Historical Saison Band 09
um sich als Begleiter anzubieten. Und allein macht alles nur halb so viel Spaß.“
„Könnte Ihr Gatte nicht mit Ihnen ausgehen?“
Harriets Lächeln verblasste. „Er ist 1809 in Portugal im Kampf gegen Napoleon gefallen.“
„Oh, das tut mir leid. Ich wusste nicht …“
„Sie konnten es nicht wissen. Ich bin jedenfalls froh, dass wenigstens mein Bruder den Krieg unbeschadet überlebt hat. Er hat ebenfalls gegen den Korsen gekämpft und ist erst vor einem Jahr, als er den Titel erbte, nach England zurückgekehrt.“
Sophie nickte verständnisvoll.
„Ich habe zwei reizende Töchter“, fuhr Harriet fort, „Beth und Olivia. Weil sie noch zu jung sind für die Vergnügungen, die London zu bieten hat, leben sie das ganze Jahr über auf unserem Landsitz in Suffolk. Wenn die Saison zu Ende ist, Sophie, sollten Sie die beiden unbedingt kennenlernen.“
„Danke, sehr gern.“
„Und nun möchte ich etwas über Sie erfahren! Haben Sie Napoleon einmal getroffen? Ich weiß, dass manche ihn für ein Ungeheuer halten, andere wiederum verehren ihn als Helden. Das allerdings kommt mir wie ein Mangel an Patriotismus vor.“
„Da haben Sie sicher recht! Ich selbst habe ihn nur einmal von Weitem gesehen und war nicht sehr beeindruckt. Aber ich habe viele andere interessante Menschen kennengelernt, denn Papa schloss rasch Freundschaften und brachte nicht nur Engländer, sondern auch Franzosen, Italiener, Österreicher und Schweizer mit nach Hause.“
„Über diese Treffen wollen Sie wohl in Ihrem Buch schreiben?“
Tatsächlich hatte sie sich darüber bisher keine Gedanken gemacht. Allerdings wusste sie, dass sie mit einem typischen Reiseführer nur wenig Erfolg haben würde. Denn davon gab es einfach schon zu viele. Einen Schwerpunkt auf die vielen ungewöhnlichen Menschen zu legen, denen sie begegnet war, würde das Buch von anderen unterscheiden und es für Leser und Leserinnen interessanter machen. „Ja“, sagte sie also, „ich werde allerdings sehr genau darauf achten, keine Namen zu nennen. Schließlich möchte ich niemandem zu nahe treten.“
„Es muss sehr aufregend gewesen sein, so viel zu reisen und die Welt kennenzulernen.“
„Ich fand es eher …“ Sophie senkte den Blick und unterbrach sich. „Als Mama starb …“
„Bitte, quälen Sie sich nicht“, beeilte Harriet sich zu sagen. „Ich kann mir gut vorstellen, wie schwierig es für Sie war. Doch nun sind Sie in London. Ach, ich brenne darauf, Sie neu einzukleiden und das gesellschaftliche Leben mit Ihnen zu genießen.“
„Aber, Mylady, ich …“
„Nennen Sie mich doch einfach Harriet. Schließlich sind wir verwandt, und ich wünsche mir sehr, dass wir Freundinnen werden.“
„Ihr Bruder scheint das etwas anders zu sehen.“
„Nun, tatsächlich ist James keineswegs so überheblich, wie er sich manchmal gibt. Ich glaube sogar, manchmal möchte er gar kein Duke sein. Können Sie sich ausmalen, wie viele heiratsfähige junge Damen, unterstützt von ihren Müttern, ihm nachstellen? Da muss er sich oft unnahbar geben. Trotzdem wird man ihn erst in Ruhe lassen, wenn er sich verlobt. Schade, dass er sich damit so viel Zeit lässt.“
„Er hat allen Grund, wählerisch zu sein. Seine Gattin wird schließlich Duchesse of Belfont.“
„Hm …“ Harriet erhob sich und glättete den Rock ihres blauen Taftkleides. „Richten Sie sich jetzt erst einmal ein. Ihr Gepäck haben die Dienstboten bereits hierher gebracht. Soll ich Ihnen eines der Hausmädchen zum Helfen schicken?“
„Nein danke, das wird nicht nötig sein.“ Ein wenig bedrückt dachte Sophie an den alten Koffer und die kleine Tasche, die all ihre Besitztümer enthielten.
„Das Essen“, fuhr ihre neue Freundin fort, „wird heute bereits um fünf serviert, da ich anschließend einer Einladung nachkommen muss. Morgen allerdings habe ich Zeit für Sie. Ich würde gern einen Einkaufsbummel mit Ihnen unternehmen.“
„Das ist sehr nett von Ihnen.“
Lady Harley verabschiedete sich, und Sophie widmete sich ihrem Gepäck. Innerhalb kurzer Zeit hatte sie alles ausgepackt. Als Letztes arrangierte sie ihre Schreibutensilien auf dem Schreibtisch und stellte eine Miniatur ihrer Mutter dazu.
Es klopfte, und ein Dienstmädchen, das sich als Rose vorstellte, trat ein. „Ich bringe Ihnen warmes Wasser. Lady Harley hat gesagt, ich soll Ihnen beim Ankleiden und frisieren helfen.“
„Danke“, murmelte sie. Am liebsten wäre sie gar nicht zum Dinner nach unten gegangen. Die
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