Historical Saison Band 09
englischer Gentlemen ihnen ähneln, wenn er und vielleicht auch seine Frau und Kinder mehrere Monate lang in einem Schiff eingesperrt wären, wo man sie halb verhungern lassen und schlagen würde. Und sobald sie Land erreichten – wenn sie dann noch am Leben wären – würde man sie schuften lassen bis zum Umfallen. Ich frage mich, wie es Ihnen unter solchen höchst unglücklichen Umständen ergehen würde.“
Sie war kurz davor, einige der Grausamkeiten zu beschreiben, die weibliche Sklaven über sich ergehen lassen mussten, hielt sich aber zurück. Diese albernen Gänse würden womöglich noch ohnmächtig werden.
Tatsächlich war Miss Blackmure so rot geworden wie ihr Kleid. Lady Ponsenby hingegen war leichenblass.
„Ich glaube, Lady Ponsenby braucht Ihre Hilfe“, sagte Esme zu dem Mädchen mit dem Riechfläschchen und wandte sich zum Gehen. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich wieder wie sie selbst und bereit, selbst einem Löwen in seiner Höhle zu trotzen.
Oder Quintus MacLachlann in einem Ballsaal.
Lady Marchmonts eleganter Ballsaal wurde von Kerzen in zwei großen Kristalllüstern und mehreren Wandleuchtern festlich erhellt. Das Licht wurde von bis zur hohen Decke reichenden Spiegeln zurückgeworfen, die eine ganze Wand einnahmen. Esme stand an der Tür, sah sich unter den Versammelten um und konnte MacLachlann nirgendwo erblicken.
Sie konnte nicht eintreten, wenn sie nicht öffentlich angekündigt wurde, und sie konnte nicht angekündigt werden ohne ihren Gatten.
Während sie den Raum weiterhin nach MacLachlann absuchte, begann sie ihre unbeherrschte Reaktion auf die albernen jungen Damen zu bedauern. Sie hätte ihren Zorn unterdrücken sollen. Jetzt würde man womöglich Misstrauen schöpfen, dass sie so vehement für die Sklaven eingetreten war.
Männerlachen erklang aus einem der Salons, die an den Ballsaal angrenzten. In der Hoffnung, MacLachlann dort vorzufinden, klopfte Esme an die Tür. Ein gedrungener Mann öffnete ihr.
Er schien erstaunt, sie zu sehen, oder vielleicht war er auch empört darüber, dass eine Frau es wagte, eine männliche Zusammenkunft zu unterbrechen. Schnell verfiel sie wieder in ihre Rolle. Sie klimperte mit den Wimpern und lächelte. „Ist Lord Dubhagen hier?“
„Die Pflicht ruft!“, hörte sie MacLachlann sagen, und im nächsten Moment erschien er gelassen an der Tür, die Daumen in die kleinen Taschen seiner dunkelgrünen Satinweste gehakt. „Mit dem Kleid wieder alles in Ordnung, mein kleiner Honigkuchen?“
„Ja“, antwortete sie nur knapp, da die Tür weiter aufgerissen wurde und jetzt auch die übrigen Männer sie mit unverhohlener Neugierde betrachteten. „Wollen wir in den Ballsaal gehen?“
„Bis später, Gentlemen“, rief MacLachlann leutselig, nahm Esmes Arm und geleitete sie zum Ballsaal.
Doch kaum hatten sie den Salon verlassen, wurde seine Miene wieder ernst, als wäre er am liebsten ganz weit fort von hier und ganz weit fort von ihr.
Jetzt war sicher nicht der beste Zeitpunkt, um ihm von ihrer Unterhaltung mit den beiden jungen Damen zu beichten. Später war dazu auch noch Zeit. Oder sie verriet es ihm überhaupt nicht.
„Der Earl of Dubhagen, die Countess of Dubhagen“, verkündete der Zeremonienmeister. Gemeinsam betraten sie den Ballsaal, der in der Zwischenzeit sogar noch voller geworden war.
Esme bemerkte Lady Ponsenby und Miss Blackmure, die den Gentlemen an ihrer Seite hinter vorgehaltenem Fächer etwas zuflüsterten, ohne den Blick von ihr und ihrem angeblichen Gatten zu nehmen. Sie konnte sich vorstellen, wovon die Rede sein musste.
Doch was auch geschah, sie und MacLachlann verhielten sich, als wäre alles wunderbar, als sie ihre Gastgeber begrüßten. Lord Marchmont, ein gesund aussehender Mann mittleren Alters, trug einen vorzüglich geschnittenen Abendfrack. Lady Marchmont sah heute besonders geschmackvoll gekleidet aus in einem burgunderroten Samtkleid mit goldfarbener Spitze. Sie begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln.
„Entzückt, meine Liebe, wirklich entzückt“, sagte Lord Marchmont, bevor er sich an MacLachlann wandte. „Sie haben sich zu Ihrem Vorteil verändert, Dubhagen, muss schon sagen. Und man behauptet zwar, die tropische Hitze sei schädlich für eine Frau, aber Ihre Gattin ist aufgeblüht wie eine Rose.“
„Sie ist in jedem Klima schön, Mylord“, erwiderte MacLachlann galant, und Esme gab sich Mühe, so albern wie möglich zu lächeln.
Der ältere Herr betrachtete sie mit
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