Historical Saison Band 15
Fähigkeit mit ihr zu üben.
„Sieh mal“, rief sie und hielt einen großen Streifen goldgelben Stoff hoch. „Seide! Es ist nicht genug davon da, um irgendetwas anderes daraus zu machen, aber mehr als genug für einen Drachen. Und was ist das?“
Die Frage brachte ihn dazu an ihre Seite zu treten – ebenso wie seine unerklärliche Sehnsucht danach, in ihrer Nähe zu sein.
Vom Boden der Truhe brachte Caroline eine kleine hölzerne Schatulle zum Vorschein, deren Deckel mit einer eingeschnitzten Rose verziert war. Darin befanden sich alte Münzen und Einzelteile von beschädigtem Schmuck. Bennett sah sofort, dass nichts davon von besonderem Wert war, aber dennoch wirkte der Fund wie ein kleiner Schatz.
„Davon kannst du nichts für euren Drachen verwenden.“ Caroline ließ eine silberne Kette in die Schatulle zurückgleiten. „Wenn wir eine Tochter hätten, würde sie wahrscheinlich nur allzu glücklich sein, tagelang im Haus zu bleiben, mit dem Schmuck zu spielen und sich mit diesen alten Sachen hier zu verkleiden.“
Ein Hauch von Wehmut in ihrer Stimme ließ Bennett aufhorchen. „Hast du dir je gewünscht, wir hätten eine Tochter bekommen statt eines Sohnes?“
„Ich würde Wyn nicht für hundert Töchter eintauschen.“ Mit einem Knall schloss Caroline die Schatulle. „Aber früher dachte ich manchmal, dass wir noch mehr Kinder haben könnten, wenn das erste kein Junge gewesen wäre.“
„Du glaubst, ich habe kein zweites Kind mit dir gezeugt, weil ich nur darauf aus war, einen Erben zu haben?“
„Natürlich.“ Caroline legte die Schatulle zurück in die Truhe. „Warum sonst?“ Sie klang nicht verärgert, nur resigniert und sehr traurig.
Obwohl alles in ihm sich dagegen sträubte, mit Caroline dieses tiefschürfende Gespräch zu führen, drängte es ihn andererseits, diese Angelegenheit mit ihr zu klären. Hatten sie während ihrer Ehe nicht erfolglos versucht, ihre Probleme unter den Teppich zu kehren? Jetzt waren sie so viel offener zueinander, und Bennett hatte sich Caroline noch nie so nahe gefühlt, nicht einmal in ihren leidenschaftlichsten Stunden …
„Ich …“ Jetzt war es zu spät, sich zu verstecken. „Ich wollte dir und mir nicht noch einmal diese Tortur zumuten. Wenigstens nicht sofort. Und später dachte ich, du wolltest keine Kinder mehr haben.“
Langsam schloss Caroline den Deckel der Truhe. „Und zu dem Schluss warst du gekommen, weil ich dem Kind, das wir bereits hatten, nicht genug Aufmerksamkeit schenkte.“
Bennett nickte zögernd. Er war nicht stolz darauf, dass er sie in all diesen Jahren so gründlich verkannt hatte. „Eine kleine Tochter wäre mir sehr lieb gewesen. Bei ihr wäre es mir vielleicht leichter gefallen, meine Gefühle zu zeigen.“
„Vielleicht.“ Aber sie klang eher zweifelnd. „Solange der Erbe nur bald darauf folgte. Sonst …“
Sie brach ab, erhob sich und klopfte sich den Staub vom Rock.
„Was sonst? Glaubst du, ich wäre so hartherzig, dem Kind die Schuld daran zu geben, dass es ein Mädchen ist?“
„Nicht direkt die Schuld geben.“ Caroline strich gedankenverloren über den Seidenstoff, den sie Händen hielt. „Aber du wärst enttäuscht gewesen, und diese Enttäuschung hätte deine Gefühle verraten.“
Gern hätte Bennett ihr widersprochen. Aber wenn er daran dachte, wie sehr seine Vergangenheit seine Gefühle für Caroline beeinträchtigt hatte, fiel es ihm schwer, sich zu verteidigen.
In der folgenden Nacht träumte Caroline davon, was hätte sein können, wenn sie und Bennett nur offener zueinander gewesen wären. Und dennoch erwachte sie ausgeruht und voller Tatendrang. Vielleicht war es die lang ersehnte Frühlingssonne, die ihre Laune hob. Gemächlich erhob Caroline sich und blickte aus dem Fenster.
So wie Bennett es vorausgesehen hatte, blies eine angenehme Brise. Heute könnte nichts und niemand Wyn davon abhalten, das Haus zu verlassen.
Als sie zu dem Kleinen ging, um ihm beim Ankleiden zu helfen, begrüßte er sie auch, wie sie erwartet hatte.
„Wie bald können wir nach draußen gehen, Mama?“
„Zuerst müssen wir frühstücken.“ Sie half ihm aus seinem Nachthemd und zog ihm einen blauen Anzug an. „Danach sehen wir, was dein Papa sagen wird.“
„Aber ich habe keinen Hunger“, protestierte Wyn. „Ich möchte jetzt gehen, bevor der Wind nachlässt oder es wieder zu regnen anfängt.“
Insgeheim fürchtete Caroline, dass ihr wieder ein Wutanfall bevorstand. Doch dann erinnerte sie sich an
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