Historical Saison Band 12
verheiratet zu sein als jetzt.
Lord Wexin kehrte im Dunkeln nach Parronley zurück, nachdem er einen ermüdenden Abend mit Gutsherr Hay verbracht hatte. Er betrat das nach langem Leerstand muffig riechende Haus und sah, dass der betagte Butler auf einem Stuhl im Vestibül eingenickt war.
„Kommen Sie her, Mann!“, befahl Wexin laut. „Nehmen Sie mir die Sachen ab!“
Mühsam rappelte sich der alte Mann auf. „Mylord“, murmelte er, nahm Hut und Handschuhe entgegen und fing den Umhang auf, der ihm entgegengeschleudert wurde. „Mylord, ein Mann ist gekommen, während Sie unterwegs waren.“
„Ein Mann?“ Wexin hob die Brauen.
„Jawohl, Sir“, bestätigte der Butler. „Er meinte, Sie wollten ihn sprechen. Ein gewisser Mr Rapp, Sir.“
„Warum haben Sie nicht gleich gesagt, dass es Rapp ist?“, fuhr Wexin ihn an.
Der Butler zuckte zusammen. „Er wartet im Vorzimmer.“
„Ist das Gesellschaftszimmer inzwischen endlich beheizt und mit Kerzen versehen?“
Der Butler verbeugte sich. „Ja, Mylord.“
„Dann bringen Sie mir Brandy, und führen Sie Rapp dorthin.“
Wexin durchquerte das Vestibül, wobei seine Schritte auf dem Steinboden hallten. Das Gesellschaftszimmer hatte nichts von der Eleganz und dem erlesenen Geschmack, mit dem seine geliebte Lydia ihr Stadthaus eingerichtet hatte, doch um Leute wie Rapp zu empfangen, würde es allemal genügen.
Ein paar Minuten später hatte er es sich neben einer Flasche Brandy bequem gemacht. Der Butler führte Rapp hinein. Wexin wartete ab, bis der Bedienstete die Tür hinter sich geschlossen hatte und das Geräusch seiner Schritte verebbte.
„Woher wussten Sie, dass ich hier bin?“, fragte Wexin.
„In Parronley wurde über Ihre Ankunft geredet. Ich übernachte dort im Gasthaus“, gab Rapp zur Antwort.
Wexin winkte ungeduldig mit einer Hand. „Also, was haben Sie zu berichten?“
Rapp stellte sich gerade hin. „Ich habe sie in Begleitung eines Mannes gesehen. Ich bin überzeugt, dass sie hierherkommen wird.“
„Sie haben sie gesehen und nicht festgenommen?“ Wexin schnaubte wütend.
Rapp wurde weiß und rot. „Es gelang ihr, mir zu entkommen. In Liverpool und dann ein Mal auf der Straße in der Nähe von Langholm, aber ich bin mir sicher, dass sie mir kein drittes Mal entwischt.“
Wexin lachte höhnisch. „Bei dem Schiffsunglück haben Sie sie auch schon verloren.“ Er hätte einen skrupelloseren Mann anheuern sollen, um seine Cousine nach London zurückzubringen, einen, der dafür gesorgt hätte, dass das Schiffsunglück ihr Leben beendete.
„Der Mann, der sie begleitet, ist ihr zur Hilfe gekommen“, erklärte Rapp.
Wexin starrte ihn an. „Und wer ist der Mann?“
Rapp presste die Lippen aufeinander, bevor er sprach. „Ich habe sein Gesicht nicht gesehen. Sie wechseln bei jedem Halt ihre Namen. Allerdings trägt er einen Siegelring.“
„Einen Siegelring?“ Wexin wurde immer aufgebrachter. „Wie sieht das Siegel aus?“
Rapp hob das Kinn. „Ein Hirsch und ein Adler sind darauf abgebildet.“
Tannertons Siegel!
Wexin trank einen Schluck Brandy, um sein Lächeln zu verbergen. Wie viele andere Gentlemen mit einem Hirschen und einem Adler im Wappen hielten sich wohl gerade in diesem gottverlassenen Teil Schottlands auf? Es musste also Tannerton sein, und Marlena war bei ihm. Seine Hände zitterten. Er war ihr an diesem Tag zum Greifen nahe gewesen.
Er riss sich zusammen. „Ist das alles, was Sie für mich haben? So viel hätte ich mir auch noch selbst zusammenreimen können.“
Nun, er wäre natürlich nicht darauf gekommen, dass sie vom Marquess of Tannerton begleitet wurde. Aber es machte Sinn, denn sonst wäre sie nie so weit gekommen.
„Sie sind mit Pferden unterwegs. Das hat es schwer gemacht, sie zu verfolgen.“
Wexin winkte ab. „Gehen Sie. Ich habe keine weitere Verwendung mehr für Sie. Kehren Sie in die Bow Street zurück oder wo auch immer Sie hingehören.“
Rapp runzelte die Stirn. „Was ist mit meiner Bezahlung, Sir?“
Wexin warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Keine Gefangene, keine Bezahlung.“ Er wies zur Tür. „Machen Sie, dass Sie fortkommen, und lassen Sie sich nie wieder blicken!“
Rapp machte einen bedrohlichen Schritt auf Wexin zu, überlegte es sich dann jedoch anders. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus, wobei er die Tür hinter sich zuschlug.
Wexin grinste. Gleich morgen früh würde er Männer losschicken, die sich nicht von einer Frau und einem Marquess an der
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