Historical Saison Band 08
fiel ihr Blick auf das Porträt von Guys Ehefrau. Die Verstorbene schien spöttisch auf sie herabzuschauen.
„Sie war eine Schönheit“, hörte sie Annabell hinter sich sagen.
Erschrocken drehte Felicia sich um. „Ja, das war sie“, gelang es ihr ruhig zu erwidern.
Sie wollte unbedingt vermeiden, dass jemand merkte, wie ihr zumute war. Sie hatte sich schon genug gedemütigt, indem sie den Annäherungen von Viscount Chillings so hemmungslos nachgegeben hatte.
Annabell blickte sie mit zur Seite gelegtem Kopf an. „Sie waren von Kindesbeinen an ein Liebespaar. Oder genauer gesagt war Suzanne völlig in Guy vernarrt, seit sie gut genug laufen konnte, um ihm zu folgen. Er hat ihr erst sehr viel später Beachtung geschenkt.“ Sie lächelte. „Ich glaube, das ist immer so.“
„Vermutlich“, gab Felicia ihr recht.
„Dann hatte Suzanne ihre erste Saison in London“, fuhr Annabell fort. „Sie war der Stolz der Stadt. Jeder Mann machte ihr den Hof, sogar der Prinzregent, auch wenn ich behaupten möchte, dass seine Absichten alles andere als ehrenvoll waren. Dennoch konnte sie sich darauf zweifelsfrei etwas einbilden.“
„Das kann ich mir vorstellen.“ Felicia wollte, dass Annabell weitererzählte. Sie wollte alles über die Frau erfahren, die Guy geheiratet hatte, und alles über den jüngeren Guy, um den gegenwärtigen besser zu verstehen.
„Nun, Suzanne war nach wie vor unsterblich in Guy verliebt.“ Annabell trat näher an das Bild heran. „Der Maler hat sie gut getroffen. Zu diesem Zeitpunkt hat Guy endlich ihre außergewöhnliche Schönheit wahrgenommen und um sie geworben. Oder zumindest habe ich mir das immer gern so vorgestellt. Aber vielleicht begehrte er einfach nur das, was jeder Mann in seinem Bekanntenkreis für begehrenswert hielt.“
Felicia zwang sich, zu lächeln. „Bitte erzählen Sie weiter.“
Annabell nickte. „Er hielt um ihre Hand an, und sie nahm den Antrag an. Sie heirateten, und innerhalb eines Jahres war Suzanne guter Hoffnung. Alle waren glücklich.“
Felicia wusste, was dann geschah. „Er hat nie wieder geheiratet?“
„Nein, allerdings hatte er keinen Mangel an weiblicher Gesellschaft. Jetzt will er nur erneut eine Ehe eingehen, weil er einen Erben benötigt.“ Und leise fügte sie hinzu: „Ich dachte, dass sollten Sie wissen.“
Bevor Felicia etwas entgegnen konnte, drehte sich Annabell um und nahm am Frühstückstisch Platz, wo sie sich eine Tasse Tee einschenkte. Sie gab großzügig Sahne und Zucker dazu.
„Ich glaube, Suzanne würde Guy nur das Beste wünschen, weil sie ihn wirklich geliebt hat. Aber natürlich kann man sich in diesen Dingen verschätzen.“ Annabell trank einen Schluck und stellte die Tasse vorsichtig auf der Untertasse ab. „Sie war ein bisschen zu besitzergreifend, und vermutlich hätte das die beiden mit der Zeit auseinandergetrieben. Guy will immer seine eigenen Wege gehen.“
Felicia verstand, was Annabell ihr damit sagen wollte. „Ich danke Ihnen, Annabell. Ich werde das im Hinterkopf behalten.“
„Gut“, sagte Annabell und erhob sich. „Die Kutsche steht schon bereit. Guy hat mich geschickt, um es Ihnen zu sagen, und jetzt sollten wir uns beeilen. Er hasst es, zu warten, und inzwischen dürfte er sich draußen die Beine in den Bauch gestanden haben.“
„Aber er kann sich doch auch hier von mir verabschieden.“
Belustigt schaute Annabell sie an. „Wissen Sie es etwa nicht?“
„Was?“ Felicia beschlich eine Ahnung. „Er soll mich nicht begleiten.“
„Ich komme ebenfalls mit – als Anstandsdame.“
„Ich habe ihm gesagt, dass ich alleine reise.“
Annabell ließ die Arme sinken, um anzuzeigen, dass sie auf diese Entscheidung keinen Einfluss hatte. „Wenn er denkt, dass er das Richtige tut, ist er stur. Das war schon immer so.“ Sie lächelte wehmütig. „Ich erinnere mich noch gut daran, als einer der Bediensteten beschuldigt wurde, Tafelsilber gestohlen zu haben. Guy hielt ihn für unschuldig und bot unserem Vater die Stirn, um eine Bestrafung zu verhindern. Unser Vater war beeindruckt von Guys Entschlossenheit und wartete ab, bis der wahre Schuldige gefunden wurde.“
„Nicht viele hätten ihrem Vater wegen eines Bediensteten widersprochen“, bemerkte Felicia.
„Nein, aber Oswald ist meinem Bruder seither mehr als treu ergeben.“
Felicia sah sie erstaunt an. Dann erschien Oswald, um ihnen die Tür aufzuhalten. Sie lächelte ihm zu.
„Ich danke Ihnen für alles, was Sie für mich getan
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