Historical Saison Band 19
überzeugen versuchte: sich oder die Jungen. Vielleicht, so flüsterte eine innere Stimme, werden sie es Emilia erzählen und sie wird verstehen, dass diese Sache zwischen uns nur aus der erzwungenen Nähe erwachsen ist.
„Wann ist bei euch Bescherung?“, fragte er. Es war definitiv an der Zeit, das Thema zu wechseln und Geschenke waren das einzige Thema, das ihm ihre ungeteilte Aufmerksamkeit sicherte.
„An Heiligabend, ehe wir zum Fest gehen.“
„Gut, ich hänge das Regal im Zimmer eurer Mutter auf, wenn ihr sie draußen im Stall ablenkt“, schlug er vor.
Er versuchte, sich an die Bescherungen seiner Kindheit zu erinnern. Seine Vormunde hatten ihm für Heiligabend eine angemessene Summe zur Verfügung gestellt und er hatte, unter Aufsicht seiner Gouvernante, jedem seiner Dienstboten einen Brief geschrieben und ein Geldgeschenk darin eingewickelt. Die Verwalter bekamen einen wohlformulierten Weihnachtsbrief mit guten Wünschen und Dank für ihren Rat im vergangenen Jahr.
Während seiner Schul- und Armeezeit hatte er natürlich immer wieder Geschenke für Freunde besorgt und sie mit einigen fröhlichen Worten überreicht. Diese Geheimniskrämerei indes, das heimliche Planen und besorgte Grübeln, ob man auch wirklich das richtige Geschenk für jeden gefunden hatte, waren ihm völlig neu. Eine Familiensache, vermutete er, die ihm jedoch ausgenommen gut gefiel, wie er feststellte, als sie in den Stall zurückkehrten.
„Mama?“
„Ja, Nathan.“ Ihren Teig knetend wartete Emilia geduldig darauf, was jetzt wohl kommen würde. Am Ton hatte sie erkannt, dass ihren Söhnen wieder einmal eine ungemein wichtige Frage auf der Seele brannte. Sie hatten schon darüber geredet, woher die Babys kamen, ob ihr Papa wirklich im Himmel war und warum Johnny Pullin immer raufen wollte. Offensichtlich ging es nun um eine nicht weniger wichtige Angelegenheit.
„Warum heiratet der Major nicht dich? Er sucht eine Gemahlin und du würdest dich dafür gut eignen, obwohl er keine Frau braucht, die kochen kann.“
„Warum …? Woher in aller Welt wisst ihr das?“ Unvermittelt hielt sie, die Hände im klebrigen Teig vergraben, beim Kneten inne.
„Wir haben ihn gefragt, ob er verheiratet ist und er hat gesagt, dass er sich nach Weihnachten eine Gemahlin suchen wolle. Aber er hat schon eine Köchin, deshalb muss sie nicht kochen können.“
„In der Tat? Und warum würde ich mich dafür eignen, wenn ich fragen darf?“ Ihr Herz raste. Was um Himmels willen hatte Hugo den Jungen erzählt?
„Er sagt, er hätte gerne eine hübsche Frau und du bist hübsch. Und er sagte, sie solle aus denselben Kreisen kommen wie er, damit sie über Dienstboten und Pächter und so etwas Bescheid weiß. Aber das könntest du doch bestimmt lernen, Mama?“
„Nein“, erwiderte sie rundheraus. „Wenn der Major sagt, sie solle aus denselben Kreisen stammen wie er, dann meint er damit eine Dame aus einem großen Haus, jemand, der schon eine Menge Dienstboten hat und vermutlich auch einen Titel. Lasst uns bitte jetzt nicht länger davon reden, denn dem Major gefällt es bestimmt nicht, wenn ihr hinter seinem Rücken über seine persönlichen Angelegenheiten schwatzt.“
Niedergeschlagen schlurften die Jungen davon. Ebenso bedrückt widmete sich Emilia weiter dem Teig. Natürlich hatten die Kleinen ihre Neugier nicht bezwingen können. Hugo hatte gewiss geahnt, dass sie ihr alles brühwarm weitererzählen würden, und ihr so unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass Welten sie voneinander trennten. Es war demütigend, dass er es überhaupt für nötig befand, sie davon in Kenntnis zu setzen, dass ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg.
Opa Janes hatte prophezeit, dass es nach Weihnachten tauen würde und dann würde Major Lord Hugo Travers, oder wie auch immer er wirklich hieß, für immer aus ihrem Leben verschwinden. Emilia nahm den Teig aus der Schüssel und ließ ihn auf ein bemehltes Brett klatschen. Je eher dieser Tag kam, desto besser. Dennoch fürchtete sie, dass er ihr wohl nie wieder aus dem Sinn gehen würde. Oder aus dem Herzen.
An Heiligabend herrschte geschäftiges Treiben. Emilia bereitete das Festessen vor und wies die Männer an, welche Fässer sie zur Scheune bringen sollten.
Auf der Kommode waren schon die Geschenke bereitgelegt: Süßigkeiten, Bücher, neue Mäntel für ihre Söhne, die ordentlich eingepackten Schnupftücher für Hugo … außerdem eine mysteriöse große Kiste, auf die Hugo die Namen der Jungen
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