Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
dem neutralen Streifen Land zwischen den beiden Anwesen. Niemand wünscht eine unnötige Verzögerung der Angelegenheit.“
„Ein neutraler Streifen Land? Ich dachte, beide Ländereien würden unmittelbar aneinandergrenzen.“
„Das tun sie auch, aber zu Beginn dieser Fehde war jemand weise genug, eine ausreichend große Fläche von beiden Anwesen abzunehmen, auf der sich Vertreter der jeweiligen Seiten begegnen können. Sie müssen sich dort an den Schwur halten, kein Blut zu vergießen. Für solche Begegnungen wird dieses Gelände aber so gut wie nie genutzt, darum behandeln die Einwohner aus den umliegenden Dörfern es wie eine Fläche, die allen gehört. Sie nennen es das ‚Bethlehem-Feld‘.“
Sie erinnerte sich an die nächtliche Landschaft und ein großes Freudenfeuer.
„Zünden sie dort an Heiligabend ein Feuer an, Sir Almar?“
„Ja, so ist es, Mylady. Die Bauern von beiden Seiten machen das.“
Sie betrachtete das Banner und wünschte, jemand würde es in dieses Feuer werfen, das auf dem neutralen Boden entzündet wurde.
„Nein, Mylady“, sagte Sir Almar, als habe er ihre Gedanken gelesen.
Sie stand auf und wandte sich an Edmunds Mutter: „Wenn Ihr mich entschuldigen würdet, Mylady. Ich würde mich gern zur Ruhe begeben.“
„Natürlich, Lady Joan. Ich werde Euch einige Dienstmädchen schicken, damit die sich um Euch kümmern.“
„Das ist nicht nötig.“
„Wir möchten nicht, dass es Euch an irgendeiner Aufmerksamkeit mangelt.“
So wurde Joan von drei jüngeren Dienstmädchen begleitet, denen es zweifellos missfiel, die Feier verlassen zu müssen. Dennoch beharrten alle drei darauf, bei ihr zu bleiben, und betteten sich auf Strohmatten auf dem Fußboden zur Nacht.
Als sie allein in dem Bett lag, das sie später mit Lady Letitia teilen würde, musste Joan ein verbittertes Lachen unterdrücken. Lady Blanche ließ keinen Zweifel daran, mit allen Mitteln ein Stelldichein zwischen Joan und ihrem Sohn vereiteln zu wollen.
Einerseits schmeichelte es ihr, dass man sie für würdig erachtete, um solche Maßnahmen zu ergreifen, doch es bestätigte andererseits, dass sie wirklich nichts weiter als eine Kröte war.
7. KAPITEL
Am nächsten Morgen wurde Joan von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die zwischen den Fensterläden hindurch in den Raum fielen. Unter der schweren Decke, unter der sie neben der schlafenden Letitia lag, war es warm, aber kühle Luft strich an ihrer Nase vorbei.
Auch wenn sie sich auf diesen Tag überhaupt nicht freute, wäre sie aufgestanden, wenn sie gewusst hätte, ob irgendwo Kleidung für sie bereitlag. Sie konnte wohl kaum in dem festlichen Gewand erscheinen, wenn ihr Schicksal auf sie wartete.
Kurze Zeit später kam ein Diener ins Gemach und weckte die drei Dienstmädchen.
Als die jungen Frauen sich leise anzogen, ihre Matten weglegten und die Laken in einer großen Truhe verstauten, bat Joan eine von ihnen, ihr etwas zum Anziehen zu bringen. Während sie auf deren Rückkehr wartete, kletterte sie aus dem Bett und wickelte sich in eine Decke, dann öffnete sie einen Fensterladen einen Spaltbreit und schaute hinaus auf das Land, das sich zwischen hier und Woldingham erstreckte. Ihr Atem stieg in weißen Wolken auf, aber sie erfreute sich an der Weite, denn selbst in diesem verschwenderisch großen Schlafgemach kam sie sich wie eine Gefangene vor.
Vielleicht reagierte ihr Unterbewusstsein so bereits auf ihre zukünftige Zeit in Gefangenschaft.
Was würde ihr Onkel nur mit ihr machen?
Sie hatte nicht nur mit Nicolette für das Weihnachtsschauspiel die Plätze getauscht, sie hatte auch mehrere seiner Männer angegriffen und womöglich schwer verletzt, nur um einen de Graves zu verteidigen. Und dann war ihr auch noch eine sehr aktive Rolle zugefallen, Lord Edmund zur Flucht zu verhelfen. Schlimmer war noch ein anderer Umstand: Hätte sie sich nicht so bereitwillig hierher bringen lassen, dann wäre jetzt das Banner das Einzige, was die de Graves anbieten konnten, um Gerald freizukaufen.
Zwar würde sie auf Edmunds Vorschlag zurückgreifen, doch ihr Glaube daran war nicht allzu stark.
Sie schlang die Decke enger um sich, doch die Kälte, die sie spürte, war nicht allein durch den frostigen Morgen bedingt. Arme Nicolette, dachte sie. Mit jeder neuen Wendung in diesem verworrenen Geflecht aus Ereignissen nahm ihre Situation an Schärfe zu.
Als die Tür aufging, drehte Joan sich um. Es war eines der Dienstmädchen mit einem Arm voller Kleider. Keines davon
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