Historical Saison Band 19
fühlen.
Nun kam er jedoch gar nicht dazu, darüber nachzugrübeln, da er von allen Menschen freundlich begrüßt wurde. Den Männern, mit denen er in der Schankstube gesessen hatte, winkte er fröhlich zu und vor den Frauen, die er im Laufe des Tages kennengelernt hatte, verneigte er sich.
Als sie in der Scheune ankamen, herrschte dort schon ausgelassene Stimmung. Entlang der Wände standen Bänke und Tische, und im hinteren Teil hatten die Frauen ein Buffet mit ihren mitgebrachten Speisen und Getränken aufgebaut. In einer Ecke übte eine bunt zusammengewürfelte Kapelle und erfüllte die Scheune mit den Klängen zweier Fiedeln, eines uralten Kontrabasses, einer Trommel und einer Flöte.
Überall fanden sich Girlanden und Stechpalmenzweige. Der köstliche Duft des Rinderbratens, der vor dem Scheunentor gegrillt wurde, strömte jedes Mal herein, sobald jemand eintrat. Von einem Balken über dem vorbereiteten Tanzboden, auf dem die Kinder ausgelassen Fangen spielten, hing ein großer Bund Mistelzweige herab.
„Das nenn ich ein Fest“, sagte Hugo zu Emilia.
„Du kannst mir beim Vorbereiten des warmen Würzbiers helfen“, sagte sie, nachdem sie die Mäntel abgelegt hatten. Rasch verknotete sie die Enden des Tuchs, das ordentlich um ihre Schultern lag, hinter ihrer Hüfte, um sie vom Topf fernzuhalten. Zwei Männer brachten den Kessel von der Feuerstelle zu ihr herüber.
„Da hinten stehen Rum- und Brandyflaschen. Ich brauche jeweils eine.“ Sie gab braunen Zucker, Gewürznelken und andere Gewürze in das vorgewärmte Ale. Hugo kam mit den Flaschen zurück. „Nun darfst du beide Flaschen in den Topf schütten, und zwar ganz“, sagte sie schmunzelnd, als er fragend eine Augenbraue hob. Während er den Alkohol in das Ale goss, rührte sie um und rieb Muskatnuss in die Mischung. Freundschaftlich nah standen sie beieinander, und als sie nach einem Löffel griff, um zu kosten, stieß sie ihn neckisch zur Seite.
Hat sie mir verziehen? fragte er sich. Selbst wenn, machte es keinen Unterschied. Obwohl Emilia ihm scheinbar seine plumpe Gedankenlosigkeit vergeben hatte, wirkte sich das nicht auf die Gefühle aus, die sie in ihm geweckt hatte …
„Das warme Würzbier ist fertig, Billy“, rief sie einem der Männer zu, der daraufhin eine verbeulte Handglocke läutete. Die Erwachsenen versammelten sich um den Kessel und füllten ihre Becher.
„Was geschieht nun?“, fragte Hugo, während er für sich und Emilia zwei dampfende, wohlriechende Krüge zu einer Bank trug.
„Sobald sich die Kapelle eingespielt hat, wird getanzt, bis der Braten fertig ist. Nach dem Mahl tragen wir abwechselnd Lieder oder Gedichte vor. Anschließend werden die Tische wieder zur Seite gerückt und es gibt erneut Musik und Tanz … solange, bis wir alle müde sind.“ Mit freudig funkelnden Augen sah Emilia sich um und nippte dann an ihrem Ale. Einen Augenblick später verwandelten sich die unmelodischen Klänge der Kapelle in ein fröhliches Lied.
Hugo dachte an die Bälle der feinen Gesellschaft und die sorgfältig zur Schau gestellte Langeweile der Damen, die sich einbildeten, dadurch gebildet und kultiviert zu wirken. Emilia hingegen erwartete, sich zu vergnügen, wie ihre heitere Miene und ihre im Takt wippenden Füße verrieten.
In einem Zug leerte er seinen Becher und stand auf. „Lass uns tanzen.“
„Kannst du denn überhaupt tanzen?“ Sie schaute zu ihm auf. „Solche Tänze, meine ich. Man kann das hier wohl kaum mit Almack’s vergleichen.“
„Dem Himmel sei Dank dafür“, erwiderte Hugo nachdrücklich. „Ein Gutes hatte es, mit Wellington in die Schlacht zu ziehen: Der Mann ist sehr gesellig, daher gab es des Öfteren Tanzveranstaltungen in Scheunen, Schlössern, Gasthöfen und unter freiem Sternenhimmel. Und diese Gesellschaften waren keineswegs vornehm, sondern durch und durch von ländlichem Charakter geprägt.“
Ein Dutzend Paare hatte sich auf der Tanzfläche versammelt, genug, um Emilias Ruf keinen Schaden nehmen zu lassen, wenn sie mit ihm tanzte, befand er. Nach den ersten Schritten allerdings wurde ihm bewusst, dass sie keine solchen Bedenken hegte und vermutlich sogar entschlossen war, sich von jedem anwesenden Mann auffordern zu lassen, bevor der Abend zu Ende ging.
Fröhlich vollführten sie Promenaden und Schrittfolgen, bei denen sie sich miteinander und um andere Paare drehten, und lachten, wenn sie versehentlich mit anderen zusammenstießen, weil sich der Tanzboden immer mehr füllte. Die
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