Historical Saison Band 12
ihn warten. Ist die Sonne erst untergegangen, sind die Landstraßen für einen Stadtmenschen wie mich ein wenig zu dunkel und schmal.“
Lexi war erleichtert. „Ich werde Richard sagen, dass du ihn sprechen wolltest“, versicherte sie. „Und gewiss werden wir dich auch bald wieder besuchen.“
Als Mark sich verabschiedete, hielt er ihre Hand länger als nötig fest. „Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?“, fragte er besorgt.
„Natürlich“, antwortete sie eine Spur zu schnell.
Er runzelte die Stirn. „Du weißt, ich würde alles für dich tun. Ich schulde dir etwas.“
„Das ist Unfug. Du schuldest mir gar nichts. Außerdem könntest du auch gar nichts für mich tun. Richard und ich sind glücklich miteinander.“
„Na schön.“ Mark war offensichtlich nicht überzeugt. „Aber wenn ich etwas für dich tun kann, lass es mich wissen. Ich möchte, dass du nicht nur einen Vetter in mir siehst, sondern einen Freund.“
Lexi entzog ihm rasch ihre Hand. „Das tue ich. Gute Nacht, Mark. Komm gut nach Hause.“
Mark ging und ließ Lexi allein mit ihren Gedanken zurück, die keineswegs so angenehm waren wie vor seinem Besuch. Rastlos ging sie im Salon auf und ab, sich inständig wünschend, Richard würde endlich kommen und ihre Befürchtungen mit liebevollen Küssen zerstreuen.
Ob mit Absicht oder nicht, Richard war es gelungen, sie die herausgerissene Seite vergessen zu lassen. Nach einer Weile traf sie eine Entscheidung. Sie würde hinaufgehen, sich umziehen und sich anschließend noch einmal den Inhalt seines Sekretärs ansehen. Sie musste diese Tagebuchseite finden! Sie wollte endlich erfahren, was darauf geschrieben stand.
Ihre Ungeduld nur mühsam bezwingend, ließ sie sich von ihrer Zofe frisieren. Kaum hatte Cissie das Zimmer verlassen, schlüpfte sie durch die Seitentür in Richards Gemächer. Im Ankleidezimmer traf sie auf Phillips, der die Kleidung für seinen Herrn zurechtlegen wollte.
„Lord Deverell verspätet sich“, sagte Lexi. „Es ist wohl besser, Sie kommen in einer Stunde wieder.“
Der Kammerdiener verbeugte sich und ging. Sich in der Sicherheit wiegend, dass sie nun ungestört sein würde, betrat Lexi das Schlafzimmer und holte den Schlüssel für den Sekretär. Nachdem sie die Klappe geöffnet hatte, durchsuchte sie fieberhaft eine Mappe nach der anderen. Die fehlende Seite musste hier irgendwo sein, sie musste einfach. Ihre Enttäuschung wuchs mit jedem Augenblick, schließlich aber fand sie doch noch, wonach sie gesucht hatte.
Beinahe im selben Augenblick vernahm sie Richards Stimme, dieses Mal zum Glück von der anderen Seite der Tür. „Alexandra, wo bist du?“
Sie hörte, wie er die Tür zu ihrem Schlafgemach öffnete. Gleich würde er sie finden. Rasch steckte sie die Seite in ihr Dekolleté, stopfte die Mappen in den Sekretär zurück und schloss die Klappe. Dann lief sie zum Frisiertisch hinüber, um den Schlüssel zurückzulegen. Im selben Augenblick betrat Richard das Zimmer. Hastig nahm sie seine Taschenuhr in die Hand.
„Die ist sehr schön“, sagte sie und hielt sie hoch, während er mit langen Schritten zu ihr herüberkam.
Er schenkte ihren Worten keine Beachtung, zog sie in seine Arme und küsste sie innig. „Oh Himmel, ich habe schon gedacht, ich käme nie zurück. Ich sollte dem armen Harmond einen Rat geben und konnte doch nur daran denken, dass du hier auf mich wartest. Hast du mich vermisst?“
Ein Sturm widerstreitender Gefühle tobte in ihrem Inneren, und sie nickte wortlos.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe“, sagte er und schmiegte sein Gesicht an ihr Haar. „Zeit, die ich von dir getrennt bin, ist vergeudete Zeit. Ist Mark noch lange geblieben?“
„Bis kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Er hat so lange gewartet, wie er konnte.“
„Ich bin froh, dass du Gesellschaft hattest. Aber zum Glück sind wir jetzt wieder allein. Wie ich sehe, bist du schon fürs Dinner umgezogen. Wir könnten es uns auch heraufschicken lassen. Würde dir das gefallen?“
„Was würden die Dienstboten dazu sagen …“
„Ach, vergiss die Dienstboten. Ich möchte mit meiner Gemahlin allein sein, ihr nahe sein und nicht meilenweit von ihr entfernt an einem Dinnertisch sitzen, während Hunderte von Lakaien ein- und ausmarschieren.“
Lexi musste lachen. „Richard! Das Dinner wird im Kleinen Speisezimmer serviert, und zwar nur von Kirby und einem weiteren Lakaien. Und was würde wohl Mrs Chowen von uns
Weitere Kostenlose Bücher