Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
älteren Männern den Vorzug gebt.“
Ob gewollt oder nicht, in jedem Fall weckte er bei ihr die Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht, und so wie in jener Nacht flüsterte sie ihm jetzt wieder ein „Nicht“ zu.
Seine linke Hand ruhte auf dem dicken Tuch, das über den Tisch gelegt worden war, und Joan merkte, wie diese Hand sich kurz zusammenballte. Ihr Blick fiel auf die drei kostbaren Ringe, die er trug, und den kunstvoll gearbeiteten goldenen Reif um sein Handgelenk, außerdem die schwere Seide seiner Robe, die Rot auf Rot bestickt war.
Er musste seinen Reichtum nicht mit grellen Farben zur Schau stellen, doch plötzlich ging ihr die Frage durch den Kopf, wie schwierig es für einen Mann von nur fünfundzwanzig Jahren sein musste, Edmund de Graves zu sein – der Goldene Löwe.
Sie erinnerte sich an seine Bemerkung, wie ermüdend es war, den ganzen Tag über von allen nur verehrt zu werden.
Spontan drückte sie sanft die Hand, die noch immer auf ihrer lag. Er drehte sich abrupt zu ihr, dann schaute er wie beiläufig wieder weg. Doch unter dem Stoff spürte sie seinen Daumen, der zärtlich über ihre Finger strich.
Im nächsten Moment zog er seine Hand weg und wandte sich Lady Blanche zu.
„Mutter, ich fürchte, ich bin zu erschöpft, um diesem Fest noch länger beizuwohnen.
Darf ich dich und Sir Almar bitten, meinen Platz einzunehmen?“
Sie legte eine Hand an sein Gesicht und küsste ihn. „Aber selbstverständlich, mein Liebster. Du weißt, ich wünschte, du wärst ohnehin in deinem Bett geblieben.“
„Ich konnte sie alle doch nicht enttäuschen.“ Er sah zu Joan. „Mylady, es ist Euch überlassen, noch zu bleiben oder Euch zurückzuziehen. Ihr teilt Euch für diese Nacht das Zimmer mit meiner Schwester.“
Joan errötete, da sie sich bislang überhaupt keine Gedanken darüber gemacht hatte, wo sie die Nacht verbringen würde. „Ich möchte nicht …“
„Es ist dir doch recht, Letty?“
Lady Letitia, die auf der anderen Seite von Sir Almar saß, bestätigte fröhlich, es mache ihr nichts aus.
Mit seiner Linken hob er Joans Hand hoch und küsste sie sanft. „Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht, Mylady. Ihr dürft gewiss sein, dass ich mein Bestes tun werde, Eure Sicherheit zu gewährleisten, so wie Ihr für meinen Schutz gesorgt habt.“
Der Handkuss und seine Worte waren für die hundert und mehr Paar Augen und Ohren bestimmt, die das Geschehen mitverfolgten, und doch musste sich Joan auf die Lippe beißen, um ihre Tränen zurückzuhalten. Sie sah zu, wie zwei kräftige Diener ihm aus dem Stuhl halfen und ihn stützten, als er davonhumpelte. Es war offensichtlich, dass er starke Schmerzen hatte. Seine bodenlange Robe machte es unmöglich zu erkennen, wie schwer er verwundet worden war. Dennoch glaubte sie, dass er sein linkes Bein kaum belasten konnte. So sehr er auch leiden musste, ließ er es sich nicht nehmen, beim Banner innezuhalten und sich zu verbeugen.
Für kurze Zeit hatte in der letzten Nacht dieser Körper ihr gehört.
Sie hatte voll und ganz über ihn verfügen und sich um ihn kümmern können.
Dann bemerkte sie, dass Lady Blanches nachdenklicher Blick auf ihr ruhte. „Wie ernst sind seine Verletzungen wirklich, Mylady?“, fragte Joan ohne Umschweife. Es machte keinen Sinn, so zu tun, als interessiere es sie nicht.
„Wie Lord Edmund schon sagte, Lady Joan: schmerzhaft, aber nicht ernst.“
„Ich habe seinen Unterschenkel verbunden, aber weiter oben blutete er auch. Mir blieb jedoch keine Zeit, mich auch darum zu kümmern.“
„Eine Klinge war unter das Kettenhemd gelangt“, antwortete Sir Almar, woraufhin sich Joan zu ihm umdrehte. „So etwas schafft bei einem Zweikampf nicht jeder. Er hatte Glück, dass die Klinge nicht tiefer eindrang, sonst hätte er nicht bloß viel Blut verloren, sondern seine Eingeweide wären herausgequollen.“
Joan musste an den Mann denken, der zu Fuß mit seinem Schwert auf Edmund losgestürmt war. So knapp dem Tod entronnen!
„Aber er wird keine bleibenden Schäden davontragen?“
„Nicht, wenn Gott es gut mit ihm meint, Mylady.“
Eine Entzündung – die ewige Gefahr, die über jeder Verletzung schwebte. „Er hätte nicht das Bett verlassen dürfen. Aber sicher wird er es jetzt hüten.“
„Er besteht darauf, Euch persönlich Eurem Onkel zu übergeben, Mylady, und mit eigenen Augen zu sehen, dass es seinem Bruder gut geht. Aber Ihr müsst nicht denken, das könnte Eure Schuld sein. Er muss persönlich zugegen sein auf
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