Historical Saison Band 15
zweite Chance zu geben? Gedankenverloren begann sie, ihr Nachthemd abzulegen. War es nur eine flüchtige Laune gewesen, die er fast sofort bereut hatte? Oder hatte sie sich schon wieder geirrt?
Jedenfalls schien er heute etwas anderes im Sinne gehabt zu haben. Sie zog sich langsam an. Der Gedanke mit der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft musste ihm gekommen sein, weil er sie so loswerden konnte, ohne seine Ehre opfern zu müssen. Wie er es ihr schon so oft in Erinnerung gerufen hatte: Taten sind wichtiger als Worte.
Sie hielt inne. Was konnte Bennett versucht haben, ihr zu sagen, als er ihr die Wahl ließ zwischen der Trennung und dem Ehering? Es war ein ebenso mysteriöses Rätsel wie der Mann, der es ihr aufgegeben hatte. Und doch hatte sie seine widersprüchliche Natur in den letzten Wochen ein wenig besser kennengelernt.
Je mehr sie ihn verstand, desto mehr liebte sie ihn. Sollte sie es wagen, ihm trotz aller Risiken noch mehr zu vertrauen?
Als Caroline in Gedanken versunken die Treppe hinunterging, begegnete sie Parker auf halbem Weg, die ein Tablett nach oben brachte. „Ich dachte, Sie hätten vielleicht gern Ihr Frühstück auf Ihrem Zimmer, da Seine Lordschaft und Master Wyn doch ausgegangen sind.“
„Sind sie schon fort?“
Die Zofe nickte. „Gerade eben. Master Wyn war so aufgeregt, dass er sein Frühstück wie ein Wolf hinuntergeschlungen hat. Er sagte, er würde mich etwas von seinem Schatz aussuchen lassen.“
Der Gedanke an die Großzügigkeit ihres Sohnes ließ Caroline lächeln. „Danke für das Frühstück, Parker, aber ich habe heute Morgen keinen Appetit. Ich denke, ein wenig Sonnenschein und die frische Meeresbrise werden mir guttun.“
„Wenn Sie meinen, Ma’am.“ Parker drehte sich vorsichtig auf der engen Treppe um und kehrte wieder in die Küche zurück.
Caroline folgte ihr bis zum Salon, wo sie ihren Hut an sich nahm und zu ihrem Spaziergang aufbrach.
Wenige Minuten später blieb sie auf der Spitze des Steilufers stehen, von wo man auf Gimble Porth hinabblicken konnte und das eine so wundervolle Aussicht in jede Richtung bot. Im Westen jenseits eines schmalen Streifens blauen Wassers lag die Insel St Martin’s. Hinter der Bucht erstreckten sich kleine Hügel und windumtostes Weideland. Im Süden drängten sich die Steinhäuser von Dolphin Town am Rand von fruchtbaren grünen Äckern. Trescos abwechslungsreiche Landschaft erinnerte Caroline nicht zum ersten Mal an Bennett.
Wieder kehrten ihre Gedanken zu der Wahl, vor die er sie gestellt hatte. Nur überlegte sie jetzt, wie ihre Wahl ihn berühren würde.
Caroline hatte noch erst vor einem Jahr von der Möglichkeit einer rechtsgültigen Aufhebung gehört, als Lady Byron sie erhalten hatte, weil allgemein bekannt zu sein schien, dass ihr Mann grausam und sogar wahnsinnig war. Man munkelte etwas von einer höchst ungehörigen Verbindung zu seiner Halbschwester. Und einfach so, fast über Nacht, war der Liebling der Gesellschaft zu einem verachteten Außenseiter und ins Exil verbannt worden.
Was würde es für Bennett bedeuten, wenn sie eine solche Trennung verlangte? Würde er auch für herzlos erklärt werden – womöglich sogar für verrückt oder böse wie Lord Byron – und von der Gesellschaft geächtet werden? Die Folgen für seine Arbeit würden verhängnisvoll sein. Und doch war Bennett bereit, das alles auf sich zu nehmen, damit sie ihre Freiheit bekommen konnte, ohne ihr Kind aufgeben zu müssen.
Die Erkenntnis traf Caroline wie ein heftiger Windstoß und brachte sie leicht zum Wanken. Versuchte Bennett vielleicht mit seinen Taten etwas zu zeigen, das er unmöglich mit Worten ausdrücken konnte?
Plötzlich erinnerte sie sich, wie wichtig es ihm gewesen zu sein schien, dass sie den Ring wieder ansteckte. Er hatte davon geredet, dass sie ihm vergeben sollte, dass er der Mann werden wollte, den sie verdiente. Wenn sie richtig verstanden hatte, dann war es eine Gelegenheit, die er ersehnte.
Und sie war enttäuscht gewesen, weil Bennett ihr nicht überschwänglich seine Liebe erklärt hatte! Hatte sie denn nicht mit angesehen, wie schwer es ihm fiel, ihrem Sohn seine tiefe Liebe zu zeigen? Hatte sie nicht begriffen, dass Taten wichtiger waren als Worte?
Keine Beteuerungen, keine Liebkosungen, nicht einmal das stürmischste Liebesspiel konnten seine Gefühle mit einer so ergreifenden Deutlichkeit ausdrücken wie diese Wahl, die er ihr so selbstlos überlassen hatte.
Offensichtlich hatte Caroline sich
Weitere Kostenlose Bücher