Historical Saison Band 08
besuchen.“
„Meine liebe Beth, du kannst nicht allein hier wohnen, ohne eine respektable Dame, die dir Gesellschaft leistet.“ Warnend fügte Ann hinzu: „Wenn du es trotzdem tust, wirst du für Klatsch und Tratsch sorgen.“
Kein einziges Mal hatte Beth erwogen, eine andere Gesellschafterin einzustellen, und sie bekundete ihr Desinteresse mit einem leichten Achselzucken. „Oh, ich werde noch genug Zeit finden, um darüber nachzudenken. Vielleicht bitte ich meine Tante Hetta um Hilfe, wenn ich den Frühling bei ihr in London verbringe. Sicher wird ihr das gefallen – sie liebt es, wenn man sie um Rat bittet. Und vielleicht kennt sie eine geeignete Person, eine entfernte Verwandte.“
„Mag sein“, meinte Ann, immer noch beunruhigt. „Jedenfalls würde sie es missbilligen, wenn du allein hier lebst. Und was wird Sir Philip sagen …?“
„Moment mal“, fiel Beth ihr erbost ins Wort. „Was das betrifft, hat er gar nichts zu sagen! Ich bin meine eigene Herrin und lasse mir von niemandem Vorschriften machen – nicht einmal von einem so guten Freund wie Philip.“
„Oh Beth“, murmelte Ann bestürzt. „Sobald ich euch beide zusammen sah, wusste ich Bescheid.“ Hastig zog Beth ihre schmale Hand unter Anns Fingern fort. „Als du mir erklärt hast, du würdest niemals heiraten“, sprach die Gesellschafterin unbeirrt weiter, „dachte ich, du hättest noch nicht den Richtigen gefunden – den Mann, den du lieben könntest. Wie ich mich getäuscht habe! Ein Leben lang kennst du ihn schon, nicht wahr?“
Langsam stand Beth auf und ging zur Tür. „Meine Beziehung zu Sir Philip steht nicht zur Debatte. Weder jetzt noch in der Zukunft“, verkündete sie mit klarer Stimme. Dann verließ sie das Zimmer, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Am nächsten Morgen fühlte Ann sich so weit genesen, dass sie den Salon aufsuchen konnte, auch wenn sie den ganzen Vormittag auf dem Sofa verbrachte, eine Decke über den Knien. Obwohl es klirrend kalt geworden war, kamen Freunde und Nachbarn zu Besuch, und eine der Damen hinterließ ein Paket mit alten Kleidern, für das Pfarrhaus bestimmt.
„Ich fürchte, Mrs Frobisher ist ein bisschen zerstreut“, bemerkte Ann, nachdem sie von der Haushälterin erfahren hatte, dass ein Paket für sie in der Halle lag. „Die Kleidungsstücke hätte sie auch zu den anderen packen können, die sie mir neulich brachte.“
Die Missstimmung vom Vortag war vergessen, und Beth warf ihrer Gesellschafterin einen spöttischen Blick zu. „Hast du die Frau noch immer nicht durchschaut, Ann? Du überraschst mich. Normalerweise bist du nicht so begriffsstutzig. Mrs Frobisher leidet keineswegs an Gedächtnisschwäche. Sie ist die schlimmste Klatschbase, die je das Licht der Welt erblickt hat. Sie kam absichtlich mit diesem zweiten Paket, denn sie weiß, du wirst es ins Pfarrhaus bringen und, da du so eng mit dem Reverend und seiner Gemahlin befreundet bist, viel mehr über den neuesten Dorfskandal erfahren als sie. Glaub mir, in ein oder zwei Tagen wird sie wieder hier auftauchen und sich scheinheilig erkundigen, ob du das Paket zu den Chadwicks gebracht hast. Nun, sie wird eine Enttäuschung erleben“, fügte Beth hinzu und erhob sich, das Kinn gereckt. „Denn ich werde mich selber hinbegeben, weil du noch zu schwach bist, um das Haus zu verlassen.“
„Willst du wirklich ausgehen?“ Besorgt blickte Ann aus dem Fenster. „Bei diesem Wetter? Der Himmel ist entsetzlich grau und verhangen. Und sieh nur, es hat sogar angefangen, ziemlich heftig zu schneien!“
„Keine Bange, ich werde mich warm anziehen.“ Entschlossen eilte Beth zur Tür. „Zum Lunch bin ich wieder da. Wenn ich mich verspäte, fang ohne mich zu essen an. Neulich erwähnte jemand den Wurf einer Spanielhündin. Wenn ich mich nicht zu lange im Pfarrhaus aufhalte, möchte ich mir die Welpen ansehen. Sicher weiß Mrs Chadwick, wem sie gehören.“
In ihren pelzbesetzten Umhang gehüllt, das Kleiderpaket unter dem Arm, trat Beth ins Freie. Fünfzehn Minuten später erreichte sie das Pfarrhaus und war froh, dass sie ihre wärmste Pelisse trug. Aus dem bleigrauen Himmel schneite es unablässig, und der eisige Ostwind wehte ihr handtellergroße Flocken ins Gesicht. Trotzdem beschloss sie, nachdem sie von Mrs Chadwick den Namen der Hundebesitzerin erfahren hatte, der verwitweten alten Dame einen Besuch abzustatten. Die Frau wohnte in einem Cottage in der schmalen Straße schräg gegenüber der Schmiede.
Abgesehen von einem
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