Historical Saison Band 17
Klatschmäulern an der Keere Street erzählt hatte, wusste sie nicht. Nur eins stand ohne jeden Zweifel fest – er würde sie schützen.
Bis Domino ihn wiedersah, verstrichen einige Tage. Eine Zeit lang war sie vorsichtshalber daheim geblieben, voller Angst vor Klatschgeschichten, die womöglich in der Stadt kursierten. Doch sie hörte keine beunruhigenden Neuigkeiten. Wäre ihr Name irgendwo abfällig erwähnt worden, hätte ihr Vater es gewiss erfahren. Also fühlte sie sich sicher, aber unbehaglich. Als sie wieder ihre Spaziergänge unternahm, begrüßte sie Joshua Marchmains fortgesetzte Abwesenheit natürlich. Die Gesellschaft eines berüchtigten Schürzenjägers würde ihr nur schaden, obwohl sie sich eingestand, ohne ihn sei das Leben ziemlich langweilig.
Und dann traf die Einladung ein. Pikiert über den gesellschaftlichen Erfolg der Duchess, war der Prinzregent dazu überredet worden, ebenfalls eine Soiree zu veranstalten. Als Musikliebhaber bekannt, wollte er die Darbietungen im Steine House übertrumpfen. Nicht nur ein italienischer Sopran wurde engagiert, sondern gleich drei Sängerinnen sollten am folgenden Samstag im Royal Pavilion auftreten. Leo Moncasters Vorschlag, dabei sollte dasselbe Publikum erscheinen wie an jenem Abend in den Salons der Herzogin, stachelte Georges Eitelkeit an und bestärkte ihn in dem Wunsch, einen sensationellen Triumph zu erzielen.
Trotz gewisser Bedenken, die dem Lebensstil des Prinzregenten galten, fieberten die da Silvas dem Empfang im Pavilion entgegen. Sogar Carmela blätterte in Modejournalen, die zwar schon ein paar Jahre alt waren, aber sie entdeckte eine Skizze, nach der sie in aller Eile ein Kleid anfertigen ließ. Am Freitagmorgen wurde ein großes Paket für Domino abgeliefert – das ungeduldig ersehnte Kleid, das der Vater ihr versprochen hatte. Aus mehreren raschelnden Seidenpapierschichten hob sie ein exquisites Untergewand aus weißem Satin, dann einen Überrock aus hellrosa Tüll, rosa Glacélederschuhe und ein Stirnband mit rosa Seidenblüten. Flora war hingerissen und konnte es kaum erwarten, ihre Herrin für die Soiree zurechtzumachen.
Domino bezweifelte, dass sie Joshua Marchmain im Pavilion sehen würde. Wenn er den Namen da Silva auf der Gästeliste las, würde er sich nicht blicken lassen. Anscheinend war er fest entschlossen, sein Wort zu halten und sie nicht mehr zu belästigen. Das sollte sie beruhigen. Doch das Gegenteil war der Fall.
Schlimmer fand sie die Gefahr, ihre beiden Quälgeister auf der Soiree zu treffen. Sie nahm sich vor, ihnen nicht zu zeigen, wie sehr sie sie verletzten. Diese Genugtuung missgönnte sie ihnen. Tapfer würde sie ihnen gegenübertreten. Und die Aussicht, den Luxus des Palastes zu erforschen, munterte sie zusätzlich auf.
Pünktlich um acht Uhr fuhr die Da-Silva-Kutsche in den Park des Pavilion. Vor der erleuchteten, einem indischen Tempel nachempfundenen Säulenhalle stiegen sie aus. Schon oft hatte Domino die exotischen Fassade betrachtet und nie zu hoffen gewagt, sie würde eines Abends herausfinden, welche Mysterien sich dahinter verbargen. Ein Lakai in prächtiger Livree führte den Botschafter und seine Begleiterinnen durch das achteckige Vestibül in die Eingangshalle, an deren Deckengewölbe chinesische Laternen hingen.
„Papa, diese Statuen tragen richtige Kleider“, wisperte Domino verblüfft und zeigte auf die lebensgroßen chinesischen Mandarin-Figuren, die in allen Ecken standen.
Carmela inspizierte diese Abstrusität und verkündete ihr Urteil: „Lächerlich! Und wie heiß es hier ist!“, murrte sie. Trotz des milden Juliwetters loderte ein helles Feuer im Marmorkamin.
Als sie die Halle verließen, erreichten sie die lange Galerie, die alle Empfangsräume entlang der Ostfront des Gebäudes verband. Drei weitere Kamine verströmten schwüle Hitze, und Domino war froh, dass ihr Abendkleid aus leichten, dünnen Stoffen bestand und sie sich mit dem Fächer Luft zufächeln konnte.
„Warten wir bei einer Glastür“, schlug Alfredo vor. „Da müsste es am kühlsten sein.“
Sie postierten sich bei einer der Glastüren, die zum Garten führten, und warteten, bis sie dem Prinzregenten vorgestellt wurden. Ehrfürchtig schaute Domino sich um. An den Wänden hingen Gemälde, die Landschaften, Blumen und Vögel darstellten. George stand in der Mitte des Empfangssaals und hieß seine Gäste willkommen.
Sofort zog er Dominos Blick auf sich, denn er war überaus kostbar gekleidet, aber mit wenig
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