Historical Saison Band 17
ihr den Hof zu machen. Vielleicht würden sich die nächsten Wochen erfreulicher gestalten, als er es erhofft hatte. Er schlenderte zwischen den plaudernden Gästen hindurch und ließ sich in der Halle von einem Lakaien Hut und Mantel bringen.
Dann verließ er Haus Nummer acht an der Marine Parade mit beschwingteren Schritten, als er es betreten hatte.
Am nächsten Morgen verbarg sich die Sonne hinter dichten Wolken, und das Meer erstreckte sich in dumpfem Grau bis zum Horizont. Die Aussicht auf einen Spaziergang erschien Domino nicht besonders verlockend. Aber es war Sonntag, und es gehörte zu den Pflichten des spanischen Botschafters, mit seiner Tochter den Gottesdienst in der königlichen Kapelle zu besuchen.
Carmela wollte die beiden nicht begleiten. Niemals würde sie einen Fuß in eine protestantische Kirche setzen, verkündete sie. Also blieb sie daheim und verbrachte die nächste Stunde im privaten Gebet.
Obwohl Domino und ihr Vater sich nach der anstrengenden Soiree noch etwas ermattet fühlten, munterte die frische Luft sie bald auf, während sie die Promenade entlanggingen. Da der Empfang ein eindeutiger Erfolg gewesen war, blickte Don Alfredo seiner Mission voller Optimismus entgegen.
Domino freute sich über die gute Laune ihres Papas. Natürlich war es ihr nicht leichtgefallen, zum ersten Mal als Gastgeberin bei einem so wichtigen gesellschaftlichen Ereignis zu fungieren. Aber sie hatte ihre Aufgabe bravourös erfüllt.
Außer der Begegnung mit dem unmöglichen Mr Marchmain war nichts Unangenehmes passiert. Und er faszinierte sie sogar. Er erschien ihr rätselhaft und steckte voller Widersprüche. Einerseits wirkte er wie ein arroganter Lebemann, andererseits interessierte er sich für die schönen Künste. Offenbar war er reich genug, um seine Zeit im extravaganten Gefolge des Prinzregenten zu verschwenden. Aber das Verantwortungsgefühl, das zu einem solchen Vermögen gehörte, fehlte ihm vermutlich. Und seine gehobene gesellschaftliche Position an Georges Seite schien ihm zu missfallen.
Der Wind frischte auf, wehte von Westen her, und Domino musste mit einer Hand ihren Angoulême-Hut mit den hübschen vergoldeten Eicheln festhalten. Mit der anderen bändigte sie den pfirsichfarbenen Rock, der sich um ihre Beine bauschte. Während ihr Vater seine Pläne für die folgende Woche erläuterte, war sie mit ihren Gedanken woanders.
„Papa“, begann sie unvermittelt, als er für einen Moment schwieg, „was weißt du über Mr Marchmain?“
„Nicht viel. Er gehört zum Hofstaat des Prinzregenten. Wahrscheinlich ein reicher, lasterhafter Müßiggänger.“
Bestürzt biss sie auf die Lippe. Gewiss, Mr Marchmain war ziemlich unverschämt. Aber lasterhaft ?
„Kümmere dich nicht um ihn“, fügte Alfredo hinzu und tätschelte ihre Hand. „Georges Gefolge hält sich an seine eigenen Gesetze. Mit diesen Leuten geben wir uns nur ab, wenn es unbedingt sein muss.“
„Wieso ist Joshua Marchmain ein einfacher Mister? Eigentlich dachte ich, der Prinzregent umgibt sich nur mit adeligen Personen.“
„Ich glaube, der junge Mann ist mit einem Aristokraten verwandt und hat ein Riesenvermögen geerbt. Und das braucht er, wenn er dem Regenten Gesellschaft leistet. Aber warum interessierst du dich für ihn, querida ?“
„Nun, ich fand einfach nur, er hätte gestern Abend nicht zu unseren anderen Gästen gepasst.“
„Möglicherweise sollte Mr Marchmains Anwesenheit auf unserem kleinen Empfang bekunden, dass der Prinzregent Notiz von Spanien nimmt. Das müssen wir akzeptieren. Aber wir werden Distanz wahren.“ Er umfasste ihren Arm. „Komm, wir wollen selbstsicher auftreten und nicht den Eindruck erwecken, unsere verspätete Ankunft in der Kirche würde uns beschämen.“
Sie beschleunigten ihre Schritte. Ringsum wirbelte der Sommerwind Staub auf.
Brighton ist ein fashionabler Urlaubsort. Fast zu fashionabel, dachte Domino, und die Marine Parade keine ideale Adresse. Zu nahe beim Stadtzentrum gelegen, lockte sie zahlreiche Spaziergänger an. Wie Domino bereits festgestellt hatte, wohnten an dieser Straße, in der Nähe des Pavilion, mehrere junge Spunde, die sich auf amüsante Monate am Meer freuten. Und diese Dandys mit ihren gezupften Augenbrauen und gezwirbelten Schnurrbärten starrten nur zu gern alle jungen Damen an, die ihren Weg kreuzten. Sie wünschte, ihr Vater hätte ein Haus am Stadtrand gewählt. Aber wenigstens mussten sie nicht allzu weit gehen, um die Kirche zu erreichen.
Die
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