Historical Saison Band 08
erhoben, seit seine Ahnen im siebzehnten Jahrhundert gegen die Anhänger Cromwells zu Felde gezogen und besiegt worden waren. Er konzentrierte sich wieder auf die Ankunft der jungen Dame, die er fast seit ihrer Geburt kannte. Und plötzlich erwachte seine Neugier, was nur mehr selten geschah. „Haben Sie Miss Ashworth auf Anhieb erkannt, Dodd? Dann hat sie sich anscheinend nicht allzu sehr verändert.“
„Ein bisschen schon, Sir. Richtig erkannt hab ich sie erst auf den zweiten Blick. Sie ist viel schlanker als damals, aber das strahlende Lächeln ist geblieben. Daran würde ich Miss Beth überall erkennen. Sogar den dunkelsten Tag würde es erhellen.“
„Da haben Sie recht, Dodd.“ Vor Philips innerem Auge erschienen Bilder aus der Vergangenheit, fast vergessene Erinnerungen an ein Mädchen, das in Breeches über das benachbarte Landgut galoppiert war. Damals hatte Bethany sich wie ein Junge aufgeführt, doch schließlich war Henrietta Stainton zu der längst überfälligen Einsicht gelangt, dass sie sich um die Erziehung ihrer Nichte kümmern musste. Die Verwandlung zu einer manierlichen jungen Dame glückte, bevor Bethany ihr Zuhause verließ – zu seinem Missvergnügen, wie er sich entsann. Und jetzt? War sie inzwischen verheiratet und Mutter geworden?
Aus unerklärlichen Gründen irritierte ihn der Gedanke. „Saß sie allein in der Kutsche, Dodd? Oder wurde sie von jemandem begleitet?“
„Kann ich nicht genau sagen, Sir. Die Kurzsichtigkeit, wissen Sie. Aber ich glaube, da war jemand bei ihr.“
Philip verabschiedete sich von dem alten Mann und machte sich auf den Rückweg nach Stavely Court. Aber auf halbem Weg wurde er zum zweiten Mal von ungewohnter Neugier erfasst – nicht zuletzt wegen der beunruhigenden Frage, ob Beth verheiratet war. Und so änderte er die Richtung und ritt durch den Park nach Westen.
Jenseits der Grenzmauer, in einem idyllischen Tal, lag das Dorf. Hier wohnten die meisten seiner Bediensteten. Weiß getünchte Cottages säumten die Hauptstraße, an deren Ende die kleine Kirche stand. Dahinter waren in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts mehrere Ziegelhäuser errichtet worden.
Ashworth House, das stattlichste der neueren Gebäude, erhob sich in einem großen Garten, von einer Eibenhecke gegen die Straße abgeschirmt.
Jahrelang hatte es für Philip keinen Grund mehr gegeben, hierher zu reiten. Als er in die Zufahrt bog, entdeckte er deutliche Spuren einer beklagenswerten Vernachlässigung. Der Garten wirkte verwildert, das Haus schien an einigen Stellen reparaturbedürftig.
Nachdem er abgestiegen war und sein Pferd an einem Pfosten festgebunden hatte, klopfte er an die Tür, die kurz darauf von der Haushälterin geöffnet wurde. Die Frau kannte ihn seit seiner Kindheit und machte keinen Versuch, ihre Freude über das Wiedersehen zu verbergen.
„Ah, Sir Philip! Wie lange ist es her, seit Sie zuletzt hier waren! Kommen Sie doch herein, Miss Beth wird sich freuen über Ihren Besuch. Im Moment ist sie mit diesem Mann unterwegs. Aber sie wollte zum Lunch wieder da zu sein.“
„Diesem Mann?“ In Philips Magengrube breitete sich ein beklemmendes Gefühl aus.
„Ja, Sir. Mr Rudge. Kümmert sich vorbildlich um sie, lässt sie kaum aus den Augen. Heute schauen sie sich Pferde drüben in Markham an, dort ist Markttag. Aber Mrs Stride ist da, eine sehr nette Dame. Sicher wird sie Ihnen bis zu Miss Beth’ Rückkehr Gesellschaft leisten. Wenn Sie bitte mitkommen wollen, Sir – ich mache Sie mit ihr bekannt.“
Verwirrt von den spärlichen Informationen, folgte Philip der Haushälterin in den Salon, in dem alles ein wenig verblichen wirkte. Vor dem Kamin saß eine Frau, die sich so heimisch zu fühlen schien, dass man sie für die Hausherrin hätte halten können.
Sie legte ihre Näharbeit beiseite und erhob sich. Philip schätzte sie etwa so alt wie seine Schwester, doch man sah ihr die Jahre nicht so deutlich an. Als sie ihn begrüßte, Platz zu nehmen bat und ihm eine Erfrischung anbot, merkte er zudem, dass sie gebildet war. Offensichtlich entstammte sie besseren Kreisen, denn sie schien sich in seiner Gegenwart kein bisschen befangen zu fühlen.
Dies alles verwirrte Philip noch zusätzlich zu den Fragen, die ihm durch den Sinn gingen. „Vergeben Sie mir, dass ich Ihnen so kurz nach Ihrer Ankunft die Aufwartung mache, Ma’am. Ausnahmsweise habe ich meiner Neugier gestattet, die Regeln der Höflichkeit zu missachten. Früher kannten Miss Ashworth und ich uns
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