Historical Saison Band 19
Lady Frayne zu Bescheidenheit zu erziehen und sie zu lehren, sich nichts auf ihr Äußeres, ihren natürlichen Charme und ihre beträchtliche Intelligenz einzubilden.
„Es hat nie eine verwöhntere Gouvernante als mich gegeben. Und ich kann mich glücklich schätzen, meine Schülerinnen sehr zu lieben. Aber ich bin mir gewiss, dass du dir besser andere Ziele setzen solltest.“
„In jedem Fall sind Sie ein Vorbild für mich, Rosie. Obwohl es vermutlich etwas anderes ist, die Herrin des Hauses zu sein und eigene Töchter großzuziehen, nicht wahr? Dennoch sehe ich nicht ein, weshalb Sie von mir erwarten, widerspruchslos zu heiraten, während Sie es entschieden ablehnen, eine Ehe einzugehen. Das erscheint mir höchst unlogisch“, argumentierte Imogen listig.
„Ach, ich habe doch gar keine Aussichten und besitze auch keine liebende Familie, die sich eifrig bemüht, mich mit geeigneten Gentlemen bekannt zu machen. Was allerdings nicht weiter zu beklagen ist, denn ich bin bereits fünfundzwanzig und stelle außerdem keine gute Partie dar. Daher sollten wir aufhören, über meine Zukunft zu reden und uns lieber wieder deiner zuwenden, meine Liebe. Und ich würde dir raten, einen netten Gentleman zu heiraten, der über einträglichen Grundbesitz in einem schönen Teil des Landes verfügt. Dort kannst du dann deine eigenen Kinder, anstatt die anderer Leute großziehen. Sobald deine Schwestern dem Schulzimmer entwachsen und ebenfalls alt genug sind, einen attraktiven und stattlichen Ehemann zu finden, werde ich mir ein hübsches Cottage in eurer Nähe suchen und eine Schule für eure Töchter und ein paar sorgfältig ausgesuchte Mädchen von guter Herkunft eröffnen, die eine anständige Ausbildung anstreben. Dann habe ich es bis zum Lebensende gut und unterrichte lauter liebenswerte und bescheidene junge Damen.“
„Sie versuchen ja nur abzulenken, Miss Rose“, tadelte Imogen sie streng. „Ich werde für Sie einen Gentleman finden, dem Sie nicht widerstehen können – und wenn ich Sie mit nach London zerren muss, um ihn aufzuspüren.“
„Keine zehn Pferde brächten mich dazu, dich zu begleiten! Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, deine Schwestern zu unterrichten und kann mich nicht in der Stadt vergnügen.“
Sophie hielt inne und wünschte, dem unliebsamen Gesprächsthema ihrer Verheiratung, beziehungsweise Nichtverheiratung zu entrinnen. In diesem Moment vernahm sie einen schwachen Laut, der von draußen aus dem unwirtlichen Halbdunkel kam, das der Schneesturm mit sich gebracht hatte.
„Sei bitte einen Moment still, Imogen. Hast du das gerade gehört? Ich glaube, ich habe ein Wiehern vernommen. Aber es wird doch heute keiner wagen, sich draußen aufzuhalten …“
„Ein Reiter hätte es jetzt freilich schwer, denn er könnte vor lauter Schneetreiben kaum die Hand vor Augen sehen. Außerdem wäre es eine verrückte Idee, inmitten des Sturms unserem einsamen Haus auf der Anhöhe einen Besuch abzustatten – Meilen vom nächsten Dorf entfernt.“
„Dann habe ich es mir wahrscheinlich nur eingebildet. Ich hatte die stille Hoffnung, dein Bruder Lysander würde die Zeit finden, zu uns zu reiten und uns den Weihnachtssegen zu erteilen, jetzt, da er die geistlichen Weihen empfangen hat. Aber bei dem Wetter ist es natürlich völlig unmöglich“, stellte Sophie nachdenklich fest.
Sie entfernte sich vom Kaminfeuer, trat an das Fenster und spähte so gut sie konnte hinaus in das Schneegestöber.
„Nein, jetzt bin ich mir ganz sicher, dass ich da draußen gerade eine Bewegung gesehen habe. Ob Cordage wohl hinausgegangen ist, um etwas zu erledigen, das er plötzlich für dringend erachtete, und sich im Schneetreiben verirrt hat?“
„Nein, nicht einmal er übertreibt es so mit seinen Pflichten. Bei diesem Wetter würde er nur hinausgehen, wenn es um Leben und Tod ginge. Sie haben wahrscheinlich nur ein vorbeihuschendes Reh gesehen, das unten in den Wäldern Zuflucht sucht. Das erinnert mich daran, dass ich Cordage bitten muss, Brennholz schlagen zu lassen, sobald man sich wieder vor die Tür wagen kann. Bestimmt vergisst er es, weil es ihn so verdrießt, dass Livia und ihre Mutter darauf bestanden haben, über Weihnachten hier zu bleiben. Jeder Mensch mit ein bisschen Anstand im Leibe hätte sofort nach seiner Kutsche rufen lassen, als die Nachricht von Onkel Porthdown kam, die uns den Tod der armen Helen verkündete.“
Sophie begann daran zu zweifeln, dass Imogen und die Garret-Lowdens die
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