Historical Saison Band 19
Dachsparren erbebten unter den rhythmischen Schritten, der Trommelschläge und dem Gelächter der ausgelassen feiernden Gesellschaft.
„Der Mistelzweig!“, rief jemand. „Wenn wir drunter durchgehen, müssen wir uns küssen!“
Bestürzt warf er Emilia einen Blick zu, doch sie lachte nur und hob ihr Gesicht in Erwartung seines Kusses, als die Schritte der Promenade sie unter den Mistelzweig führten. Ihre Blicke verfingen sich, und als sich ihre Lippen trafen, stand einen Augenblick lang die Zeit still. Der Boden unter seinen Füßen schien sich zu drehen, während die Zuschauer wie bei jedem sich küssenden Paar klatschten und johlten. Gleich darauf lösten sie sich wieder voneinander und schlossen sich der Reihe der anderen Paare an.
Eine Stunde später, schwindelig von Tanz und Würzbier, ließ sich Hugo neben seiner letzten Tanzpartnerin, der üppig gebauten Müllerstochter, auf eine Bank fallen. „Ich bin völlig erschöpft!“
„Da kommt der Braten“, sagte sie. „Oh, das ist aber ein schöner Braten, das will ich meinen. Essenszeit, Major.“
Er fragte sich, ob er sich einen Platz weit entfernt von Emilia suchen sollte, doch da standen die Jungen schon neben ihm und zogen ihn mit sich an ihren Tisch.
„Amüsierst du dich?“, fragte Emilia, während sie erst Teller und Gabeln, dann die Platten mit den Speisen den Tisch entlang reichten.
„Und wie!“, antwortete Hugo und gab dampfendes Rindfleisch auf seinen Teller.
„Das hattest du wohl nicht erwartet, nicht wahr?“, fragte sie mit seltsam traurigem Lächeln.
„Nein“, gab er zu. „Ich dachte, ich würde mich fehl am Platze fühlen, weil ich nicht glauben konnte, dass die Menschen hier einen Fremden freudig in ihrer Mitte aufnehmen würden.“
„Du bist kein Fremder“, entgegnete sie sanft. „Du hast unseren Dorfältesten geholfen, mit den Männern gearbeitet und getrunken und dieses Fest ermöglicht. Man mag dich.“
Zu gern hätte er gefragt, ob auch sie ihn mochte. Sie begehrte ihn, das hatte sie ihm eingestanden, wenngleich ihre Küsse es ihm auch ohne Worte verraten hatten. Vielleicht könnte sie jedoch für jeden halbwegs anständigen Mann ähnliche Gefühle hegen. Allerdings wusste er auch, dass sie seine Nähe genoss. Emilia war viel zu aufrichtig, ihre Gedanken in ihrer Miene viel zu leicht zu lesen, weshalb sie auch nicht verbergen konnte, wie sehr sie seine Gesellschaft schätzte. Vor allem aber vertraute sie ihm ihre Söhne an und das bedeutete ihm viel.
Allein, er wollte mehr, obgleich er keine Worte dafür fand. Seine Brust war wie zugeschnürt und er verspürte ein seltsames Ziehen in seinem Inneren, verstärkt von der dunklen Vorahnung, dass er unmittelbar davorstand, sich ins Unglück zu stürzen. Erneut überkam ihn dieses schwindelerregende Gefühl, als ob man ihm den Boden unter den Füßen fortgezogen hatte.
Am nächsten Morgen würde er abreisen und ins Haus seiner Ahnen zurückkehren. Zurück zu seinen Pflichten und der Verantwortung, sich eine passende, eine standesgemäße Gemahlin zu suchen, wie es sich für den Earl of Burnham gebührte. Pflichten und Verantwortung wahrzunehmen, darin war er gut.
Als das Festmahl endete, wurden Lieder gesungen und Gedichte vorgetragen. Mr Daventry, der Schreiner, begeisterte sein Publikum mit Zaubertricks. Er holte Münzen aus den Ohren kleiner Jungen hervor, ließ Spielkarten verschwinden und brachte ein Huhn zum Schlafen.
Hugo amüsierte sich köstlich, lachte mit den anderen und spendete johlend Beifall. Schließlich forderte man auch Emilia lautstark auf, ein Lied vorzutragen. Bereitwillig kam sie der Bitte nach. Ihre Stimme war – wenngleich ungeübt – klar, wohlklingend und schlicht bezaubernd. Obwohl sie fröhliche Lieder sang, verschwamm Hugo plötzlich die Sicht und er stellte zu seinem Entsetzen fest, dass ihm Tränen in den Augen standen.
Als der Beifall einsetzte, putzte er sich verstohlen die Nase. Er glaubte, die Fassung zurückgewonnen zu haben, als Emilia schließlich errötend wieder neben ihm Platz nahm.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie, den Kopf leicht schräg gelegt, um sein Gesicht genauer zu mustern. „Habe ich so schlecht gesungen?“
„Es ist alles in Ordnung.“ Er räusperte sich. „Du hast ganz wunderbar gesungen, aber dieser Rauch hier … Schau, es wird wieder getanzt … sollen wir auch?“
Trotz ihres immer noch fragenden Blicks reichte sie ihm die Hand. Gleich darauf nahmen sie an einem ausgelassenen Tanz teil, der
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