Historical Saison Band 09
Ihnen im selben Bett zu verbringen.“
Das glaubte sie ihm unbesehen und war ganz unerwartet völlig lächerlicherweise enttäuscht darüber. Und obwohl seiner Miene nichts anzumerken war, fürchtete Esme plötzlich, er könnte ihr diese Enttäuschung ansehen.
Abrupt straffte sie die Schultern. „Wenn Sie mich berühren würden, würde ich Sie wegen versuchter Vergewaltigung vor den Richter zerren.“
„Das bezweifle ich“, meinte er, schon auf dem Weg zur Tür. „Denn das würde bedeuten, Sie müssten der Welt verraten, dass wir nicht wirklich verheiratet sind.“
Mit der Hand auf der Klinke hielt er inne und sah Esme mit einem geheimnisvollen Ausdruck in den Augen an. „Gute Nacht, mein kleiner Honigkuchen.“
Sobald er fort war, setzte Esme sich auf das Bett und rieb sich die schmerzenden Schläfen. Selbst Jamie zuliebe wusste sie nicht, wie sie die Gesellschaft eines so anmaßenden, aufreizenden Mannes ertragen sollte.
Der sie in so große Versuchung führte, dass sie sich selbst nicht mehr trauen konnte.
Offenbar bedauerte MacLachlann seine Enthüllungen, denn er zeigte genauso wenig ein Verlangen danach, sich mit ihr zu unterhalten, wie sie, während sie ihre Reise nach Schottland fortsetzten. Leider gelang es Esme nicht, ihn völlig zu übersehen. Tagsüber, während MacLachlann es sich in einer Ecke der Kutsche bequem machte und entweder schlief oder grübelnd aus dem Fenster starrte, konnte sie sich mit Überlegungen über die möglichen Ursachen für die finanzielle Lage von Catriona McNares Vater beschäftigen. Aber nachts, wenn sie in einem Gasthof weilten und ihre Rolle als Mann und Frau spielen mussten, erwies es sich als sehr viel schwieriger für sie, sich einfach vorzumachen, MacLachlann sei nicht da.
Zumindest beschwerte er sich nicht wieder über die Schlafregelung. Jeden Abend ging er in den Schankraum hinunter, während Esme sich zum Schlafengehen vorbereitete. Und er kehrte erst zurück, wenn sie schon im Bett lag und vorgab zu schlafen.
Allerdings täuschte sie es nur vor, um eine weitere Auseinandersetzung mit ihm zu vermeiden. Mehr als einmal wurde sie mit dem Anblick von MacLachlanns nacktem Rücken belohnt – oder vielmehr gequält –, der so muskulös und kräftig aussah. Nur einige wenige Narben zeichneten sich auf der sonst glatten Haut ab. Die Schultern und Arme waren so muskulös, als hätte er jahrelang die Ruder eines Bootes bedient. Oder geboxt und gefochten.
Alles an ihm war männlich stark und wohlgeformt.
Deswegen machte sie sich jetzt auch tagsüber viel zu oft bewusst, was sich unter seiner feinen neuen Kleidung verbarg, selbst wenn sie sich streng daran erinnerte, dass er immer noch Quintus MacLachlann war und sie beide eine Aufgabe zu erledigen hatten, die ihre ganze Aufmerksamkeit verlangte.
Doch endlich erschien Edinburgh Castle in der Ferne, und bald darauf auch die Stadt zu Füßen der Burg. Hier im Norden hielt der Frühling nur zaghaft Einzug. Erst an einigen wenigen Bäumen waren die ersten grünen Blattknospen zu sehen.
Esme war nicht überrascht, als die Kutsche die Richtung zur New Town einschlug. Dort wohnten der Landadel und höhere Adel seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Damals hatten sie die ältere Innenstadt verlassen, um in schönere, neuere Häuser umzuziehen.
MacLachlann sah immer noch mit finsterer, missvergnügter Miene aus dem Fenster. Entweder war er böse auf sie oder er machte sich ebenso Sorgen um den Erfolg ihrer Mission wie sie. Vielleicht weckte Edinburgh aber auch keine besonders erfreulichen Erinnerungen in ihm.
Die Kutsche hielt vor einem großen, eindrucksvollen Stadtpalais mit einem riesigen Oberlicht über dem Portal. Esme hatte damit gerechnet, dass das Domizil eines Earls groß und schön sein würde, aber einen Palast hatte sie nicht erwartet. Zweifellos gab es auf der hinteren Seite einen Garten und Stallungen für die Pferde.
„Trautes Heim“, meinte MacLachlann in Gedanken versunken, ohne dass irgendetwas an seiner Miene auch nur im Entferntesten an Freude erinnerte.
Die Tür wurde geöffnet, und ein Butler – angemessen streng und ernst – erschien auf der Schwelle.
MacLachlann stieß einen leisen Fluch aus, und bevor Esme fragen konnte, erklärte er: „McSweeney. Ist schon seit Menschengedenken bei unserer Familie.“
„Glauben Sie, er wird Sie erkennen?“, fragte sie entsetzt.
„Wenn ja, werden wir einfach leugnen müssen. Wenn nicht, wird er mir wahrscheinlich tunlichst aus dem Weg gehen.
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