Historical Saison Band 09
rechtzeitig, wie unklug das gewesen wäre. Cariotti sollte nicht wissen, wie viel Sophie ihm bedeutete. Und er sollte erst recht nicht auf die Idee kommen, dass man ihn der Spionage verdächtigte. Also meinte er höflich: „Bitte, sagen Sie dem Conte, der Duke of Belfont möchte ihn sprechen.“
Mrs Davies knickste, nahm ihm den Hut ab und wiederholte, sie müsse nachschauen, ob der italienische Herr daheim sei.
Ungeduldig ging James in der Eingangshalle auf und ab. Endlich – es kam ihm vor, als sei eine halbe Ewigkeit vergangen – tauchte die Hauswirtin wieder auf und erklärte: „Euer Gnaden, der Conte ist bereit, Sie zu empfangen. Er erwartete Sie im Salon, das ist im ersten Stock die zweite Tür links. Soll ich Ihnen eine Erfrischung hinaufschicken?“
„Nein danke, ich werde mich nicht lange aufhalten.“ Er wandte sich zur Treppe und zwang sich, nicht zu rennen, sondern langsam hinaufzusteigen.
Cariotti begrüßte ihn höflich. Wenn der Besuch ihn erstaunte, so ließ er sich das nicht anmerken. „Bitte nehmen Sie Platz!“
Obwohl er den Conte am liebsten gewürgt und geschüttelt hätte, setzte Belfont sich. „Ich glaube, mein Mündel hat Sie gestern aufgesucht“, eröffnet er das Gespräch.
„Das ist richtig.“ Cariotti lächelte zufrieden. „Da wir verlobt sind und bald heiraten werden, sehe ich darin kein Problem.“
„Für eine Eheschließung benötigt Miss Langford meine Erlaubnis.“
„Das glaube ich kaum. Schließlich hat ihr Vater bereits seine Einwilligung gegeben.“
„Er ist tot, und Miss Langford steht nun unter meinem Schutz.“
„Nur, weil sie vor mir in England eintraf und ein Dach über dem Kopf brauchte. Es war naheliegend, dass sie ihren Cousin, den einflussreichen Duke, um Hilfe bat, nicht wahr? Und klug war es auch. Denn dadurch hat sie sich selbst ebenso wie mir die Aufnahme in die besten Kreise gesichert. Sehen Sie, es gibt manches, was Sophie und mich verbindet. Unsere Mütter – meine war ebenfalls Engländerin – hatten ein ähnliches Schicksal zu tragen. Beide wurden sehr ungerecht behandelt. Nun erhoffen wir uns eine Art Wiedergutmachung.“
James war schockiert. War Sophie von Italien nach England gekommen, weil sie mit dem Schicksal haderte und sich finanzielle Vorteile erhoffte, wenn sie sich bei den Verwandten ihrer Eltern meldete? Nein, das war unvorstellbar! Vor allem, nachdem sie Belfont House so überstürzt verlassen hatte. Wenn es ihr um Rache oder auch allein um materielle Sicherheit gegangen wäre, wäre sie geblieben, solange sie mit Unterstützung rechnen konnte.
Laut sagte er: „Wenn es so vorteilhaft für sie war, in meinem Haus zu leben, warum hat sie es dann verlassen?“
„Sie ist fort?“ Die Stimme des Conte klang gelangweilt.
Dennoch war dem Duke sofort klar, dass Cariotti keine Ahnung hatte, wo Sophie stecken mochte. Er empfand eine tiefe Erleichterung darüber. „Sie scheint ein großes Bedürfnis nach Unabhängigkeit zu verspüren. Und nun da ihr Reisebericht veröffentlicht wird, glaubt sie, ein eigenständiges Leben führen zu können.“
„Sie hat einen Verleger für ihr Buch gefunden?“ Jetzt konnte der Conte sein Interesse nicht mehr verheimlichen.
„Ja. Der Verleger ist offenbar ganz begeistert von dem Manuskript.“
„Dann befindet es sich wohl bei ihm?“
„Nein. Miss Langford hat es mir zur sicheren Aufbewahrung übergeben. Sie möchte kein Risiko eingehen.“ Während er sprach, beobachtete er Cariottis Gesicht ganz genau. Und tatsächlich huschte ein besorgter, beinahe ängstlicher Ausdruck darüber. James hätte zufrieden sein können, denn das bewies hinlänglich, dass der Conte in irgendwelche dunklen Geschäfte verwickelt war. Zweifellos fürchtete der Italiener, Sophie könne etwas darüber wissen.
Tatsächlich jedoch war Belfort jetzt in noch größerer Sorge um Sophies Wohlergehen als zuvor. Er musste sie möglichst rasch finden! Also erhob er sich, um sich zu verabschieden.
Schweren Herzens stieg er kurz darauf in seinem Phaeton. In Bezug auf Sophies Aufenthaltsort war er bisher keinen Schritt weitergekommen. Ob sie noch einmal ihren Verleger aufgesucht hatte? In der Hoffnung, von Murray mehr zu erfahren, machte James sich auf den Weg zu ihm.
Mr Murray empfing ihn sofort, konnte ihm jedoch lediglich mitteilen, dass Miss Langford nur ein einziges Mal, nämlich am Tag zuvor, bei ihm gewesen war. Man sei übereingekommen, gewisse Änderungen an dem Manuskript vorzunehmen. In zwei Wochen habe
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