Historical Saison Band 17
wird sie ihre eigene Geschichte verbreiten.“
„Aber jetzt wartet sie auf mich.“
„Keine Bange, ich werde sie beruhigen“, kündigte er in höhnischem Ton an. „Ich werde zum Treffpunkt reiten und ihr erklären, Sie hätten erkannt, wie unschicklich das Rennen wäre.“
„Also haben Sie schon an alles gedacht“, seufzte sie.
„Ärgern Sie sich nicht, Domino.“ Nun klang seine Stimme etwas sanfter „Sie wurden zum Narren gehalten. Doch der Schaden lässt sich beheben. Erlauben Sie mir, Ihnen diesen kleinen Dienst zu erweisen.“
An seiner Aufrichtigkeit gab es keinen Zweifel. Und nach allem, was sie soeben gehört hatte, musste sie seinen Rat befolgen. „Vielen Dank, Sir“, murmelte sie kleinlaut.
Sie wollte ihm nicht verpflichtet sein. Aber er half ihr, einen Skandal zu vermeiden. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Warum hatte sie sich auf ein so gefährliches Abenteuer eingelassen? Und wieso wusste die ganze Stadt Bescheid? Joshua Marchmain hatte keine Beschuldigung ausgesprochen, doch er glaubte offensichtlich, Charlotte hätte sie in eine Falle gelockt und ausgeplaudert, was niemand erfahren sollte. Und wegen seiner intimen Beziehung zu der Frau hielt er es für seine Aufgabe, das Problem zu lösen.
Bedrückt wendete Domino die Stute und trat den Rückweg an. All die Freude an dem schönen Morgen verflog. So sicher war sie gewesen, das Rennen würde geheim bleiben.
In ihrer Naivität hatte sie der Duchess vertraut. Doch sie war hintergangen worden. Aber auch sie selbst trug Schuld. So eifrig war sie bestrebt gewesen, Charlotte bei diesem Rennen zu besiegen und sich für die Demütigung im Steine House zu rächen, dass ihr gesunder Menschenverstand versagt hatte. Nie wieder durfte sie einen solchen Fehler machen. Jetzt konnte sie nur hoffen, Joshua Marchmain würde die Klatschmäuler zum Schweigen bringen.
Als Joshua die Kreuzung erreichte, sah er Charlotte ungeduldig auf und ab wandern. Ihr Pferd graste am Straßenrand. Sie hörte die Hufschläge und drehte sich um. Bei seinem unerwarteten Anblick blinzelte sie erstaunt.
„Welch eine erfreuliche Begegnung an einem so schönen Tag“, bemerkte er und zügelte seinen Hengst an ihrer Seite. „Hoffentlich hast du deinen Morgenritt genossen.“ In seiner ruhigen Stimme schwang nichts von seinen Gefühlen mit.
Charlotte verengte die Augen. „Und warum reitest du so früh aus, Joshua? Das ist höchst ungewöhnlich.“
„Sogar ich kann zeitig aus den Federn kriechen, wenn es gute Gründe dafür gibt.“ Sein Lächeln kaschierte kaum den unheilvollen Blick.
„Und welche Gründe wären das?“, fragte sie honigsüß.
„Sagen wir mal – vorbeugende Maßnahmen.“
„Ah, ich verstehe. Und seit wann spielst du den Ritter in schimmernder Rüstung?“
„Seit ich im Intrigensumpf eines korrupten Hofstaats wate.“
Charlotte wurde blass und hob wütend ihre Reitpeitsche.
Ungerührt fuhr er fort: „Aber lass dich nicht aufhalten. Was mich betrifft – ich möchte ein paar Freunde an der Keere Street treffen. Ein eigenartiger Versammlungsort. Nun, die Launen einiger Leute verblüffen mich immer wieder.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, ritt er nach Lewes, während Charlotte erbost an den Zügeln ihres Pferdes zerrte.
Mehrere junge Spunde hatten sich bei der Keere Street eingefunden. Aber Joshua entdeckte auch ein paar graue Köpfe in der bunt gemischten Schar. Erstaunlich, wie früh die Klatschmäuler auf den Beinen waren, wenn sie einen Skandal witterten.
„Guten Morgen, Gentlemen!“, rief er so gelassen wie eh und je.
„Guten Morgen, Marchmain!“, erwiderte ein junger Dandy. Beinahe erstickte der hohe, gestärkte weiße Hemdkragen, der bis zu den Wangen reichte, seine Stimme. „Werden Sie sich auch den Spaß anschauen?“
„Nein.“
„Warum denn nicht?“
Angewidert wandte Joshua sich zu einem grobschlächtigen Mann, dessen hochrote Wangen auf seinen reichlichen Brandy-Genuss hinwiesen.
„Das spanische Mädchen soll ja eine fabelhafte Reiterin sein“, fügte der Mann hinzu. „Trotzdem habe ich auf die Duchess gesetzt. Bei diesem Rennen wird die Taktik gewinnen.“
„Möglich, aber nicht heute“, entgegnete Joshua. „Keine der beiden Damen wird erscheinen.“
„Wie kann das sein?“, fragte ein sichtlich entrüsteter Gentleman in einem voluminösen Kutschermantel.
„Es war nur ein Scherz“, erklärte Joshua gleichmütig. „Sicher erwarten Sie nicht ernsthaft, zwei Damen der Gesellschaft würden um die Wette
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