Historical Saison Band 17
wirklich hättest heiraten wollen, hättest du es schon vor Jahren getan. Soll ich etwa glauben, dass du nur einen Blick auf mich werfen musstest, als ich hier ankam – ganz steif und erschöpft von der Reise, kaum in der Lage, aufrecht zu stehen –, und plötzlich zu dem Schluss kamst, ich sei unwiderstehlich?“
Er ließ sie ruhig, geduldig ausreden und antwortete schließlich schlicht „Ja“, als wäre damit alles gesagt.
„Warum?“, konterte sie.
„Weil ich mich mit dir nie langweilen würde, und du weißt, dass dir gefällt, wie wir uns gegenseitig herausfordern und reizen.“ Sie wollte ihm widersprechen, doch er brachte sie mit einem finsteren Blick zum Schweigen. „Außerdem bist du eine wunderbar sinnliche Frau, und es wird mir unendliches Vergnügen bereiten, mit dir eine Familie zu gründen.“
Jessica zwang sich, ihm kühl zu antworten: „All das hätte mich vielleicht überzeugen können, wenn du ein schlichter Mr Seaborne wärst und ich keine andere Wahl hätte.“
Ein tiefer Seufzer entfuhr ihm. „Ach, Jessica, geh zu Bett und träum von mir und versprich mir nur, dass du morgen früh ein letztes Mal über meinen Antrag nachdenken wirst. Dann, wenn du nicht mehr müde bist und so unendlich dickköpfig.“ Er strich ihr sanft über das Haar, und wieder drohte seine Fürsorglichkeit ihren Widerstand viel eher zu schwächen als alles andere.
„Ich verspreche, dass ich es versuchen werde“, gab sie nach.
„Dann lasse ich dich also heute allein, Geliebte“, sagte er leise. „Bitte versuche zu verstehen. Ich musste dich auch vor Tante Mel und Percy fragen. Sie sollen wissen, dass ich keine heiraten werde außer dir. Es war der einzige Weg, der mir einfiel, wenn ich nicht Hals über Kopf nach Northamptonshire reiten will, um dort deinen Vater um deine Hand zu bitten. Alle sollen wissen, wie ernst ich es meine.“ Und er küsste sie ein letztes Mal so leidenschaftlich, dass sie sehnsüchtig aufstöhnte. Mit einem widerstrebenden Knurren löste er sich von ihr und verließ abrupt das Zimmer.
Eine Ewigkeit später, wie es Jessica schien, war es ihr noch immer nicht gelungen einzuschlafen. Leise verwünschte sie ihre Rastlosigkeit und Jacks Hartnäckigkeit, erhob sich schließlich seufzend von ihrem riesigen Bett und ging zum Erkerfenster hinüber. In der Hoffnung, die ruhige Szenerie des Gartens würde sie besänftigen, öffnete sie die Läden.
Einige Minuten danach war ihr, als würde ihre Idee funktionieren. Die Lider wurden ihr schwer, ihr Herz pochte nicht mehr so schnell. Doch dann blinzelte sie verblüfft. Gewiss lagen doch alle anderen heute Nacht sicher in ihrem Bett und schliefen, oder? Doch nein, da war es wieder – eine kaum merkliche Bewegung im vom Mond beschienenen Garten. Zuerst glaubte Jessica, ein weiterer Gast könne genauso wenig wie sie zur Ruhe kommen und hätte eine drastischere Lösung für seine Schlaflosigkeit gewählt. Allerdings deutete der entschlossene Schritt der Gestalt auf etwas anderes hin. Was in aller Welt dachte Jack sich dabei, mitten in der Nacht verstohlen durch seinen Garten zu schleichen?
Und warum konnte sie seinen nächtlichen Streifzug durch die Natur nicht als unwichtig abtun und sich ungerührt wieder ins Bett legen? Weder für das eine noch das andere hatte sie eine Antwort. Stattdessen eilte sie nur an ihren Schrank, tastete nach ihrem Reitkostüm und zog es sich kurzerhand über ihr Nachthemd. Hastig steckte sie ihren langen Zopf auf und schlüpfte in ein Paar Schuhe.
Bald darauf verließ sie das Haus – nicht zum ersten Mal froh darüber, dass sich ihr Zimmer im Erdgeschoss befand – und hoffte, Jack war zu sehr auf sein Ziel konzentriert, um sie zu bemerken. Morgen würde sie ihm vielleicht Rede und Antwort stehen müssen, aber heute folgte sie ihm, fast ohne dass ihr geschwächter Knöchel sich beschwert hätte. Sie spürte, wie ihre Stimmung sich hob, so wunderschön war die in silbernes Mondlicht getauchte Landschaft.
Vielleicht litt Jack auch nur an Rastlosigkeit und versuchte, sich mit einem ausgedehnten Spaziergang zu erschöpfen. Doch wenn dem so war, warum hatte er sich so sorgfältig vermummt, dass im Mondlicht kein einziges Mal sein strahlend weißes Hemd aufblitzte? Wollte er unbemerkt bleiben?
Natürlich würde niemand dem Duke of Dettingham Vorhaltungen machen, weil er sich entschlossen hatte, mitten in der Nacht in seinem Garten zu lustwandeln. Einem so bedeutenden Mann wurde jede Art von Exzentrizität
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