Historical Saison Band 08
scheinbar gelassen vor dem Kamin stand, den Arm auf das Sims gestützt. „Aber mit Ihrem beschädigten Sattelgurt hatte ich nichts zu schaffen.“
„Also wissen Sie davon.“
„Eines Abends kam Murslow in die Taverne und prahlte mit seiner Tat. Er behauptete, Sie würden es verdienen, weil seine Familie wegen Ihres Vaters ihr Zuhause verlor. Später erfuhr er, dass Sie nicht schwer verletzt wurden. Es ärgerte ihn maßlos. Er hatte gehofft, Sie würden sich wenigstens ein Bein brechen.“
„Und was ist heute passiert?“
„Ursprünglich wollte Murslow bei Ihnen einbrechen und Sie bestehlen, Sir. Um sich zu rächen … Ihr Geld will er, nicht Ihr Leben. Aber er fand es zu schwierig, in Ihr Haus einzudringen.“
„Deshalb hat er Miss Ashworth entführt?“ Nur die weiß hervortretenden Fingerknöchel an Philips zusammengeballter herunterhängender Hand bekundeten den Aufruhr seiner Gefühle. Seine Stimme klang so kontrolliert wie eh und je. „Um Lösegeld zu verlangen?“
Als Clegg nickte, mahnte der Viscount: „Sie müssen wiederholen, was Sie mir erzählt haben.“
„Heute Nachmittag wollte ich den Doktor besuchen. Doch der war nicht daheim, seine Familie auch nicht. Gerade hatte ich beschlossen, wieder zu gehen, da klopfte Murslow an die Küchentür und sagte, er würde mir gern was in seinem Karren zeigen. Ich dachte, er hätte gewildert oder so was …“ Clegg schluckte krampfhaft. „Wie mir bei Miss Ashworths Anblick zumute war, können Sie sich gar nicht vorstellen, Sir. Da lag sie, unter einer Decke …“
„Sie … sie ist doch nicht …“, begann Charles Bathurst, unfähig, den Satz zu beenden.
Hastig versicherte Clegg: „Sie hat geatmet, Sir. Aber sie war bewusstlos, gefesselt und geknebelt. Jedenfalls lebte sie, das schwöre ich.“
Philip seufzte erleichtert. „Was geschah dann?“
„Weil Murslow wusste, dass der Arzt nicht da war, verlangte er, ich sollte Miss Ashworth im Haus verstecken, einen Brief an Sie schreiben und Lösegeld fordern. Ich hatte ihm nämlich erzählt, dass ich lesen und schreiben kann. Das hat mir meine Frau Mary beigebracht. Doch ich sagte, darauf würde ich mich nicht einlassen, ich hätte schon genug für ihn getan. Und ich hätte was dagegen, wenn Frauen verletzt werden – noch dazu Miss Ashworth, die so gut zu mir war. Das werde ich ihr nie vergessen. Und so schlug ich Murslow vor, ich würde Ihnen Bescheid geben, Sir, wenn er mir die Dame anvertraut, und mir eine Geschichte ausdenken – ich hätte die ohnmächtige Miss Ashworth irgendwo gefunden. Ich sicherte ihm zu, dass ich ihn nicht verrate. Doch er ging nicht darauf ein. Wir fingen zu streiten an, und schließlich schlug er mich zusammen. Erst im Keller kam ich wieder zu mir.“
„Und Sie wissen, wohin er Miss Ashworth gebracht hat?“, fragte Philip.
„Da gibt’s ein halbes Dutzend Möglichkeiten. Zum Beispiel sein Cottage und seine Lieblingstaverne. Mit dem Wirt ist er gut befreundet, der hat ihm schon oft geholfen, die Diebesbeute zu verkaufen. Für Geld macht der Mann alles, dafür würde er sogar die junge Dame verstecken …“ Clegg dachte kurz nach. „Dann wäre da noch der Kerl, der für den Kerzenzieher arbeitet.“ Er wandte sich zu Rudge. „Den kennen Sie, den mit dem Rattengesicht, der dauernd zwinkert und oft mit Murslow rumhängt. Sein Vater hatte ein Cottage in Little Crompton, drei oder vier Meilen hinter Markham. Davon hat Murslow mal erzählt. Die Hütte ist ziemlich verfallen, eine Ruine. Aber der Stall soll noch recht stabil sein. Letztes Jahr hat ihn ein Farmer gemietet, um sein Vieh unterzustellen.“
Mit schmalen Augen musterte Blackwood seinen Diener. „Ich glaube, diesen Stall habe ich letzte Woche auf einem Ausritt gesehen. In Little Crompton wird die Gastfreundschaft des ortsansässigen Wirts von seiner sehr entgegenkommenden Tochter versüßt.“
Wenn die Anspielung auf die amourösen Abenteuer des Viscounts auch niemanden amüsierte, so hellte sie die Stimmung doch ein wenig auf.
„In diesem Fall sollten Sie sich in Little Crompton umsehen, während Rudge und ich Markham durchsuchen“, schlug Philip vor und griff zum Glockenstrang.
„Ich begleite Sie ins Dorf, Sir.“ Tapfer versuchte Clegg sich aus dem Sessel zu erheben.
Aber Blackwood hielt ihn an der Schulter fest. „Nein, Sie bleiben hier und warten auf den Arzt. Für heute haben Sie genug getan. Und wagen Sie nicht, vor meiner Rückkehr zu verschwinden!“
„Und ich?“, rief Bathurst.
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