Historical Saison Band 09
Nun, ich nahm also an …“
„Es ist stets ein Fehler, irgendetwas anzunehmen“, meinte er in Erinnerung daran, dass er geglaubt hatte, die Schreiberin jenes Briefes aus Neapel sei ein Kind. „Der vierte Duke war mein Vater. Er starb vor etwa einem Jahr.“
„Mein Beileid“, murmelte Sophie. Dann setzte sie lauter hinzu: „Denken Sie, er hätte mich freundlicher aufgenommen als Sie?“
Plötzlich schämte er sich. Gerade erst war ihm bewusst geworden, wie verletzlich Miss Langford war. Ihre wunderschönen Augen glänzten verdächtig, zweifellos, weil sie sich die größte Mühe gab, nicht zu weinen. Genau wie er hatte sie Probleme, die sie bedrückten. Er musste rücksichtsvoll vorgehen!
„Ich möchte mich für mein Benehmen entschuldigen“, sagte er. „Bitte lassen Sie uns die letzten Minuten vergessen und noch einmal von vorn beginnen. Ich würde Ihnen gern etwas anbieten.“ Er läutete und gleich darauf erschien ein Diener, der den Auftrag erhielt, Tee und Gebäck zu bringen. „Wenn ich geahnt hätte, dass Sie mir heute einen Besuch abstatten“, fuhr der Duke zu Lady Myers und Sophie gewandt fort, „hätte ich meine Schwester gebeten, als Gastgeberin zu fungieren.“
Lady Myers nahm auf dem eleganten mit blass grünem Brokat bezogenen Sofa Platz. „Sie sind nicht verheiratet, Euer Gnaden?“
„Nein.“
„Nun, unter diesen Umständen ist es verständlich, dass Sie keine junge Dame unter Ihrem Dach beherbergen können. Es sei denn …“ Lady Myers warf ihm einen hoffnungsvollen Blick zu, „Ihre Schwester würde bei Ihnen leben.“
„Lady Harleys Besitz liegt in Suffolk. Doch im Moment hält sie sich als mein Gast hier in London auf. Sie hat übrigens auch Ihren Brief beantwortet, Miss Langford.“
„Und was hat sie geschrieben? Dass meine Eltern gegen den Willen der Familie geheiratet haben und dass ich deshalb in England unerwünscht bin? Unterstellt sie mir, dass ich, da ich im Ausland aufgewachsen bin, nie gelernt habe, mich in der guten Gesellschaft zu bewegen?“
„Hat jemand etwas in dieser Art zu Ihnen gesagt?“
Es war Lady Myers, die erklärte: „Lord Langford vertritt derartige Ansichten.“
„Mein Onkel“, fügte Sophie hinzu.
„Oh!“ Damit war klar, dass er der jungen Dame nicht vorschlagen konnte, sich an ihre Verwandten väterlicherseits zu wenden. Armes Kind, dachte er und runzelte, erstaunt über diesen Gedanken, die Stirn. Himmel, sie war kein Kind mehr und wirkte eigentlich viel zu selbstbewusst und selbstständig, um Mitleid zu erwecken.
„Natürlich kann Miss Langford sich auf meine Unterstützung verlassen“, verkündete Lady Myers. „Allerdings weiß niemand, wie lange mein Gatte in England bleiben wird, ehe seine beruflichen Pflichten ihn erneut ins Ausland führen.“
„Ja, ich verstehe.“ Und das tat er wirklich. Lady Myers Versicherung war sicher ernst gemeint, aber sie entsprang lediglich ihrem Pflichtbewusstsein. Zweifellos wäre die Dame sehr erleichtert gewesen, wenn sie die Verantwortung für ihren Schützling hätte abgeben können. Das musste auch einer intelligenten jungen Frau wie Miss Langford bewusst sein.
Tatsächlich erklärte Sophie in diesem Moment: „Bitte, Mylady, machen Sie sich keine Sorgen um mich. Sie wissen, dass ich in der Lage bin, selbst für mich zu sorgen. Die Vorstellung, auf die Großzügigkeit anderer angewiesen zu sein, gefällt mir gar nicht. Viel lieber möchte ich mir eine Stellung suchen.“
„Eine Stellung?“, fragte Belfont schockiert.
„Ja, meine Erziehung ermöglicht es mir durchaus, eine Position als Gouvernante oder Gesellschafterin anzunehmen. Ich könnte mich auch als Lehrerin an einer Mädchenschule bewerben. Tatsächlich habe ich in Italien bereits unterrichtet.“
„Ach?“ Er wusste nicht recht, warum er das Thema nicht einfach fallen ließ. Wollte er prüfen, wie ernst es ihr damit war, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen? „Was können Sie denn unterrichten?“
„Ich habe Kindern die Grundlagen des Lesens und Schreibens beigebracht. Außerdem kenne ich mich in der Literatur recht gut aus. Auch spreche ich mehrere Sprachen: Französisch, Italienisch und ein bisschen Deutsch.“
„O Gott, ein Blaustrumpf!“, entfuhr es ihm.
„Das ist besser, als auf die Wohltätigkeit anderer angewiesen zu sein.“
Die Vorstellung, wie es sein mochte, als junge Dame ganz allein in der Welt zu stehen, überfiel ihn mit unerwarteter Macht. Statt das Leben genießen zu können, wie seine
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