Historical Saison Band 08
einzelnen Fuhrwerk, das an der Ecke der Gasse hielt, war die Hauptstraße wie leer gefegt. Offenbar mochten die Dorfbewohner, die nicht arbeiteten, an einem so bitterkalten Tag das heimische Kaminfeuer nicht verlassen. Diese kluge Entscheidung hatte auch die ältere Dame getroffen, die Beth in ihre warme, gemütliche Küche führte. Dort tapsten die jungen Hündchen herum.
Da noch keiner der Welpen einen neuen Besitzer gefunden hatte, konnte Beth frei wählen. Drei waren Miniaturausgaben der hübschen Mutter, der Vierte glich einem zottigen grauen Fellball, was die Vermutung nahelegte, dass der Vater einer undefinierbaren Rasse angehörte. Doch ausgerechnet dieser Hund schloss Beth sofort ins Herz, schnüffelte an ihrem Rocksaum und versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Belustigt hob sie ihn auf den Schoß.
„Der kleine Kerl scheint Sie zu mögen, Miss“, meinte die alte Dame lächelnd. „Er ist der einzige Rüde im Wurf.“
Nicht ganz so begeistert, zögerte Beth, denn sie hätte eine der kleinen Hündinnen vorgezogen. Doch sie brachte es nicht über sich, das winzige Fellbündel abzuweisen, das so liebevoll zu ihr aufschaute. „Wahrscheinlich war der Vater kein Spaniel?“
„Nein, meine Liebe“, seufzte die alte Frau und musterte die Welpen resigniert. „Wäre er nicht mit von der Partie, hätte ich hoffen können, dass Major Websters Spaniel der Vater ist. Aber ich fürchte, der große haarige Köter vom Schmied hat sich zuerst über meine Kleine hergemacht.“
Beth unterdrückte ein Stöhnen. Sie hatte die Dienste des Schmieds inzwischen mehrmals in Anspruch genommen und kannte den Hund, der meist frei im Dorf herumlief. Bösartig war er nicht, aber ein ziemliches Ungetüm, und er bot gewiss keinen erfreulichen Anblick.
Anscheinend verriet Beth’ Miene ihre Bedenken, denn die alte Frau schlug ihr vor: „Überlegen Sie es sich, Miss. Wenn Sie eine der Hündinnen bevorzugen, werde ich sie gern für Sie verwahren. Allerdings sind die Jungen noch nicht so weit, dass sie ihre Mutter entbehren können.“ Schwerfällig stand sie vom Küchentisch auf. „Darf ich Ihnen was Warmes zu trinken anbieten, bevor Sie in dieser schrecklichen Kälte den Heimweg antreten?“
Beth hatte lange genug unter der Landbevölkerung gelebt, um zu wissen, dass es nicht anging, die Gefühle der alten Frau zu verletzen und ihre Gastfreundschaft abzulehnen. Bereitwillig nahm sie einen Becher Glühwein entgegen.
Mittlerweile eine Kennerin, wäre sie beim ersten Schluck fast erschauert, so stark war das Gebräu. Doch sie ließ sich nichts anmerken, und bald fand sie den heißen, aromatischen Holunderbeerwein sogar köstlich. Zumindest wärmte er sie innerlich auf.
Als sie den kleinen Hund auf den Boden setzte und aufstand, stellte sie fest, dass der Glühwein viel stärker war, als sie es geahnt hatte. „Oh Gott …“ Sekundenlang musste sie sich an der Stuhllehne festhalten. „Madam, Ihr Glühwein hat es wirklich in sich.“
„Ja, wenn man nicht dran gewöhnt ist, spürt man die Wirkung“, stimmte die Witwe zu und hob den kleinen Hund auf, der fest entschlossen schien, Beth nicht gehen zu lassen. „Nein, du dummes Ding, du bleibst hier“, schimpfte sie. „Die Dame hat noch gar nicht entschieden, ob sie dich haben will.“
„Stimmt. Aber offensichtlich hat er mich ausgesucht. Was bleibt mir also anderes übrig? Wohl oder übel muss ich ihn nehmen. Sobald er entwöhnt ist, hole ich ihn, Madam.“
Draußen in der Kälte spürte Beth die Wirkung des Glühweins noch deutlicher. Ihr schwindelte, und sie hatte das Gefühl, beim Gehen zu schwanken.
Sehr viel später gestand sie sich ein, dass sie tatsächlich betrunken gewesen sein musste. Sonst hätte sie auf den Karren geachtet, der ihr schon auf dem Hinweg aufgefallen war. Im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte hätte sie angesichts der Töpfe und Pfannen auf der Ladefläche zweifellos erraten, dass das Gefährt einem Kesselflicker gehörte.
Doch unter den gegebenen Umständen fand sie es nicht einmal merkwürdig, dass das Vehikel die Einmündung zur Hauptstraße versperrte, und sie versuchte sich auf dem schneebedeckten Trampelpfad am Straßenrand daran vorbeizuzwängen. Dabei fiel ihr Blick auf das ausgemergelte Gespannpferd und einen Moment später auf das hagere, unrasierte Gesicht des schwarzhaarigen Mannes auf dem Kutschbock. Erschrocken hielt sie den Atem an.
Kalte Angst stieg in ihr auf, doch es war zu spät. In der nächsten Sekunde traf sie ein harter
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