Historical Saison Band 17
ihren Weg fort und blieb unter der ersten Eiche stehen. Die Stille war seltsam unheimlich, als würde Jessica von jemandem beobachtet … als würde jemand auf Geräusche lauschen, die sie machen könnte. Plötzlich versuchte sie, sich vorzustellen, wie es sein mochte, den Park am Arm ihres Geliebten zu durchstreifen. Wenn Jack sie doch nur lieben würde, dann wäre jeder Schritt wie verzaubert, jedes Flüstern, jeder Kuss ein kaum zu ertragendes Entzücken.
Leider war sie ganz allein und hoffte nur inbrünstig, dass Jack nicht ahnte, wer in der Dunkelheit hinter ihm herhumpelte. Kopfschüttelnd über ihre Dummheit fasste sie den Entschluss, gleich nach einer kurzen Rast im Pavillon wieder nach Hause zu gehen und zu vergessen, dass sie Jack je hier hatte herumschleichen sehen.
10. KAPITEL
N ur mit größter Mühe gelang es Jack, seine Unruhe im kleinen Häuschen am See zu bändigen und sich in einen der Sessel zu setzen. Der im griechischen Stil gehaltene Bau lag fast völlig im Dunkeln und erwies sich als der ideale Ort für ein geheimes Treffen zur berühmt berüchtigten Geisterstunde. Jack verwünschte die Person, die ihn hergelockt hatte, vermutlich nur, um sich einen Scherz mit ihm zu erlauben. Mit jeder Minute, die verging, wurde es unwahrscheinlicher, dass noch jemand kommen würde.
Aber vielleicht sollte er dem geheimnisvollen Briefschreiber eher dankbar sein. In seinem Zimmer wäre er ebenso wenig zur Ruhe gekommen. Jeder Gedanke hätte seiner zukünftigen Duchess gegolten und dem verführerischen Anblick, den sie ihm am heutigen Abend geboten hatte – wunderschön und nur allzu bereit, die Nacht trotz ihrer Wut auf ihn in seinen Armen zu verbringen.
Warum war ihm bis jetzt nie in den Sinn gekommen, sie zu heiraten? Weil sie dafür gesorgt hatte, nie in seiner Nähe zu sein und ihn auf den Gedanken zu bringen. So schmerzlich die Vorstellung ihn auch traf, sie könnte ihm all die Jahre absichtlich aus dem Weg gegangen sein, musste genau das geschehen sein. Was hatte er ihr nur angetan, dass sie ihn gemieden hatte wie die Pest? Im Versuch, sich zu erinnern, ballte er aufgebracht die Hände zu Fäusten.
Mit einem Stöhnen fiel ihm ein, wie er als junger Taugenichts mit mehr Hochmut als Verstand am Ball teilgenommen hatte, der bei Jessicas Einführung in die Gesellschaft ihr zu Ehren gegeben worden war. Er hatte sich von anspruchsvolleren Unterhaltungen losgerissen, die ihm damals besser gefielen, um der kleinen Jessica das Geschenk seiner Anwesenheit zu machen. Wie unerträglich herablassend er zu der armen Kleinen gewesen war. Sie hatte ausgesehen, als würde sie zum Schafott gebracht. Statt ihr zu helfen, hatte er alles nur noch schlimmer gemacht.
Mit seinen zweiundzwanzig Jahren war er ein selbstgefälliger Narr gewesen, überzeugt, seine bloße Anwesenheit würde ihre Position in der Gesellschaft besser festigen als selbst die des Prinzen von Wales. In seiner Gedankenlosigkeit hatte er sogar jedermanns Aufmerksamkeit auf ihren verletzten Knöchel gelenkt, weil er sie bat, mit ihm für den ersten Tanz anzutreten. Die Erinnerung daran ließ ihn jetzt vor Abscheu erschauern, damals jedoch war er zu stolz und überheblich gewesen, um seinen Fehler zu erkennen. Allmählich wurde ihm klar, warum Jessica es so schwer fand, ihn zum Mann zu nehmen.
Es musste entsetzlich demütigend für sie gewesen sein, die vielen mitleidigen Blicke zu bemerken, das Tuscheln, die spöttischen Bemerkungen, Lady Pendle würde eine ihrer Töchter wohl nicht loswerden können. Leise stöhnend verwünschte Jack den unsensiblen Dummkopf, der er damals gewesen war.
Doch vor nur wenigen Tagen war Jessica aus der Kutsche gestiegen, müde von der Reise und ausgesprochen unerfreut, hier sein zu müssen – und hatte seine ganze Welt auf den Kopf gestellt.
Endlich hast du sie gefunden, hatte eine innere Stimme, so viel weiser als er, ihm zugeflüstert. Falls sie ihn nicht haben wollte, würde er ihr zu jenem ländlichen Nest folgen, in das sie sich zurückziehen wollte, und sie belästigen, bis sie ihn endlich heiratete – oder ihn wenigstens zum Geliebten akzeptierte, sollte sie denn unbedingt darauf bestehen wollen, sie beide zu ruinieren.
So sehr war er damit beschäftigt, sich die angenehmsten Mittel und Wege vorzustellen, Jessica davon zu überzeugen, wie sehr er sie wollte, dass er die winzigen Geräusche, die ihn hätten warnen können, nicht bemerkte. Erst als ein Schatten über den Boden fiel, wurde ihm bewusst, dass
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