Historical Saison Band 19
geschrieben hatte, und ein verlockend weiches Päckchen für sie, auf dem in seiner Schrift „Mit besten Wünschen“ stand.
Nathan und Joseph hatten für Ajax ein klumpig eingepacktes Rechteck dazugelegt und ein Fläschchen mit Hugos Namen. Als sie daran schnupperte, wusste sie, dass die beiden wohl gegen einige kleine Hilfsarbeiten von Opa Janes eine Flasche von seinem teuflischen Selbstgebranntem erhalten hatten. Doch für sie hatten die Jungen offenbar kein Geschenk besorgt. Vielleicht hatte sie Hugos Andeutungen missverstanden und die beiden hatten dem Schreiner in den letzten Tagen tatsächlich nur geholfen und kein Geschenk für sie gebastelt.
Hugo murmelte etwas davon, dass er nachsehen wolle, ob in der Scheune seine Hilfe benötigt wurde, und verschwand. Sie badete die Jungen, steckte sie in ihre Sonntagsanzüge und wollte sich gerade selbst für das Fest fertigmachen, als die Zwillinge sie zum Stall riefen. „Ajax’ Kandare ist weg“, erklärte Nathan. „Wir wollten sie sauber machen, aber nun wissen wir nicht mehr, wo wir sie hingelegt haben.“
„Ihr werdet Morgen danach suchen müssen, jetzt ist dafür keine Zeit. Ich muss mich noch umziehen. Außerdem macht ihr euch nur wieder schmutzig, wenn ihr im Stall herumwühlt.“
„Aber, Mama!“ Nathan klang verzweifelt. „Du musst uns helfen. Wir wollen den Major nicht verärgern.“
„Oh, na schön, aber Beeilung bitte.“
Zehn Minuten später war die Kandare immer noch spurlos verschwunden. „Ich kann mich jetzt nicht länger damit beschäftigen, tut mir leid.“
Sie war schon wieder im Haus, noch ehe das klagende „Aber, Mama!“ der Jungen ganz verklungen war. Über sich hörte sie ein Klopfen. Ein Einbrecher? Mit stürmisch klopfendem Herzen griff sie nach dem Schüreisen, raffte die Röcke und war schon halb die Treppe hinaufgelaufen, als ihr einfiel, dass das Dorf immer noch von der Außenwelt abgeschnitten war und gewiss keiner ihrer Nachbarn auf den Gedanken kommen würde, ohne ihre Erlaubnis den oberen Stock zu betreten. Sicher war es nur eine Katze oder eine Ratte …
Schwungvoll stieß sie die Tür auf und entdeckte zu ihrer Überraschung Hugo, der in ihrer Schlafkammer stand. „Was in aller Welt tust du hier?“, fragte sie. Dann bemerkte sie den Hammer in seiner Hand und an der Wand gegenüber dem Bett ein blau angestrichenes Regal. Ein Becher mit Stechginsterzweigen stand darauf.
„Oh! Das also haben die Jungen bei Mr Daventry gemacht! Oh, Hugo, vielen Dank, dass du ihnen geholfen hast.“
Er lächelte, worauf ein halbes Dutzend Nägel zwischen seinen Zähnen sichtbar wurde, die er in seine Hand fallen ließ. „Du hast mich ganz schön erschreckt; beinahe hätte ich die hier verschluckt. Die Zwillinge haben gute Arbeit geleistet … und hier kommen sie auch schon.“
Nathan und Joseph stürmten ins Zimmer. „Mama, gefällt dir das Regal?“
„Es ist wunderschön. Ihr seid so geschickt und klug!“
„Mr Daventry hat die Sterne eingeschnitzt und der Major hat uns beim Anstreichen geholfen“, gab Joseph zu.
„Alle Handwerker haben Gehilfen“, sagte Emilia und nahm das Regal sorgfältig in Augenschein. „Das habt ihr wunderschön gemacht.“ Sie umarmten sie fröhlich. Und als sie sich zu ihnen hinunterbeugte, um sich küssen zu lassen, dachte sie, wie viel Glück sie doch hatte und wie undankbar es wäre, sich noch mehr zu wünschen. „Ich muss mich umziehen. Könnt ihr runtergehen und einen frühen Tee bereiten, danach packen wir die Geschenke aus. Ach, und nehmt den Schürhaken mit.“
Die Jungen liefen begeistert aus dem Zimmer. Hugo schickte sich an, ihnen zu folgen, neben Emilia blieb er jedoch noch einmal stehen. „Du hast großes Glück, eine solche Familie zu haben“, sagte er. „Danke, dass ihr mich in eure Mitte aufgenommen habt.“ Dann beugte er sich vor, um sie zu küssen.
Hätte Emilia sich nicht bewegt, hätte Hugo nur flüchtig ihre Wange gestreift, so wie es eigentlich seine Absicht gewesen war. Doch sie drehte den Kopf und so trafen sich ihre Lippen. Er konnte sich nicht rühren und auch sie schien wie erstarrt, während ihre Münder glutvoll miteinander verschmolzen. Dann fiel ihm der Hammer aus der Hand und landete krachend auf dem Boden.
Erschrocken wich sie zurück. „Nein!“
„Ich wollte dich nicht auf den Mund küssen.“ Oder doch? Er war sich nicht mehr sicher. Alles, was er wusste, war, dass sich tief in seinem Inneren Verlangen, Lust und eine tiefe schmerzvolle Sehnsucht
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