Historical Saison Band 17
für einen Wüstling.
Aber je öfter er Domino sah, desto heißer begehrte er sie. Und das nach jahrelanger Gleichgültigkeit! So sicher war er gewesen, solche Gefühle würden ihn nie mehr quälen. Und jetzt vertieften sie sich bei jeder Begegnung. Wohin das führen würde, wusste er – auch wenn Domino nichts davon ahnte. Diese Leidenschaft musste er bekämpfen. Solange sie noch in Brighton blieb, würde er ihr Freund sein. Mehr nicht. Aber er war noch nie so verzweifelt vor Lust gewesen wie in jenem Moment, wo sie ihren schlanken Körper an seinen gepresst und sich ihm angeboten hatte. Es liegt an diesem Kleid, versuchte er, sich zu verteidigen, und erkannte sofort, welch eine armselige Entschuldigung das war.
Nachdem er ihr Oberteil zugeköpft hatte, führte er sie so diskret wie möglich in den Salon zurück und ging in den Speiseraum, um Getränke zu holen. Aber Alfredo da Silva kam ihm zuvor. Allein schon der sinnliche Tanz seiner Tochter hatte ihn entnervt. Seine Sorge wuchs, als sie mit Joshua Marchmain hinter dem Vorhang der Glastür verschwand, die auf einen Balkon führte. Von bösen Ahnungen erfasst, beschloss er, den beiden zu folgen.
Doch da waren sie wieder aufgetaucht. Als er Dominos gerötete Wangen und Marchmains zerzaustes Haar sah, befürchtete er das Schlimmste. Sie musste sofort aus Brighton abreisen. Erst der peinliche Zwischenfall im Pavilion, die Avancen des Prinzregenten – jetzt dieser Mann, der in einem äußert zweifelhaften Ruf stand und das Mädchen ins Verderben stürzen könnte … Ich war zu nachsichtig, dachte Alfredo. Seit Wochen warnte Carmela ihn vor einer solchen Katastrophe. Aber er hatte ihr nicht glauben wollen. Nun sah er die Wahrheit mit eigenen Augen. Seine Tochter musste unverzüglich nach Spanien reisen.
Zwei Gläser mit Fruchtpunsch in den Händen, kehrte Joshua in den Salon zurück, wo Domino hastig knickste und ihr Vater ihm kurz zunickte. In aller Eile verabschiedeten sie sich von den Cunninghams und verließen das Haus.
Señor da Silvas düstere Miene kann nur eins bedeuten, überlegte Joshua. So schnell wie möglich musste Domino nach Spanien reisen, in ein oder zwei Tagen, und er würde sie nie wiedersehen. Er trank den Punsch, dann verabschiedete er sich ebenfalls von den Gastgebern und flüchtete aus dem Haus. Mit langen Schritten ging er zum Meer. Nun brauchte er frische Luft.
Er musste nachdenken. Vor Dominos Abreise musste er sie noch einmal sehen und ihr sagen … Was? Das wusste er nicht. Dass die Küsse ihm viel bedeuteten? Abrupt blieb er stehen, hörte das Plätschern der Wellen nicht, die den Kies überspülten.
Ja, die Küsse waren sehr wichtig.
Von Anfang an hatte ihn ihre jugendliche Schönheit bezaubert. Auch ihr kühner Geist hatte ihn fasziniert. Nur ein Flirt, hatte er gedacht und Distanz gewahrt. Bis zu jenem Moment in seinem Atelier. Danach hatte er sich eingeredet, der erste Kuss sei nur eine Reaktion auf den Zwischenfall mit Prinny gewesen, ein Versuch, Domino zu trösten, ein Moment, den sie bald vergessen würden. Und heute Abend? Wie sollte er das erklären?
War es möglich, dass er sich in Domino verliebte? Daran wagte er kaum zu denken. Nein, er durfte sein Herz nicht verlieren. Nur ein einziges Mal war er in Liebe entbrannt, und das hatte zu einer Katastrophe geführt.
So jung und leidenschaftlich war seine Liebste gewesen. Gemeinsam hatten sie gegen alle gesellschaftlichen Regeln verstoßen, waren von den Freunden verachtet worden, hatten die Herzen ihrer Eltern gebrochen. Und wozu? Nur für ein paar Monate voller Wahnsinn, denn ihm fehlte der Mut, die Konsequenzen zu ziehen. Er verriet seinen besten Freund, verursachte einen Skandal, ließ seine Geliebte im Stich. Danach war er ein anderer Mensch geworden.
Und jetzt, nachdem er alle Erinnerungen an jene schmerzhafte Zeit verdrängt und geglaubt hatte, er wäre für immer gegen gefährliche Emotionen gefeit, liebte er dieses wundervolle Mädchen.
Es wäre töricht zu hoffen, die intensiven Gefühle würden seine Welt verändern. Natürlich würde er weiterhin sein leeres Leben führen. Er durfte Dominos jugendliche Unschuld nicht verderben. Niemals würde sie seine Geliebte sein – er niemals ihr Ehemann.
Wenn sie aus seinem Leben verschwunden war, würde er andere Frauen begehren. Zynisch dachte er an seine zahlreichen Liebhaberinnen. An seiner Lebensweise würde sich nichts ändern. Aber er würde keine Freude mehr empfinden, denn Dominos süßes Gesicht würde
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