Historical Saison Band 20
vorzustellen, wie er einen Angriff anführt.“
„Seine Abenteuerlust hat auf dich abgefärbt.“
„Vielleicht, aber ich schaffe es zumindest nicht, mir einzubilden, ich könnte den Angriff einer Kavallerie leiten.“
Anthony lächelte. „Wenigstens dafür muss man dankbar sein.“
„Es war ein Jammer, dass er nie geheiratet hat. Ich hätte gern kleine Nichten oder Neffen gehabt.“
„Wirklich?“
„Ja. Ich liebe Kinder.“ Als ihr bewusst wurde, was sie da sagte, fuhr sie hastig fort: „Ich meine, ich bin sicher, ich würde sie lieben … hätte er je welche bekommen. Was er aber ja leider nicht hat.“
Anthony unterdrückte ein Lächeln. Einen Moment lang kämpfte er gegen die Versuchung an, jedoch ohne Erfolg. „Und hättest du selbst gern Kinder, Claudia?“
Unter seinem aufmerksamen Blick spürte sie, wie sie errötete. „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.“
„Nein?“
„Natürlich nicht. Wie denn? Es kam nie in Frage.“
„Und jetzt?“
Sie hob unwillkürlich das Kinn. „Jetzt kommt es ebenso wenig in Frage wie vorher.“
Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, wusste sie, dass das nicht wahr war. Das Thema würde immer mehr an Bedeutung zunehmen, weil Ulverdale einen Erben brauchte. Außerdem war es sein Recht, ein oder mehrere Kinder zu verlangen. Ihr wurde seltsam heiß bei der Vorstellung. Wie aus dem Nichts kam ihr der Gedanke, dass es schön sein könnte, eine eigene Familie zu haben. Doch die Aussicht, ein Kind auszutragen und zur Welt zu bringen, ließ sie schaudern. Claudia beabsichtigte keinesfalls, die Zuchtstute zu spielen, nur um die Brudenell-Dynastie fortzusetzen. Darüber hinaus ging es hier um mehr als ihre Gefühle. Wenn sich die Geschichte in ihr und Anthony nun wiederholen sollte? Selbst wenn sie es wagte, ein Kind in die Welt zu setzen, und es überlebte, würde Anthony seine Kinder lieben und sich um sie kümmern, oder würde er Gleichgültigkeit an den Tag legen wie sein Vater vor ihm? Und wie auch ihr eigener Vater?
Obwohl er ihre Gedanken nicht ahnen konnte, schien er zumindest zu bemerken, dass sie sich unwohl fühlte. Zumindest begann er keinen Streit, wie sie erwartet hatte, sondern schenkte ihr nur ein trockenes Lächeln.
„Du hast natürlich recht, meine Liebe.“ Er griff nach den Zeitungen, die ihn angeblich hergeführt hatten. „Wenn du mich nun entschuldigen würdest. Ich gehe, um das hier zu lesen, und überlasse dich deinem Buch.“
Sie wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte, und warf ihren Roman in den Sessel, wütend auf sich selbst, weil sie ihm in die Falle getappt war. Anthony musste die kleine Szene enorm genossen haben. Dieser verflixte Mann schien immer zu wissen, wie er sie provozieren konnte, und sie fiel jedes Mal darauf herein. Natürlich war ihr bereits klar, dass er sie nicht liebte, aber er schien sie nicht einmal zu begehren. Ihr Widerwille dagegen, sein Bett zu teilen, war ihm völlig gleichgültig. Das sollte ihr eigentlich ebenso wenig ausmachen, trotzdem ärgerte es sie über alle Maßen. Eine ungeliebte Ehefrau zu sein, war schon arg genug, dabei aber auch noch Jungfrau zu bleiben, schien ihr wie ein schlechter Scherz. Noch schlimmer war, dass sie einfach nicht vergessen konnte, wie es gewesen war, mit ihm das Bett zu teilen. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu jenen Momenten zurück und weckten Gefühle in ihr, die sie bis ins Innerste aufwühlten. Es war wie eine Krankheit, für die es kein Heilmittel gab.
Anthony überflog die Times nach Neuigkeiten aus Frankreich. Die Schnelligkeit, mit der Napoleon seine Truppen um sich sammelte, machte nur allzu deutlich, dass eine Konfrontation mit ihm unvermeidlich war. Die einzige Frage war, wo. Zweifellos waren Genets Agenten bereits damit beschäftigt, die Bewegung der Truppen auszuspionieren und die wahrscheinlichste Route für eine Invasion auszumachen. Wenn ihre Arbeit bisher schon gefährlich gewesen war, so wurde sie nun brandgefährlich. Einen Moment lang erschien Alain Poirets Gesicht vor seinem inneren Auge. Du musst Claudine warnen. Bring sie in Sicherheit.
Anthony runzelte die Stirn. Glücklicherweise war die Warnung gerade noch rechtzeitig erfolgt, trotz Claudias anfänglicher Versuche, sich ihm entgegenzustellen. Damals hatte er noch geglaubt, dass ihre Bekanntschaft von herrlich kurzer Dauer sein würde. Wie man sich täuschen konnte. Doch wenn er die Wahl hätte, würde er etwas ändern wollen?
Claudia ging ihm unter die Haut, und zwar
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