Historical Saison Band 17
nicht erzählen, es sei Ihre Idee gewesen?“
„Wenn sie das tut, wird ihr niemand glauben. Ich werde betonen, sie habe mich dazu überreden wollen. Natürlich hätte ich versucht, sie davon abzubringen. Ohne Erfolg. Und nun sei ich nur zur Keere Street gekommen, um sie zu retten.“
„Ja, das gefällt mir“, sagte er und rieb sich nachdenklich sein Kinn. „Man wird Sie für eine edle Samariterin halten und Miss da Silva für eine leichtfertige junge Dame, die sich nicht um ihren Ruf kümmert und der es Spaß macht, die vornehme Gesellschaft zu schockieren.“
„Genau. Wenn sie merkt, dass alle gegen sie sind, wird sie auf dem nächstbesten Schiff zum Kontinent fliehen.“
„Sehr gut, Charlotte. Das wird sie restlos ruinieren. Und Sie sind ein Ausbund an Tugend.“
„Geben Sie es zu, meine Intrigen sind ebenso raffiniert wie Ihre“, verlangte sie.
„Vergessen Sie nicht, ich habe Sie auf Miss da Silvas Schwäche hingewiesen.“
„Und wie hat mir das heute geholfen?“
„Ganz einfach. Da sie das Kartenspiel liebt, war zu erwarten, dass sie auch sehr gern wettet und dieses Rennen besuchen wird.“
In großzügiger Stimmung nickte sie. „Also gut, wir sind quitt. Wenn alles so läuft, wie ich es geplant habe, können wir beide zufrieden sein.
Noch bevor Domino ihr Zimmer betrat, meldete sich die Stimme der Vernunft. Das verrückte Abenteuer würde sie zwar mit dem ersehnten Gefühl der Freiheit beglücken. Allerdings war es wohl etwas zu verrückt.
Andererseits hatte ihr die Duchess das riskante Rennen vorgeschlagen, und obwohl Papa die Frau nicht schätzte, gehörte sie dem Hochadel an und bewegte sich in den besten Kreisen. Was sie tat, konnte nicht völlig falsch sein – oder Anstoß erregen. Und Joshua Marchmain würde nichts davon erfahren. Und so könnte er sich ausnahmsweise nicht einmischen.
Trotzdem – je länger sie über das geplante Wettrennen nachdachte, desto unsicherer fühlte sie sich. Ihren Vater durfte sie nicht informieren, ihre Cousine schon gar nicht. Gewiss wäre es genauso falsch, Flora einzuweihen. Also musste sie das Geheimnis hüten. Und allmählich freute sie sich auf die Herausforderung. Sie war eine ausgezeichnete Reiterin und hatte gute Chancen, die Duchess zu besiegen, zweifellos eine ebenbürtige Gegnerin. Dafür würden sich die Sorgen lohnen, die sie jetzt quälten. Selbst wenn sie verlieren sollte – zum ersten Mal seit der Abreise aus Argentinien würde sie wieder galoppieren und den Wind in den Haaren spüren.
Vorsichtshalber nahm Domino kein Pferd ihres Vaters, sondern suchte eines im Mietstall weiter oben an der Marine Parade aus, am Anfang des Juggs Way, eines gewundenen Wegs. Den benutzten die Fischersfrauen von Brighton, wenn sie die Stadt verließen, um den Fang ihrer Männer den Hausfrauen aus Lewes und den umliegenden Dörfern zu verkaufen.
Als sie sich in den Sattel schwang und die hübsche braune Stute aus dem Stallhof die Straße hinauflenkte, stieg die Sonne gerade erst aus dem Morgennebel empor. Man hatte ihr versichert, das Pferd sei das schnellste, das der Mietstall zu bieten habe.
An diesem wunderschönen Morgen war die Luft windstill und erfüllt von Vogelgezwitscher und Geißblattduft. Domino versetzte das Pferd in einen leichten Kanter. Für das Rennen sollte es frisch sein, aber nicht zu ausgeruht.
Schon nach einer halben Stunde tauchten die Dächer von Lewes auf, und sie fragte sich, ob die Duchess bereits bei der Abzweigung warten würde.
Am Horizont erschien eine Gestalt im Sattel. Das musste Charlotte sein, die ihr entgegenkam. Damit hatte Domino nicht gerechnet. Doch es war sicher netter, gemeinsam in die kleine Stadt zu reiten.
Und dann sah sie, dass es sich um einen Mann handelte, und begann, sich unbehaglich zu fühlen. Die Häuser lagen noch ziemlich weit entfernt, keine Menschenseele ließ sich blicken. Zum Schutz vor der Morgenkälte trug der Reiter einen weiten Umhang, aber keinen Hut. Im Sonnenschein glänzte sein Haar wie Gold. Nein, unmöglich – doch …
„Guten Morgen, Miss da Silva!“, rief er.
Wütend umklammerte sie die Zügel. Würde er sie niemals in Ruhe lassen? Als er näherkam, sah sie sein Gesicht. Er lächelte nicht, seine Verbeugung wirkte fast brüsk.
„Verzeihen Sie mir diese Begegnung, Madam. Ich tat mein Bestes, um Ihnen meinen Anblick zu ersparen. Aber heute musste ich gegen meine eigenen Gesetze verstoßen.“
Domino erholte sich von ihrem Schrecken und nickte ihm kurz zu. Inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher