Historical Saison Band 19
lediglich den nötigen Wohlstand für das tägliche Leben garantieren müssen und damit eine Sicherheit, die sie mit dem Tod des Vaters verloren hatte.
Und dann war Peter zurückgekommen und hatte sie mit einem Mal voller Verehrung angesehen – mit seinen funkelnden Augen, die einen feurigen männlichen Ausdruck annahmen, der ihr bis dahin unbekannt gewesen war. Der gesunde Menschenverstand setzte aus, als ob die vorangegangenen Monate, in denen sie sich selbst mühsam zu einer Dame erzogen hatte, nie stattgefunden hätten. Damals muss er schon gewusst haben, dass in Holm Park einiges falsch lief, dachte sie auf ihrem schmalen Gouvernantenbett in dem kleinen sauberen Zimmer liegend und überließ sich wieder den Erinnerungen. Gewiss hatte Onkel Hartley die finanziellen Zuwendungen für Peter gekürzt, da ein junger Beau wie er sonst nicht mehr dieselben Gehröcke wie im Vorjahr und leicht vergilbte Leinenhemden getragen hätte. Sie konnte sich gut vorstellen, wie erniedrigend es für den stolzen jungen Peter Vane gewesen sein musste, mit diesen erkennbaren Anzeichen der Verarmung herumzulaufen.
Dennoch hatte er in ihren Augen umwerfend ausgesehen. Sie hatte seine bewundernden Blicke erwidert, und ihr war sofort aufgefallen, dass seine Züge reifer und noch maskuliner geworden waren. In diesem Moment war Dina aufgeregt die Stufen hinuntergerannt und hatte sich unter Freudenschreien auf ihren Bruder gestürzt, der die Umarmung gelassen erwiderte. Sie selbst hatte nachsichtig lächelnd danebengestanden und sich nicht anmerken lassen, dass sie sich noch viel dringlicher wünschte, in seinen Armen zu liegen.
„Warum bist du so früh nach Hause gekommen, Peter?“
Edwina hatte diese Frage gestellt, die Sophie nicht zu stellen wagte, damit ihm nicht auffiel, wie wichtig es ihr war, was er tat und wie lange er bleiben würde.
„Wie kannst du mich so etwas fragen, obwohl du genau weißt, dass ich in der nächsten Woche Geburtstag habe, Mädchen?“, hatte er ein wenig spöttisch erwidert, doch sein Lächeln hatte Sophie nicht überzeugt, auch wenn sich Dina vollkommen mit dieser Erklärung zufriedengegeben hatte.
Natürlich hat sein Vater nach ihm schicken lassen, entsann sich Sophie mit einer Spur von Hass in ihrem Herzen für den schwachen Mann, der die Zukunft seiner Kinder leichtfertig am Kartentisch aufs Spiel gesetzt hatte. Eine überstürzte Hochzeit seines Sohnes mit der Erbin eines gewaltigen Vermögens, das durch Sklavenarbeit und Baumwollspinnerei entstanden war, sollte die finanzielle Situation der Vanes retten und Hartley Vane neuen Kredit an den Spieltischen gewähren. Doch offensichtlich hatte diese Hochzeit nie stattgefunden. Was um alles in der Welt hatte Onkel Hartley getan, um dennoch dem nächsten Schuldgefängnis zu entgehen?
Sophie war klar, dass sie nie einschlafen würde, wenn sie weiter an die vielen Sünden und Versäumnisse ihres Vormunds dachte. Ruhelos drehte sie sich hin und her und verlagerte den Kopf auf dem kühlen leinenen Kissenbezug. Wie sie um alles in der Welt nach einer solchen Aufregung einschlafen sollte, war ihr ein Rätsel, obgleich die Augen schwer und die Glieder ermattet waren.
In der Woche, die es gedauert hatte, bis Hartley Vane sich vom Spieltisch und seiner damaligen Mätresse losgerissen hatte, hatten sich Sophie und Peter Hals über Kopf ineinander verliebt. Sie hatten jeden Moment ausgekostet, als ob sie geahnt hätten, dass ihnen nicht viel Zeit bleiben würde. Sophie hatte alle bisherigen Zukunftspläne und vernünftigen Bedenken über Bord geworfen und sich bedingungslos in den Wahnsinn der Liebe gestürzt. Oh, wie sehr sie diesen jungen und heißblütigen Peter Vane geliebt hatte! Durch ihn hatte sie ihr Schicksal lieben gelernt, ihren guten Stern, einfach alles. Genau wie sie es ihm ins Ohr geflüstert hatte, in jener Nacht in der Rosenlaube unten am See von Holm Park, und die Nachtigallen hatten sowohl wortwörtlich wie auch im übertragenen Sinne nur für sie gesungen.
Mit einem Mal tauchte sie ganz in die Erinnerungen ein und war wieder dort – ohne Vorbehalt liebend und berauscht angesichts der Magie, die sie umgab. Sie hatte verträumt auf ihm gelegen, nachdem sie sich lange und leidenschaftlich geliebt hatten. Es war, als hätten sie die drei Stunden nachholen müssen, in denen sie einander nicht in den Armen gelegen hatten, weil sie mit Edwina speisen und den Anstand hatten waren müssen. Die Kissen und Decken, die sie in den letzten wunderbaren
Weitere Kostenlose Bücher