Historical Saison Band 19
offenkundig das Gegenteil dessen bewirkt, was sie beabsichtigt hatte und dafür gesorgt, dass sie auffiel, anstatt unscheinbar zu bleiben. Ab morgen würde sie Peter nur noch mit Gleichgültigkeit gegenübertreten, damit er sie für die restliche Zeit, die er in Heartsease Hall verbrachte, in Ruhe ließ. Die Aussicht auf weitere Tage wie diesen ließ sie darüber nachdenken, nach draußen in den Schnee zu gehen und sich alleine durchzuschlagen. Mrs Garret-Lowden würde sie ohnehin vor die Tür setzen, sobald sie im Haushalt mitzubestimmen hatte.
„Warum haben Sie Ihr hässlichstes Kleid angezogen und den ganzen Abend so getan, als ob Sie eine Vogelscheuche wären, Rosie?“, hakte Imogen nach und sah Sophie ernst mit ihren unschuldigen blauen Augen an.
„Ich wollte deine Würde als Tochter des Hauses unterstreichen.“ Unter dem prüfenden Blick der ehemaligen Schülerin wurde ihr ganz unbehaglich zumute.
„Ich denke eher, dass Lord Sylbourne Sie durcheinanderbringt. Er ist ein sehr entschiedener und kritischer Gentleman, nicht wahr?“
„Heutzutage ist er beinahe ein wenig zu unnachsichtig“, bestätigte Sophie.
„Außer wenn er lacht, und auch nicht, wenn er sich scherzhaft mit Audrey und Vi unterhält. Offensichtlich kann er gut mit Kindern umgehen“, stellte Imogen nachdenklich fest.
„Möglicherweise hat er eigene Kinder“, entgegnete Sophie unsicher, und erschrocken stellte sie fest, wie schwermütig ihre Stimme klang.
„Lady Edwina hat nichts davon gesagt, und sie können wohl kaum im Alter meiner Schwestern sein, denn er ist bestimmt nicht älter als dreißig.“
„Er ist achtundzwanzig“, verbesserte Sophie sie ohne nachzudenken. „Er hat im Juni Geburtstag“, fügte sie ausdruckslos hinzu.
„Sie kennen Lord Sylbourne und seine Schwester in Wahrheit sehr gut, nicht wahr, Rosie?“, hakte Imogen gnadenlos nach. „Sie müssen einmal sehr vertraut mit ihnen gewesen sein, wenn Sie sich so rasch an seinen Geburtstag erinnern. Obwohl Sie vorgegeben haben, nur entfernt über eine Heirat mit ihnen bekannt zu sein, als Lady Edwina dieses Geheimnis unvorsichtigerweise preisgegeben hat.“
„Die Geburts- und Todesdaten der Familie Vane stehen in jedem Buch über den Hochadel und sind für die Allgemeinheit einsichtig.“
„Und Sie erwarten von mir, dass ich Ihnen glaube, dass Sie die Daten als Nachtlektüre auswendig lernen?“
„Nein, ich bezweifle, dass du mir so viel Freiraum zugestehst.“
„Der steht Ihnen auch nicht zu, wenn Sie all die Jahre über solche Geheimnisse vor uns Fraynes hatten, Rosie. Ich bin tief erschüttert.“
„Nein, das bist du nicht. Du bist begeistert, weil du mich dabei ertappt hast, es mit der Wahrheit nicht ganz genau genommen zu haben, auch wenn es keine unverblümte Lüge war.“
„Das ist auch vollkommen normal für eine arme getäuschte Freundin wie mich“, erklärte Imogen mit einem dramatischen Pathos, das an die theatralische Art ihrer verstorbenen Mutter erinnerte.
„Wir leben nicht in einem Melodram, Imogen. Darf ich dich daran erinnern, dass es dir nie recht gelungen ist, mich mit deiner Schauspielerei zu überzeugen.“
„Sie haben eindeutig jahrelang Ihr eigenes Drama durchlebt, Rosie. Ich spüre, dass es ein Mysterium gibt, und Sie wissen, wie sehr ich es liebe, solchen Rätseln auf die Spur zu kommen.“
„Es gibt nichts Aufsehenerregendes über mich herauszufinden. Ich bin eine ganz gewöhnliche und langweilig anständige Person, die nun einmal in ihrer Jugend mit der Familie Vane bekannt gewesen ist. Das ist alles“, log Sophie mit schlechtem Gewissen.
„Und obgleich die Vanes zu den mächtigsten und angesehensten Familien des Landes zählen, sprechen Sie nicht offen über diese Bekanntschaft? Mit solchen Freunden hätten Sie eine gewinnbringendere Anstellung bekommen oder schon längst eine sehr respektable Ehe eingehen können, oder etwa nicht, Rosie?“
„Nein, weil wir uns jetzt nicht mehr so nahestehen“, offenbarte Sophie. Immerhin musste selbst einem gleichgültigen Beobachter klar geworden sein, dass die Beziehung zur Familie Vane nicht von Herzlichkeit bestimmt war.
„Das macht es noch interessanter“, bekundete Imogen unerbittlich.
„Nein, meine Liebe, nur höchst unangenehm“, widersprach Sophie steif, und die Vorstellung, dass Peter und Edwina Vane wahrscheinlich heute Nacht sehr schlecht unter diesem Dach schliefen, weil sie es mit ihnen teilte, war regelrecht qualvoll.
„Also mir war sofort klar, dass
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