Historical Saison Band 08
sehr gut. Deshalb möchte ich die Freundschaft unverzüglich erneuern.“
„Sicher wird sie sich freuen, Sie wiederzusehen, Sir Philip. Als wir gestern durch Ihren Park fuhren, erwähnte sie, dass Sie ihr erlaubt haben, die Abkürzung zu benutzen, weil Sie einander schon so lange kennen.“
Er nippte an dem Wein, den sie ihm eingeschenkt hatte. „Wenn ich eine Frage stellen darf, Ma’am – sind Sie mit Beth verwandt?“
„Natürlich dürfen Sie fragen, Sir. Ich bin eine bezahlte Gesellschafterin. Allerdings würde Beth es niemals so bezeichnen. Mein Mann war Major in der Armee, und ich folgte ihm nach Spanien. Nachdem er bei Talavera gefallen war, suchte ich eine Möglichkeit, nach England zurückzureisen, und hatte das Glück, dass Colonel Ashworth mich engagierte – weil seine Tochter unerwartet in Spanien eintraf.“
Philip hob die Brauen. „Unerwartet?“
„Nun, zumindest gewann ich den Eindruck. Aber ihre Anwesenheit war dem Colonel keineswegs unangenehm, ganz im Gegenteil. Und er tat alles, um sie zu schützen.“ Lächelnd schüttelte Mrs Stride den Kopf. „Nicht dass Beth viel Schutz brauchen würde … Wie Sie zweifellos wissen, Sir, kann sie so gut reiten und schießen wie die meisten Männer. Sie hat mir erzählt, das sei das Ergebnis ihrer etwas ungewöhnlichen Erziehung.“
„Oh ja, ihre Erziehung war sogar extrem ungewöhnlich. Von ihrem liebevollen Vater ermutigt, schockierte sie die ganze Grafschaft, weil sie sich wie ein Junge benahm.“
„Vermutlich waren Sie nicht schockiert, Sir“, bemerkte Mrs. Stride, nachdem sie Sir Philip aufmerksam gemustert hatte.
„Sie sind sehr scharfsinnig, Ma’am. Nein, ich hegte keine moralische Entrüstung, und ich fand den Entschluss des Colonels, Beth’ Erziehung seiner Schwester anzuvertrauen, sogar bedauerlich. In Lady Henrietta Barfields Obhut verlor Beth einen Teil ihres natürlichen Charmes.“
Mit diesen Worten schien er Ann Stride zu überraschen, doch ehe sie eine Frage stellen konnte, ging die Tür auf, und die junge Hausherrin stand auf der Schwelle.
Einige Momente lang sagte niemand etwas. Wie Ann erkannte, war ihre Freundin über die Anwesenheit des Besuchers in Kenntnis gesetzt worden, denn in ihren blauen Augen zeigte sich keine Verblüffung. Bethanys Miene wirkte völlig ausdruckslos, und so ließen sich ihre Gedanken nicht erraten. Als Sir Philip aufstand, musterte sie ihn ungeniert von Kopf bis Fuß.
Dagegen wirkte Sir Philip bei ihrem Anblick wenn nicht verblüfft, so doch erstaunt. Dann erinnerte er sich an seine Manieren, eilte zu ihr und ergriff ihre Hände. „Welch eine Freude, dich wiederzusehen …“ Die Stirn leicht gerunzelt, musterte er ihre ebenmäßigen Züge. Anscheinend wollte er sich vergewissern, dass der Wildfang, der ihn vor all den Jahren so schwärmerisch auf Schritt und Tritt verfolgt hatte, und diese selbstbewusste junge Dame ein und dieselbe Person waren.
Fast ein halbes Jahrzehnt hatte sie in Spanien verbracht und wegen des Krieges dort wohl so mancherlei Entbehrungen erlitten. Jene harten Zeiten hatten ihrem Gesicht eine reizvolle Reife verliehen. Ihre hellblauen Augen hielten seinem prüfenden Blick stand. Die gerade kleine Nase und die vollen Lippen hatten sich nicht verändert. Nur die Konturen ihres erhobenen Kinns erschienen ihm etwas prägnanter und deuteten auf eine neue Entschlusskraft hin.
„Wie gut du aussiehst, meine liebe Beth“, fügte er hinzu. Als er spürte, dass sie ihm ihre Hände entziehen wollte, ließ er sie sofort los.
„Du auch, Philip“, erwiderte sie und schenkte ihm ihr strahlendes Lächeln, bevor sie an ihm vorbei zu Mrs Stride ging. „Sag, Ann, habe ich nicht oft genug beklagt, wie ungerecht die Zeit ist, weil sie die meisten Männer bevorzugt? Andererseits wirkt sich eine gewisse Unmäßigkeit auf beide Geschlechter ungünstig aus … Da wir gerade davon reden – darf ich dich zu einem längeren Besuch verleiten, indem ich dein Weinglas nachfülle, Philip?“
Bereitwillig stimmte er zu. Ann lehnte das Angebot ab und entschuldigte sich mit der Erklärung, sie müsse in ihrem Schlafzimmer ein Nähgarn suchen, das farblich besser zu ihrer Handarbeit passte.
Nachdem sie den Salon verlassen hatte, bekam Beth’ Lächeln einen ironischen Zug. „Also wirklich, ich werde die gute Ann ermahnen und auffordern müssen, die Pflichten einer Gesellschafterin etwas ernster zu nehmen. Warum lässt sie mich mit einem begehrenswerten Junggesellen allein? Was hat sie sich
Weitere Kostenlose Bücher