Historical Saison Band 09
Schwester und ihre Freundinnen es getan hatten, hatte Miss Langford hart arbeiten müssen, um satt zu werden und sich hin und wieder ein einfaches Kleid anzuschaffen. Kein Wunder, dass sie so gar nicht hilflos und anlehnungsbedürftig wirkte. Ja, sie unterschied sich grundlegend von den jungen Damen, denen er täglich auf dem gesellschaftlichen Parkett begegnete. Sie hatte weder einen Vater noch einen Bruder, weder einen Gatten noch einen Vormund, der ihr zur Seite stand. Sie war es nicht gewohnt, sich auf andere zu verlassen. Sie hatte wahrhaftig ein bisschen Unterstützung verdient!
In diesem Moment betrat der Butler, gefolgt von einem Diener mit einem schweren Tablett, den Raum. „Euer Gnaden, Lady Harley ist soeben zurückgekehrt. Sie lässt Ihnen ausrichten, dass sie gleich hier sein wird.“
„Danke, Collins.“
Der Lakai stellte Geschirr, Tee und Gebäck auf den Tisch. Und Sophie nutzte die Gelegenheit, sich im Zimmer umzuschauen. Die Einrichtung im französischen Stil war ganz in verschiedenen Grün- und Cremetönen gehalten. Über dem Kamin hing ein Bild, das wohl der berühmte Turner persönlich gemalt hatte. Eine Menge wertvoller Porzellanfiguren war in einem Schrank mit großen Glastüren ausgestellt. Die Fenster des Raums öffneten sich auf einen Garten, der die ganze Farbenpracht des englischen Frühlings widerspiegelte. Auf einem Busch saß ein Vogel so still, dass man ihn ebenfalls für eine Porzellanfigur hätte halten können. Ein Zitronenfalter flatterte vorbei und ließ sich auf einer Blüte nieder, die um einen Ton dunkler war als er selbst.
Sophie wandte den Kopf und warf dem eleganten Hausherren einen kurzen Blick zu. Er wirkte so unnahbar, wie man es von einem Mitglied des Hochadels erwarten konnte. Aber hatte sie nicht mit eigenen Augen gesehen, wie er einen kleinen Jungen zum Lachen gebracht hatte? Verbarg er sein wirkliches Wesen? Fühlte sie sich deshalb so stark zu ihm hingezogen, weil sie hinter seine überhebliche Fassade geschaut hatte?
Die Tür wurde geöffnet, und eine in bernsteinfarbene Seide gekleidete Dame betrat den Salon. Lady Harley schien etwas älter zu sein als ihr Bruder. Und auch etwas freundlicher. Lächelnd ging sie auf die Gäste zu.
James Dersingham, Duke of Belfont, war sehr erleichtert über das Auftauchen seiner Schwester, der er die Besucherinnen sogleich vorstellte.
Sophie erhob sich und wollte gerade vor Lady Harley knicksen, als diese ihr beide Hände entgegenstreckte und rief: „Ich freue mich so, Ihre Bekanntschaft zu machen, meine Liebe! Setzen wir uns! Bestimmt haben Sie viel zu erzählen. Ach, ich brenne darauf, alles zu hören!“ Sie wandte sich Lady Myers zu und meinte entschuldigend: „Ich hoffe Sie verzeihen mir, dass ich mich unbedingt mit meiner … Cousine bekannt machen möchte.“ Dann fuhr sie, wieder zu Miss Langford hinschauend, fort: „Sie haben doch hoffentlich nichts dagegen, dass ich Sie Sophia nenne?“
„Meine Eltern haben mich Sophie gerufen“, gab diese mit einem Lächeln zurück, das ihr ganzes Gesicht veränderte.
Wer hätte gedacht, dass sie so hübsch ist, fuhr es dem Duke durch den Kopf.
„Wenn Mama mich mit Sophia ansprach, wusste ich gleich, dass ich irgendwie ihr Missfallen erregt hatte.“
„Nun, dann werde ich Sie selbstverständlich Sophie nennen!“ Und schon begann Harriet, ihre neue Cousine in eine lebhafte Unterhaltung über ihr bisheriges Leben zu verwickeln.
Mehrfach öffnete Lady Myers den Mund, um etwas zum Gespräch beizutragen. Doch Sophie, die fürchtete, die rundliche Dame würde womöglich etwas Nachteiliges über den verstorbenen Lord Langford sagen, brachte sie jedes Mal mit einem flehenden Blick zum Schweigen.
Der Duke lauschte interessiert. Und erst als Harriet bereits erfahren hatte, dass Sophies Onkel väterlicherseits sich geweigert hatte, seine Nichte anzuerkennen, meinte er: „Miss Langford hat die Absicht geäußert, sich eine Stelle als Gouvernante oder Gesellschafterin zu suchen.“
„Oh!“ Harriet lächelte verschwörerisch. „Möchten Sie das wirklich? Oder geht es Ihnen in erster Linie um Ihre Unabhängigkeit?“
Zu ihrem eigenen Erstaunen erwiderte Sophie das Lächeln. „Unabhängig zu sein, ist mir tatsächlich wichtig. Aber ich träume davon, ein Buch zu schreiben.“
„Einen Roman?“
„Nein, einen Reisebericht. In den letzten Jahren habe ich so viele interessante Menschen getroffen und so viele denkwürdige Gebäude, Kunstwerke und Ähnliches gesehen – Mama
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