Historical Saison Band 09
einem glücklicherweise nur väterlich anerkennenden Blick. „Ihr gut aussehenden Burschen bekommt doch immer die schönsten Frauen.“
„So wie Sie auch, Mylord“, entgegnete MacLachlann ehrlich.
In seiner Jugend musste Lord Marchmont ein attraktiver Mann gewesen sein, und Lady Marchmont sah man heute noch an, dass sie eine wahre Schönheit gewesen sein musste. Auch jetzt war sie noch schön, doch im Gegensatz zu vielen anderen Frauen, ließen ihre Züge auch auf Weisheit schließen.
Der Zeremonienmeister trat heran und flüsterte Lord Marchmont etwas ins Ohr. Dieser nickte und wandte sich an seine Frau: „Es wird Zeit, den Ball zu eröffnen, meine Liebe.“
Die Gastgeber begaben sich auf das Tanzparkett, und Esme zog sich unwillkürlich zur Wand zurück. Jamie hatte versucht, ihr das Tanzen beizubringen, als sie sich auf dieses Unternehmen vorbereitet hatten, aber sie fühlte sich noch sehr unsicher und wollte nicht ungeschickt erscheinen vor allen Leuten.
Auch MacLachlann legte wohl keinen besonderen Wert darauf, mit ihr zu tanzen, doch plötzlich nahm er ihren Arm.
„Ich möchte nicht tanzen!“, flüsterte sie ihm zu.
„Beruhigen Sie sich, meine Liebe. Das war auch gar nicht meine Absicht. Kommen Sie mit.“
Er klang entschlossen, nicht verführerisch, und da Esme keine Aufmerksamkeit auf sie ziehen wollte, erlaubte sie ihm, sie auf die Terrasse hinauszuführen, wo die Luft – im Gegensatz zu der im Saal – angenehm frisch war. Wo sie von niemandem gesehen werden konnten. Wo sie fast alles tun konnten …
„Warum werden Sie von allen angestarrt, als hätten Sie versucht, das Silber zu stehlen?“, fragte er streng und ließ sie los. „Oder liegt es an mir? Habe ich einen Flecken auf der Weste, ist mir der Knoten des Krawattentuchs misslungen?“
Esme seufzte. „Ich habe vorhin im Damenraum die Beherrschung verloren und war ein wenig zu unverblümt mit meinen Äußerungen.“
„Unverblümt? Was haben Sie gesagt?“
Sie wollte nicht antworten, und es gehörte sich auch nicht, dass sie länger allein im Dunkeln verweilten. „Es ist kaum die Zeit oder der Ort für eine solche Vernehmung.“
„Ich muss wissen, was Sie gesagt haben, um vorbereitet zu sein, falls mich jemand darauf anspricht.“
Leider hatte er recht.
Zuerst würde sie ihm allerdings die Umstände erklären, damit er verstehen konnte, was sie dazu getrieben hatte, so zu antworten. „Miss Blackmure und Lady Ponsenby wollten etwas über Sklaven wissen. Es war leider nur allzu offensichtlich, dass sie vorwiegend an den männlichen Sklaven und deren körperlichen Attributen interessiert waren, nicht an ihrem Leid. Ich konnte meine Abscheu nicht verbergen und antwortete entsprechend.“
Er runzelte die Stirn. „Haben Sie etwa so wie jetzt geklungen?“
„Wenn Sie meinen, ob ich wütend war, ja, das war ich.“
„Ich meinte, benutzten Sie solche Wörter? Vernehmung und Attribute.“
„Nun, ich erinnere mich nicht genau, was ich sagte“, gab sie zu.
„Daran lässt sich auch nichts mehr ändern“, meinte er resigniert. „Wollen wir hoffen, dass Ihre leidenschaftliche Antwort für einen einmaligen Ausrutscher gehalten wird.“
„Aber wenn sie nun misstrauisch werden? Was sollen wir dann tun?“
MacLachlann zuckte die Achseln. „Es schamlos leugnen.“ Er ließ den Blick über sie gleiten. „Es gehört ja auch eine gewisse Schamlosigkeit dazu, ein solches Kleid zu tragen.“
Sie errötete in tiefer Verlegenheit. „Die Schneiderin sagte, es sei gerade die Mode“, verteidigte sie sich. „Ich schlug vor, wir sollten die Rückenpartie irgendwie zudecken, aber sie meinte, das würde den Gesamteindruck ruinieren. Ich weiß, ich hätte eine Stola umlegen sollen.“
„Ich wollte Sie nicht bekümmern“, sagte er allem Anschein nach in voller Aufrichtigkeit. „Es ist ein hübsches Kleid, ein sehr hübsches.“ Er lächelte. „Ein Mann hat es nun mal nicht gern, wenn so viel von seiner Frau zu sehen ist.“
Er stand ganz dicht neben ihr. Etwas schien sich verändert zu haben. Esme war, als würde es plötzlich wärmer werden, als könnte sie nicht richtig atmen. „Ich bin nicht Ihre Frau.“
„Das möchte ich selbst vor mir nicht zugeben“, sagte er mit leiser, heiserer Stimme.
Er war ihr so nahe, dass sie ihn atmen hören und den Duft nach seinem Rasierwasser wahrnehmen konnte. Sie brauchte sich nur auf die Zehenspitzen zu stellen, um ihn zu küssen.
Aber das ging natürlich nicht. Es wäre falsch. Selbst
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