Historical Saison Band 12
verzweifelter Narr. Er hat es natürlich des Geldes wegen getan. Hat zu viel Zeit an den Spieltischen verbracht und leichtsinnige Einsätze gemacht, die er sich nicht leisten konnte. Er hatte hohe Spielschulden.“ Er lachte. „Eine Schande, dass er nicht Ihr Glück im Spiel besaß, eh? Man konnte ihm natürlich nie wirklich etwas nachweisen. Es wurde alles vertuscht. Nicht ein Wort drang an die Öffentlichkeit.“
Richard versteifte sich. „Was ist mit ihm geschehen?“
Sir Charles sah schuldbewusst aus. „Oh Himmel, wussten Sie das nicht? Wenn ich geahnt hätte, dass Sie nicht informiert sind, hätte ich nichts gesagt. Ich dachte, er sei Ihr Freund gewesen?“
Richards Herz sank. Würde er nun zu hören bekommen, dass all seine Bemühungen, Johnnys Ruf zu schützen, vergeblich gewesen waren? Doch zu seiner Erleichterung fuhr Sir Charles fort: „Oh, das habe ich ja ganz vergessen. In dieser Zeit ist ja Ihr Freund Rawdon verstorben, und Sie haben der Familie beigestanden. Kurz danach sind Sie nach Brüssel versetzt worden. Eine traurige Geschichte. Johnny Rawdon war ein netter Bursche! Haben Sie nicht seine Schwester geheiratet? Hübsches Mädchen. Meinen Glückwunsch, alter Knabe. Sie haben offenbar ebenso viel Glück in der Liebe wie im Spiel. Hat Lady Deverell Sie nach London begleitet?“
„Ja. Und danke. Aber Sie sagen …“
„Was?“
„Über den Spion?“
„Oh, das! Aber Spion wäre wohl zu viel gesagt, Deverell. Man kann Henry Seymour keinen Spion nennen. Er war einfach verflucht töricht. Soweit wir feststellen konnten, hat er den Franzosen nie wirklich wichtige Dokumente zugespielt.“
„Was geschah mit ihm?“
„Seymour hatte ein paar einflussreiche Kontakte, und die haben dafür gesorgt, dass alles vertuscht wurde. Und ehrlich gesagt standen wir auch nicht gerade gut da, deshalb war auch uns daran gelegen, alles geheim zu halten.“
„Und?“
„Wir haben ihn gebeten, in Ruhestand zu gehen. Als diese Angelegenheit aufgedeckt wurde, hat er sich nicht in London aufgehalten. Er war bereits nach Dulwich gereist, auf seinen Landsitz, und wir haben ihm mitteilen lassen, dass er niemals wieder zurückkommen solle. Das lief natürlich alles sehr diskret ab.“
„Es war also Seymour. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.“
Sir Charles sah besorgt drein. „Das werden Sie doch für sich behalten, Deverell? Inzwischen ist Gras über die Sache gewachsen, und man vergisst das Ganze am besten.“
„Natürlich.“
Nach dem Gespräch mit Sir Charles ging Richard nach Hause. Der Morgen dämmerte bereits, doch die nächtliche Arbeit an den Spieltischen hatte Früchte getragen. Ein kleines Samenkorn der Hoffnung war dem entsprungen. Was auch immer Johnny getan oder nicht getan haben mochte, zumindest war er nicht der Spion, nach dem alle gesucht hatten. Und dies galt es ebenso zu bedenken wie die Frage nach der fehlenden Geldbörse.
Lexi wachte erst spät auf und stellte verstimmt fest, dass Richard bereits ausgegangen war. Sie musste allein frühstücken. Wo war er? Sie sehnte sich nach ihm, wollte, dass er sich ihr wie zuvor von seiner zuversichtlichen, fröhlichen Seite zeigte, wollte seine Leidenschaft und Empfindsamkeit wieder spüren. Er war wie ihre zweite Hälfte gewesen, aber sie hatte ihn verloren, und nun behandelte er sie mit kühler Reserviertheit und wollte keine Nähe mehr zulassen, vielleicht niemals wieder.
Kaum hatte Lexi ihr Frühstück beendet, kam Lady Wroxford vorbei, musterte sie kurz und verkündete, sie wolle mit ihr einen Einkaufsbummel unternehmen. „Auch wenn wir das Pferd von hinten aufzäumen, du benötigst eine Aussteuer. Ich nehme nicht an, dass du dich vor deiner Hochzeit um solche Dinge kümmern konntest.“
„Ich habe noch einige hübsche Kleider von meinem Debüt, Tante.“
„Die sind längst aus der Mode gekommen. Trotz deiner Trauer solltest du dich nach der neuesten Mode kleiden. Zwar sehe ich dir an, dass dich etwas bedrückt, aber meiner Erfahrung nach ist Einkaufen die beste Medizin gegen Kummer. Du wirst sehen, deine Stimmung wird sich im Nu heben.“
In diesem Augenblick betrat Richard das Zimmer.
„Das ist sehr freundlich, Tante“, sagte Lexi und sah ihn bedeutungsvoll an. „Aber können wir unseren Einkaufsbummel auf morgen verschieben? Richard hat versprochen, mir einige von Johnnys Freunden vorzustellen.“
Ihre Patin lachte. „Mein liebes Mädchen, die werdet ihr so früh am Tage wohl kaum antreffen. Wenn sie nicht noch im
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