest. Rudge wird dich hinbringen und später abholen. Das habe ich bereits mit ihm vereinbart.“
Erstaunlicherweise verzichtete Ann auf weiteren Widerspruch und senkte den Blick. „Gewiss, ich wäre froh, wenn ich deine Kutsche benutzen dürfte. Die Tage werden kürzer, und ich würde nur ungern zu Fuß vom Pfarrhaus nach Ashworth House zurücklaufen. Aber vielleicht nimmt Mr Bathurst mich mit. Auf dem Weg zu den Chadwicks holt er seine Freunde ab, die Frobishers, und auf der Rückfahrt wäre in seiner Kutsche auch für mich noch Platz. Und da wir gerade von Mr Bathurst reden“, fügte sie hinzu, während Beth lächelte und geistesabwesend in die Flammen schaute, „er kam vorhin hier vorbei. Offenbar war er enttäuscht, weil er dich nicht antraf, und er sagte, übermorgen würde er wiederkommen. Bei der Gelegenheit wollte er einen gemeinsamen Freund mitbringen, wenn es dir recht ist.“
Nun horchte Beth auf. „Ja, übermorgen bin ich daheim. Würdest du ihm das ausrichten?“
„Natürlich“, versicherte Ann und widmete sich wieder ihrer Stickerei.
Mit schmalen Augen musterte Beth ihre Freundin. „Wie ich gestehen muss, habe ich meine Ansicht über deine Freundschaft mit den Chadwicks geändert. Anfangs dachte ich, dass sie bloß deine Gutmütigkeit ausnutzen. Doch das sehe ich inzwischen anders. Sie haben dich mit vielen Einheimischen bekannt gemacht. Und neulich brachte Mrs Frobisher dir ein Paket mit Kleidungsstücken, die unter den Armen verteilt werden sollen, nicht wahr?“
„Ja, und Mrs Frobisher ließ sogar alles waschen und flicken. Heute Abend nehme ich die Sachen ins Pfarrhaus mit.“
„Tu das nicht. Zuerst möchte ich sie durchsehen. Wurden nicht eine Jacke, ein Hemd und eine Hose erwähnt? Ich kenne jemanden, der dankbar dafür wäre.“
„Gewiss, Liebes, das hat keine Eile. Die restlichen Sachen kann ich Mrs Chadwick auch ein anderes Mal bringen.“
Über ihre Handarbeit gebeugt, bemerkte Ann nicht, dass Beth zufrieden lächelte.
Unglücklicherweise verlief der Abend nicht so, wie Beth erhofft hatte. Bei ihrem Besuch in Markham ergaben sich keine neuen Anhaltspunkte. Die rauen Stoffe der Männerkleidung rieben sich unangenehm an ihrer Haut. Und in den klobigen, viel zu großen Arbeiterstiefeln konnte sie kaum laufen. Die herbstliche Kälte ließ sie frösteln. Und zu allem Überfluss fluchte ihr Begleiter unentwegt, seit sie Ashworth House verlassen hatten.
„Um Himmels willen, Rudge, hören Sie auf zu jammern!“, befahl sie, als sie die
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