Historical Saison Band 17
begegnet. Und jedes Mal hatte es ihn gereizt, ihr Wesen zu erforschen.
An diesem Morgen hatte sie bezaubernd ausgesehen, in Pfirsichrosa und Cremeweiß. Auch wenn ihre dunklen Augen ihn verächtlich gemustert hatten. Sicher würde es ihm gelingen, ihrem Blick einen anderen Ausdruck zu verleihen. Wenn er jemals verrückt genug war, eine weitere Verbannung zu riskieren, würde ihn diese Herausforderung reizen. Noch nie war ihm Charlottes Nähe lästiger erschienen. Denn sie hatte es gewagt, sein Gespräch mit Domino zu stören – ein unverzeihlicher Fehler.
Die Duchess erwartete ihn im Vestibül des Royal Pavilion. Auf dem Umweg, den er gewählt hatte, war seine Laune etwas besser geworden. Für ihre galt das nicht.
Kaum hatte er die Halle betreten, herrschte Charlotte ihn auch schon an: „Da bist du ja, Marchmain! Ich dachte, ich hätte dich irgendwie verpasst.“
„Warum denn?“
„Natürlich nahm ich an, du würdest mich von der Chapel Royal hierher begleiten. Aber als ich mich nach dir umsah, warst du verschwunden.“
„Verzeih mir. Plötzlich empfand ich das Bedürfnis nach einem längeren Spaziergang. Und soviel ich weiß, ist das nicht dein liebster Zeitvertreib.“
„Ein Spaziergang mit dir ist immer ein Vergnügen, Joshua“, antwortete sie in etwas versöhnlicherem Ton.
„Dann muss ich dich noch einmal um Verzeihung bitten. Hätte ich das auch nur geahnt, wäre deine Gesellschaft höchst erfreulich gewesen“, log er.
Prüfend schaute sie ihn an. „Wieso kennst du die Tochter des spanischen Botschafters?“
„Wie du dich vielleicht entsinnst, vertrat ich den Prinzregenten gestern Abend auf Señor da Silvas Empfang“, erwiderte er gleichmütig.
„Anscheinend verstehst du dich sehr gut mit ihr.“
„Warum auch nicht? Meines Wissens strebt England bessere Beziehungen zu Spanien an.“
„Ah, daran liegt es also.“
Leo Moncaster schlenderte in die Octagon Hall und beobachtete das sichtlich angespannte Paar mit zynischem Vergnügen. „Ziemlich kalter Wind da draußen“, bemerkte er und lächelte heuchlerisch. „Das ist so problematisch an Brighton. Immer dieser Wind. Hoffentlich hat Prinny die Freuden der Meeresküste bald satt und kehrt nach London ins Carlton House zurück.“
Da die Duchess und Marchmain beharrlich schwiegen, hob er erstaunt die Brauen.
„Störe ich eine private Konversation? Wenn ja, muss ich mich untertänigst entschuldigen.“
„Nicht nötig, Moncaster, Ihre schlechten Manieren sind allgemein bekannt“, entgegnete Joshua mit scharfer Stimme – unfähig, seine Abneigung gegen den Mann zu verhehlen. „Soeben wollte ich mich von Ihrer Gnaden verabschieden“, fügte er hinzu und ging davon, um seine Räume aufzusuchen.
Fragend wandte Leo Moncaster sich zu Charlotte. „Ich weiß, ich gehöre nicht zu Marchmains Favoriten. Aber was erzürnt ihn außer meiner unwillkommenen Anwesenheit?“
„Sicher nicht mehr als eine langweilige Predigt in der Chapel Royal und ein langer Fußmarsch.“
„Er erschien mir etwas durcheinander. Und das sieht ihm gar nicht ähnlich.“
„Vielleicht habe ich ihn geärgert“, gab die Duchess in neutralem Ton zu.
„Womit denn?“
„Ich lud eine junge Dame, die er anscheinend protegiert, zu einer meiner Soireen ein. Und das missfiel ihm.“
„Warum?“
„Nun, möglicherweise glaubt er, ich könnte das unschuldige Mädchen verderben.“ Charlotte lächelte vielsagend. „Wären Sie so freundlich, mich zum Steine House zu begleiten? Ich weiß, es ist nicht weit. Aber an der Seite eines verlässlichen Gentleman fühle ich mich sicherer.“
Moncaster bot ihr seinen Arm und führte sie an dem Lakaien, der neben der Tür postiert war, vorbei aus der Halle. Aber so leicht ließ er sich nicht von dem interessanten Thema abbringen. Während sie die Pavilion Gardens durchquerten, erkundigte er sich: „Und welche Unschuld mag das sein – wenn sie Marchmain so gut kennt?“
„Seien Sie nicht bissig, Leo. Joshua ist ein Gentleman.“
„Glauben Sie das? Kein Mann kann der Versuchung widerstehen, ein unschuldiges Mädchen zu verführen.“
„Nun, Sie müssen es ja wissen“, erwiderte sie gelangweilt. „Ihr Ruf eilt Ihnen voraus.“
„Wenigstens gebe ich nicht vor, ich wäre anders, als ich bin“, konterte er. „Auch Marchmain ist ein Wüstling – was er raffiniert verbirgt.“
„Unsinn, Joshua ist kein Wüstling, sondern ein Mann von Welt, der auf gewisse Unterschiede Wert legt.“
„Indem er Sie erwählt,
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